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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 2.1926-1928

DOI Heft:
Band 2, Heft 11
DOI Artikel:
Czermak, Wilhelm: Das Landeszeughaus zu Graz und seine Bestände
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.69978#0272

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W. CZERMAK: DAS LANDESZEUGHAUS ZU GRAZ UND SEINE BESTÄNDE

BAND 2

matische Sichtung, Reinigung und Neuaufstellung
der Zeughausbestände durchgesetzt hat. Hierbei hat
man dankenswerter Weise darauf Wert gelegt, die
ursprüngliche Art der Lagerung und der Anordnung
in den einzelnen Gruppen nach Möglichkeit beizu-
behalten, so daß es gelungen ist, den zeughausmäßi-
gen Charakter des Ganzen zu bewahren und den


Abb. 1.

mehr museumsartigen Eindruck anderer Waffen-
sammlungen zu vermeiden.
Eine letzte Auferstehung hat ein Teil der Zeug-
hausbestände im Jahre 1888 erlebt, wo gelegent-
lich der Eröffnung der Steiermärkischen Landesaus-
stellung ein Fähnlein von 400 Landsknechten in
historischer Tracht vor Kaiser Franz Josef I. para-
diert und exerziert hat. L
Seitdem befindet sich das Zeughaus in sicherer
Obhut und ist neuerdings durch Gesetz als kulturell
wertvolle Einrichtung geschützt. Höchste Anerken-
nung verdient die Liebe, Sorgfalt und Umsicht, mit
welcher die vorhandenen Schätze heute betreut wer-
den, zumal wenn man bedenkt, daß die Finanzlage
des Landes bisher die Anstellung eines Waffenhisto-
rikers mit wissenschaftlicher Fachbildung verhindert

hat, der sich um die Erhaltung der Bestände aus-
schließlich bekümmern könnte, so daß die Zeug-
hausverwaltung daher größtenteils in den Händen
ehren- und nebenamtlich tätiger Herren liegt.
Was nun die Zeughausbestände im einzelnen be-
trifft, so wird sich unschwer eine Trennung in zwei
große Gruppen ergeben: die weitaus größere der
ursprünglichen und eigentlichen Zeughausbestände,
durchweg der knechtischen Bewaffnung und Aus-
rüstung dienende Stücke, und die kleinere derjeni-
gen Waffen und Rüstungen, die aus ehemaligem
Herrenbesitz an das Zeughaus gelangt sind.
Besonders auf fallen muß, wie bereits erwähnt,
die außerordentliche Dürftigkeit der vorhandenen
Bestände an Artilleriegerät.
Diese beschränken sich auf die nachstehend aufge-
zählten Stücke: Ein sechspfündiges Feldgeschütz mit
Bronzerohr aus dem Jahre 1758, und eine Kanone
mit eisernem Rohr und geschnitzter Lafette mit dem
Wappen der Stadt Leoben und der Jahreszahl 1769.
An älteren Repräsentanten sind vorhanden zwei Fal-
konettleins aus Schmiedeeisen auf rohen Holzlafet-
ten aus der Zeit um 1500, ehemals im Besitze des
fürstbischöflichen Stiftes Sekkau; ein eiserner Lauf
mit reich geschnitzter Lafettenauflage aus der Mitte
des 16. Jahrhunderts; zwei Bronzemörser mit dem
steirischen Wappen aus dem 18., vier eiserne Mörser
aus dem 17. Jahrhundert und schließlich mehrere
kleinere Bronzemörser und ein Holzmörser zum Wer-
fen von Feuerwerkskörpern. Verschiedene Lade-
zeuge, Kugel- und Kaliberlehren und Geräte zum
Anfertigen von Schießbedarf vervollständigen diese
Sammlung.
Im Gegensätze dazu nehmen die Handfeuer-
waffen, darunter solche aus sehr früher Zeit, einen
desto größeren Raum ein. Sind doch allein an den
ältesten und schwersten „Doppelhaken“ heute noch
insgesamt 580 Stück vorhanden, davon der größere
Teil mit einfachem Luntenschloß, der Rest mit Dop-
pelschloß, d. h. Lunten- und Radschloß. Die älteste
Waffe dieser Art, ein mit seitlich angebrachtem Abzug
versehener Doppelhaken, stammt aus derZeit um 1520,
andere weisen auf ihren Läufen die Jahreszahlen 1556
bis 1592 auf. Mit zu den ältesten Waffen des Zeug-
hauses überhaupt dürften drei Orgelbüchsen mit je
zwei roh geschmiedeten Läufen gehören, die wahr-
scheinlich noch an das Ende des 15. Jahrhunderts zu
datieren sind.
Die Anzahl der vorhandenen Handfeuerwaffen
aus späterer Zeit, der Halbhaken, Musketen, Birsch-
rohre, Karabiner, Faustrohre und Pistolen beträgt
mehrere tausend Stück. Enthält doch allein das
dritte Stockwerk eine Sammlung von gegen 1800
 
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