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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 2.1926-1928

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Band 2, Heft 11
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.69978#0282

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270

LITERATUR

BAND 2

lassen. Aber — bei einer etwaigen unveränderten
Neuherausgabe würden diese Bücher mit ihren schlichten,
in Strichzeichnung gehaltenen Abbildungen den durch die
heutigen Reproduktionstechniken gesteigerten Ansprüchen
weiterer Kreise wenig entsprochen haben. Dieser Ge-
sichtspunkt hat Frau von Sichart bei der vorliegenden Be-
arbeitung von Köhlers, „Die Trachten der Völker...“ ver-
anlaßt, zwischen die Zeichnungen des Künstlers, die sie
In Auswahl bringt, viele photographische Aufnahmen ein-
zustreuen. Altertum und Mittelalter werden dabei — wie
sich von selbst versteht — mit Abbildungen von Kunst-
werken illustriert, für die Neuzeit dagegen erscheinen
Aufnahmen noch vorhandener Originalkostüme. Bei die-
sem Unternehmen hat die Herausgeberin einesteils neuere
archäologische und kunsthistorische Literatur herange-
zogen, andererseits — und dies ist ein nicht zu unter-
schätzendes Verdienst — Originalstücke aus dem Besitz
von Sammlungen und Sammlern veröffentlicht. Die Art,
wie diese echten Kostüme, von lebenden Modellen vorge-
führt, vielfach auf farbigen Tafeln, gezeigt werden, zeugt
von großem Geschmack und echtem Stilgefühl. Frau von
Sichart hat schließlich den Köhlerschen Text teilweise ge-
kürzt, teilweise ergänzt, z. B. durch ein Kapitel über die
kretische Tracht, die zu überblicken ja erst neuester
Forschung gelang.
So ist nunmehr nach fleißiger und gewiß mühsamer
Arbeit aus Carl Köhlers anspruchsloser Kostümgeschichte
ein vornehm und reich ausgestattetes Werk geworden,
durch die Fülle des Gebotenen wohl entzückend, dennoch
aber letzte Klarheit vermissen lassend. Zwar: als prak-
tische Kostümkunde — und so lautet ja auch der Titel —
werden die zwei handlichen Bände insbesondere für Re-
gisseure und Kostümschneider ein willkommenes Hilfs-
mittel, eine Quelle guter Beratung darstellen. Für den
Kostümhistoriker sind sie leider nicht von gleicher
Brauchbarkeit. Ihm bieten sie nur eine allgemeine Orien-
tierung, wobei wiederum schärfer zum Bewußtsein kom-
men mag, wie eine moderne Kostümgeschichte für wis-
senschaftlichen Gebrauch eigentlich beschaffen sein
müßte. Eine solche kann nicht mehr auskommen ohne
Sichtung ihres Materials nach den von der Kunstgeschichte
einesteils durch die Inventarisierung der Kunstdenkmäler,
andererseits vermittels der Stilkritik festgelegten Datie-
rungen. Nur durch chronologische Reihung des Materials
und auf Grund der daraus sich ergebenden typologischen
Gruppenbildung wird sich eine sicher fundierte Geschichte
des Kostüms schreiben lassen.
Von solchen Leitsätzen kann in dem von Sichartschen
Buch natürlich — nach Maßgabe seiner Entstehung und
Bestimmung — nicht die Rede sein. Und so stellt sich in
ihm für den Kostümhistoriker die Lage so dar: das aus
Köhlers Werk herübergenommene Kostüm-Material ent-
behrt — naturgemäß — der Quellenangabe wie der siche-
ren Datierung. Besser steht es um das neu hinzugekom-
mene Material. Es ist für den wissenschaftlich interes-
sierten Leser auf Grund eines sorgfältig gearbeiteten Ver-
zeichnisses der Tafeln und Abbildungen und mit Hilfe der
Literaturangaben fester zu umreißen. (Manche zeitlichen
Ansätze bedürfen der Nachprüfung, vgl. z. B. Abb. 76,
Bd. I.) Die Bedeutung des Buches liegt eben auch für den
Kostümhistoriker ganz auf der Seite des „Praktischen“;
er wird für manche Verdeutlichung einer ihm nur optisch
bekannten Gewandform durch die Darstellung des Ge-
wandschnittes dankbar sein. Ottilie Rady.

E. A. Geßler. Schweizerisches Landesmuseum. Führer
durch die Waffensammlung. Ein Abriß der schweizeri-
schen Waffenkunde. Aarau 1928.
Voller Stolz können die Schweizer auf ihre Waffen-
sammlung im Züricher Landesmuseum blicken, einen Spie-
gel ihrer großen Tradition, ein herbes sprechendes Erbe,
das einem charaktervollen Volke die um seine Freiheit und
Unabhängigkeit durch Jahrhunderte geführten Verteidi-
gungskämpfe hinterließen. Mit Recht haben deshalb die
Nachfahren jener eisengeübten, trutzigen Generationen
diesen Besitz bereits seit zwei Jahrhunderten gepflegt,
bis er im Jahre 1898 im neuen Museumsgebäude einen
seiner würdigen Rahmen erhielt, und darüber hinaus
einer ihrer Größten, Ferdinand Hodler, durchpulst von
dem gleichen wuchtigen Herzschlag wie die Altvordern,
über den Waffen der großen Halle das Sinnbild eidge-
nössischer Tapferkeit auch künstlerisch erstehen ließ.
Geßler kann in der Einleitung zu seinem neuen Führer
mit demselben Recht von dem schlichten Charakter der
Sammlung sprechen, den sie im Gegensatz zu den fürst-
lichen Rüstkammern anderer Länder durch das Überwie-
gen der einfachen aber charaktervollen Gebrauchswaffe
besitzt. Sein Führer ist mehr als ein Leitfaden für den
wißbegierigen Sammlungsbesucher; er ist ein Stück Ge-
schichte seines Landes geworden, von dem durch jahre-
lange, tiefe Forschung mit dem Material Vertrauten und
der Geschichte der Heimat Kundigen an den Zeugnissen
vergangener Zeiten selbst abgelesen. Das Buch ist der
nun in eine geschlossene Form gegossene Extrakt jener
vielen, verdienstvollen Spezialuntersuchungen des Autors,
in denen er schon seit einer Reihe von Jahren die Öffent-
lichkeit mit den einzelnen Gebieten der Waffenkunde ver-
traut gemacht hat.
Die Übersicht über den 136 Seiten einnehmenden Text
ist selbst für den auf dem Gebiet der Waffenkunde we-
niger einheimischen Leser durch das ausführliche Inhalts-
verzeichnis gewährleistet, dessen Einteilung sich ganz
dem Charakter des Stoffes anpaßt. Als Oberbegriffe
werden Trutz-, Schutz-, Fern- und Pulverwaffen geführt,
die sich je nach der Notwendigkeit doppelt oder dreifach
unterteilen. Zum Schluß folgt eine sorgfältige Beschrei-
bung der Abbildungen und diese selbst auf 98 Tafeln.
Das erste Kapitel beginnt mit den Griffwaffen (Hieb-
und Stoßwaffen), deren Geschichte vom Schwert über den
Degen, Zweihänder, Säbel, die Haus- und Bauernwehr,
sowie die Jagdwaffen zum Dolc'h führt. Darnach werden
Schlag- und Stangenwaffen in je einer selbständigen
Rubrik mit Unterabteilungen behandelt. Wohl überhaupt
zum ersten Male wird ein Autor diesem kriegsgeschicht-
lich interessanten Material hier besonders gerecht. Et-
hat die bemerkenswert reiche und entwicklungsgeschicht-
lich lückenlose Zusammensetzung der ausgesprochensten
Volks- und Bauernbewaffnung, die in Zürich, nicht zufällig
vorhanden ist, bis aufs Letzte ausgewertet.
Ehe die Geschichte jeder einzelnen Waffengattung, die
durch Randbeischrift hervorgehoben ist, dargestellt wird,
führt ein kurzer Abschnitt, meistens waffen- oder kriegs-
technischen Inhalts — aber auch geschichtlichen oder
technologischen —, in das Wesen der betreffenden Spe-
zies ein. Diese klare, deduktive Methode macht das
Werk als Handbuch zur Einführung in die Waffenkunde
besonders geeignet. Wenn man dazu noch den Hin-
weisen auf die Abbildungen folgt, erhält man eine durch-
aus plastische Vorstellung von Form und Wesen der
 
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