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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI Heft:
Heft 3 (Dezemberheft 1929)
DOI Artikel:
Alverdes, Paul: Bemerkungen zur Buch-Kritik in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0171

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XiiX8ivxk'r xxxxm.

Bemerkungen zur Buch-Kritrk in Deutschland

Bon PaulAlverdes

I.

(s) k lljährlich werden in einigen SkädLen DeuLschlands große sogenannte
^^Kunst-2lusstellungen veranslaltet. Einige tausend Bilder, Zeichnungen und
Plaßiken, denen eine Prüsungskommission zuvor eine 2lrt von Reifezeugnis aus-
gestellt hat, werden in großen, zuweilen eigens für diesen Zweck erdachten Häu-
sern versammclt und müssen dort eim'ge Wochen oder Monate beieinander
bleiben. Ofk hängen da an die vierzig, fünfzig Bilder an einer einzigen Wand,
und auch die Plastik erscheint als eine gesellige Kunst, Poseidon schleuderk seinen
Dreizack in demselben Stübchen, in welchem Gazellen weiden, Bären an ihren
Pfoken saugen und die Büste des Geheimrates den Blick von irgendeiner
Kauernden oder Hüpfenden nicht zu wenden vermag. Es ereignet sich aber hier
und da, daß unter den Ausstellern wirkliche Künstler sind. Diese werden dann
von den Kunstreferenten der großen Blätter ausführlich behandelt; es sind
Männer von außergewöhnlichem Begreifen darunter, liebevolle Kenner, lie-
bende Ausleger und Vermittler, über deren Verdienste hier nicht gesprochen wer-
den muß. 2lber auch dork, wo nichk gerade Namen von europäischem Ruf am
Werke sein können, bleiben die Sachkenntnis oder doch wenigstens der Ernst
und das Bewußtsein der Verantwortlichkeit im allgemeinen erfreulich und
tröstlich >— gemesscn vor allem an den Verhälknissen unserer literarischen Kritik.
2lnders wird es sreilich, wenn die Bläkter später die zweite bis siebente Garni-
tur ihrer Berichterstatter vorschicken. Diesen liegk der „Gang durch den 2lus-
stellungspalast" oder gar die „Nachlese" ob. Von Saal zu Saal, von Win-
kel zu Winkel rücken sie mühselig vor, dem einen die „Frische", dem andern
die „Schmissigkeit", dcm dritten die Skille, Verträumkheik, Kernigkeik, dcn
Hauch, Glanz, Duft und Gotk weiß was seiner Malweise zu bcstätigen.
2lber damit hak es dann wirklich sein Bewenden, und außer den geuannten
Kernigen oder Dustigen selber werden fich wohl nichk sehr viele diesem Gang
anschließcn wollen. Vollends: die großm Mamen bleiben aus dem Spiel. Es
wird niemandem einzureden versucht, daß zwischen der Malerei Rembrandts
und der eines dieser tausend Wald-, See-, Knie- oder Bruststücke-Maler einst-
weilen lediglich ein qualitativer Unterschied bestehe, während sie in Wahrheit
überhaupt nichts miteinander zu schaffen haben, oder doch nicht mehr als etwa
Komponieren und Notenschrcibcn.

II.

Ganz anders aber verhält es sich, wie gesagk, mit dcr östcntlichen Kritik dcr neue-
ren deukschen Buchproduktion. Die Fertigkeit beispielsweise, irgend etwas in der
Manier der Rkovelle oder des Nomanes zu erzählen, irgendwelche Personen

Dezembcrheft 192g (XXXXIII, z)

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