Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Supplemente

154

153

z ur
ALLGEMEINEN
L I T ERATUR- ZEIT UNG
vom Jahre 1786.
Numero 20.

GOTTESGELAHR TH E I T.
Halle , bey Curts Wittwe : Beantwortung der
Trage: woher es komme, daß die Irrlehren und
Spöttereyen jetzt fo überhand nehmen P nebst
Anmerkungen herausgegeben von Heinrich
Casimir Gottlob , Grasen zu Lynar. 1785» 3
Bogen. (4 gr.)
Die Beantwortung dieser Frage ist dem Hn.Grasen
von einem Unbekannten zur Bekanntmachung
zugeschickt worden. Indem er dies ietztere hier
erfüllet, übergiebt er zugleich seine hinzugefügte
Anmerkungen dem Publikum, die allerdings auch
weit belser gerathen sind, als jene Beantwortung
selbst. Denn, so wichtig auch die Frage an sich
selber seyn mag , so fade und elend ist das Ge-
schwätz, wodurch sie hier beantwortet werden solh
Der Ungenannte glaubt nemlich die Quelle der
Freygeisterey und Spötterey theils in dem Verhal-
ten der akademischen Lehrer, theils in dem mehr
zur Mode werdenden französischen Witze zu finden.
Er meynt 3 so lange Baumgarten in Halle noch vor
dem Piiss geltenden, habe man sich noch aus Furcht
vor seiner gründlichen Gelehrsamkeit nicht unter-
standen, die alten Lehren der Kirche anzugreifen.
Mach dessen Tode aber sey zuerst Dwim mit seinen
socinianischen Grundsätzen hervorgetreten , her-
nach Seniler, Bahrdt, Teller und and. mehr. Doch
hätten diese alle nicht so viel geschadet, ( dies sind
seine eigene Worte) als die von Hrn. Nicolai ver-
anlteltete Allg. D. Bibliothek, als in welcher alle die
Schriften, welche die reine Lehre enthielten, aufs
liebloseste beurtheilt und dagegen socinianische und
andere schädliche Meynungen verbreitet wurden u.
s. f. Es folgen nun eine ganze Menge Klagen über
die Folgen dieler Angrisfe, über die Freyheit im
Denken und Schreiben, über die neuern Journale,
über Philanthropine, über die jetzigen Prediger,
die als Theaterpuppen von der Akademie kämen u.
s. f. Endlich schliesst der Verf. nach manchen in-
toleranten Seuszern damit: „fo leitet denn ein Blin-
der den andern, bis fie beide in die ewige Grube sallend*
Am bellen wär?s nun wohl gewesen, wenn der
Hr. Gr v. Lynar dies ganze fade Geschwätz bey
A, L. Z, 1786, Supplemaiibwid,

Seite gelegt, oder an seinen Verfallet zurückge-
schickt hätte. Da es ihm aber gefallen hat, das-
selbe dem Druck zu übergeben und eigene Anmer*
kungen hinzuzufügen, so miissen wir auch von die-
sen letztem reden. Es ist darin eigentlich zweyer-
ley enthalten: theils eine Zurcchtweisung jenes Ver-
fassers, theils eigenes Urtheil über die Hauptfrage,
oder vielmehr nur Winke, hingeworsene Gedan-
ken, aus welchen der tiefersehende leicht des Hrn.l
Grafen Meynung ableiten kann- Was die erstere
betrifft, so ist darin manches ganz richtig und tref-
fend gesagt, ob man wohl merken kann, dass es
dem Hrn. Gr. kein Ernst sey, die in jenem Auf-
satz angegriffene Männer zu vertheidigen. Wahr
ist es z. E., wenn er schreibt, dass der franzöfische
Witz jetzt bey weitem den gefährlichen Einssuss nicht’
mehr habe, den er vormals , und selbst zu des sei.
Baumgarten Zeiten, gehabt hat. Auch das Urtheil
über diesen eben genannten Theologen ist zum
Theil richtig. Denn er war wirklich nicht solch ein.
grosser Sprachgelehrter, auch den Freygeistern
nicht so furchtbar, dass man ihm allein die Auf-
rechthaltung der alten Orthodoxie zueignen müss-
te. Indess ist die Beschuldigung, dass er parthey-
isch und politisch gehandelt, dass er Voltaire aus
Furcht geschonet, und dass er ein Ketzermacher
gewesen sey, allerdings etwas hart. Doch wir kön-
nen hier nicht alle Anmerkungen des Hrn. Gr. her-
setzen. So viel zeigt er sehr gut, dass der Vers.
jener Hauptabhandlung von den Sachen nicht recht
unterrichtet gewesen sey, und daher mehrentheils
salsch geschlossen habe. Und nun folgen dann sei-
ne eigene Aeusserungen über die Abweichung von
der ersten lutherischen Einfalt im Vortrag der Glau-
benslehren, über das bald eingerissene Polemisiren
auf der Kanzel, über den Gebrauch der Leibnitz-
Wolsischen Lehrartinder Theolonie; über Pietis-
mus und Herrenhutianismus , wo sich der Hang
des Versall', auf diese Seite eben nicht undeutlich,
wahrnehmen lässt. Endlich schliesst er mit solgen-
der Stelle, die wir ganz hersetzen wollen, weil sie
wirklich, obwohl etwas versteckt, die wahre Mey-
nung des Verf. über die Hauptsrage enthält. „Baum-
,,garten,“ so sagt er, „vergass, unter seinen Bü-
V ehern
 
Annotationen