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278

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ALLGEMEINEN


vom J a -h r e i 7 8 7 •

PHILOLOGIE.
Berlin, b. Wever: Heysuch. einer deutsehen
Profodie, dem Könige von Preussen gewidmet
von Karl Philipp Moriz. 1786. 264 S, 8>
(16 gl.)
o wie Hr. M. in seiner deutsehen Sprachlehre
für Damen unter einem gemeinen Titel theils
weniger, theils aber etwas viel höheres, lieferte;
so enthält auch diese Prosodie nicht sowohl eine
vollständige Anweisung dazu für unwissende An-
fänger , als vielmehr philosophische Betrachtungen
des deutsehen Versbau’s und besonders der Nach-
ahmung des Sylbenmasses der Alten zu kritischer
Berichtigung und Vervollkommnung der gemeinen
Regeln. Die Einleitung ist ein Gespräch zwischen
Euphem und Arist über den Unterschied der deut-
sehen Sprache von den alten. Dem Vorzug der
letztem im Wohlklang und unveränderlich bestimm-
ten Sylbenmass wird entgegengesetzt, dass unlere
durch die Länge der Hauptsylben weniger für Ohr
und Empfindung, aber desto mehr für den Ver-
band und die Gedanken leistet. Nur darin gehet
wohl Hr. M, etwas zu weit, dass er außer Länge
und Kürze noch besonders Höhe und Tiefe anneh-
men will, anstatt dass man insgemein iene für ab-
hängig von diesen hält. Es soll nach seiner Mey-
nung z, B. in dem Ausruf Geliebter die erste Sylbe
den hohen son und die zweyte die Länge haben,
in Mein Geliebter hingegen die Höhe auf mein und
lieb mit der Länge zusammen treffen, da doch ein
unbesangenes Ohr schwerlich durch den Zusatz des
mein den geringsten Unterschied in dem Laut des
ge empfinden mochte, Euphem übernimmt am
Ende die Verteidigung des deutsehen Sylbenmas-
ses und Versbau’s schriftlich zu fuhren und das Ge-
spräch wird zum BriefvVechsel. Er handelt daher
in den zwey ersten Schreiben von dem Numerus,
der Caeiur und den metrischen Füssen welche
auch mit deutsehen Namen versehen w’erden; z.
B. Schleuderet für lambus, Wälzer für Trochäus
J. L. Z. 1787. Vierter Band,

Tritt für SpondäuS, Zweylängigter sür Aniphybra-
chys , desgleichen von den lyrischen Sylbenmaßen
nach Beyspielen aus Horaz und Klopstock, und
dem Reim. Im dritten Briefe macht Arist Einwen-
dungen über die Unbestimmtheit des deutsehen
Sylbenmasses , dass sich die Klopstockischen Oden
aus mehr als eine Art scandiren laßen, und den
vorzüglichen Nutzen des Reims und seiner man-
nigfaltigen Stellung für das Gehör. Der vierte
Brief vonEuphem enthält erst das hauptsächlichste
von Hn M. neuer und eigentümlicher Theorie,
Die Länge und Kürze der Sylben hängt nämlich
im Deutsehen von ihrem Verhältniss in der Zusam-
menstellung ab. In allen längern Wörtern ist die
Stammsylbe durch den Ton lang und alle Vorschlä-
ge und Anhänge sind kurz, bey den einsylbigert
aber kommt es darauf an, ob sie als Redetheile
von wichtiger oder geringer Bedeutung sind. In
dieser Absicht geht das Substantivum und Adiecti-
vum in gleichem Range allen übrigen vor; darauf
folgt zunächst das Verbum, die Interjection und
das Adverbium, ferner das Hülfsverbum, die
Conjunction und das Pronomen endlich aber die
Praeposition und der Artikel. So wie nun mehre-
re davon zusammen kommen, erhält immer das
Wichtigere die Länge und daher sind z. B. auf
Gott, sind fchön, bald weint, du wirf Jamben,
hingegen Gott wird, ach wie, als du, wer in,
Trochaeen. Im fünsten Bries endlich wird von
diesem Grundsatz die besondere Anwendung auf
die Hexameter, die Sapphischen, Alkaischen und
Choriambischen Verse gemacht und an Beyspielen
von Klopstock und Ramler gezeigt, wie die Nach-
ahmung derselben im Deutsehen oft unvollständig
ausfällt. Mit Grunde empfiehlt Hr- M, vorzüglich
die daktylischen Hexameter und Choriamben, als
dem Bau unserer Sprache angemessen, und giebt
sonst dabey noch manche nützliche Bestimmungen,
Hülfsmittel und Ausnahmen an. Seine R°gel, auf
die Wichtigkeit der Redetheile zu merken , wird
auch in sehr vielen Fällen gewiss dazu nützlich
seyn, die Länge und Kürze der Sylben richtig zu
beurtheilen und einen guten Versbau hervor zu brin-
Z gen,
 
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