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Instytut Sztuki (Warschau) [Editor]; Państwowy Instytut Sztuki (bis 1959) [Editor]; Stowarzyszenie Historyków Sztuki [Editor]
Biuletyn Historii Sztuki — 55.1993

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Nr. 4
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Meyer, Nils: Krzyżtopór - der Herrscher als Festung. Eine anthropomorphe Deutung der Residenz des Krzysztof Ossoliński in Ujazd
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https://doi.org/10.11588/diglit.48738#0481

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Biuletyn Historii Sztuki
R.LV, 1993, Nr 4
PL ISSN 0006-3967

NILS MEYER
Berlin, Technische Universitat

KRZYŻTOPÓR - DER HERRSCHER ALS FESTUNG
EINE ANTHROPOMORPHE DEUTUNG DER RESIDENZ DES KRZYSZTOF
OSSOLIŃSKI IN UJAZD

Unter den aufwendigen festungsahnlichen Magna-
tenresidenzen, die in Polen in der ersten Halfte des
17.Jhds. entstanden, ist die eindrucksvollste und zu-
gleich ratselhafteste das nur als gigantische Ruine erhal-
tene SchloB Krzyżtopór (Abb.i), 30 Km westlich von
Sandomierz im heutigen Sudostpolen gelegen.
Seine verschlusselte Symbolik wurde oft gedeutet1.
Das heute nur noch in Bruchstucken vorhandene Bild-
und Figurenprogramm des Bauwerkes sollte den Bau-
herrn Krzysztof Ossoliński und sein Geschlecht verherr-
lichen - dazu dienten auch Raum- und Platzabfolge
sowie die ungewóhnliche Stellung und Ausbildung der
Baukórper. Allerdings fehlte bisher eine befriedigende
Interpretation der Gesamtkonzeption. So wurde die An-
lage Krzyżtopórs als fiinfeckige Befestigung in neuita-
lienischem Stil noch nicht ausreichend berucksichtigt,
die im Kontext der italienischen Traktatliteratur des
16./17. Jahrhunderts zur architettura militare gesehen
werden muB.
Dort wurde durch die Architekturtheoretiker immer
wieder versucht, die in der Baukunst bis dahin einzigartige
geometrische Abstraktion~ die mit den meist sternfórmigen
Festungsanlagen erreicht wurde, mit verschlusselten ma-
gischen, astrologischen aber auch zoomorphen und an-
thropomorphen Anspielungen zu versehen. Insbesondere
die Parallelen zwischen dem menschlichen Kórper und
den Formen der Architektur faszinierte immer wieder. Die
Selbstiiberhóhung adliger Bauherrn und Auftraggeber er-
fuhr damit eine neue Qualitat, denn die mit der
GrundriBgeometrie verbundene Symbolik wird dem Be-
trachter nur noch in der Vogelschau oder im Plan deut-
lich. Auch der ungewóhnliche Festungs- und
PalastgrundriB von Krzyżtopór laBt in sehr deutlicher
Form diese anthropomorphen Beziige erkennen.

Die symbolische Uberhóhung des Herrschenden
nicht nur durch die Architektur sondern a 1s Architek-
tur wurde in dem MaBe attraktiver, in dem die politische
und wirtschaftliche Unsicherheit zur ubersteigerten
Darstellung herrscherlicher Macht zwangen - in Polen
wie auch in dem als kunstlerisches Vorbild dienenden
Italien. Eine Umzugsbewegung des rómischen Adels
aufs Land, die intensive Bewirtschaftung und Ausbeu-
tung der eigenen Landguter sowie die Zersplitterung der
politischen Krafte fuhrten im Italien der zweiten Halfte
des 16. Jhds. zum beachtlich verbreiteten Typ der befe-
stigten Villa, die den modernen Festungsbau mit den
reprasentativen Aufgaben einer Residenz zum palazzo
in fortezza verschmolz.
Ein ahnlicher Vorgang - sicher auch durch italieni-
sche Vorbilderangeregt - fand in Polen zum Beginn des
17.Jahrhunderts statt, wo die Magnaten daraufbedacht
waren, ihre Unabhangigkeit in wirtschaftlichen, politi-
schen und religiósen Fragen zu sichern, und sich deshalb
eine Reihe von befestigten, sehr prachtigen Residenzen
errichteten, die - wie auch in Italien - neben der Schutz-
funktion die Aufgabe hatten, die Herrschaft des eigenen
Geschlechtes zu legitimieren und zu verherrlichen. Ent-
worfen und ausgefuhrt wurden diese Bauten fast
ausschlieBlich von italienischen Baumeistern, die,
ahnlich wie die jungen polnischen Adligen, die sich oft
jahrelang zum Studium an italienischen Universitaten
und Fiirstenhófen aufhielten, mit dem Ideengut der ita-
lienischen Architekturtheoretiker gut bekannt waren.
VorbildhafterHóhepunkt unter den italienischen be-
festigten Villen war die Residenz Farnese in Caprarola,
deren Palast uber der ersten als regelmaBiges Funfeck
errichteten Befestigungsanlage der Renaissance gebaut
wurde (Abb.2). Fur die "Maschinenasthetik"3 der

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