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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 1/2
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Hildebrandt, Hans: Die Sammlung Kirchhoff in Wiesbaden
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0031

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DIE SAMMLUNG KIRCHHOFF IN WIESBADEN

gefiedelten Böhmen Kars — ein
temperamentreiches Bildnis Ko-
kofchkas und zwei feltfam
phantaftifche Zeichnungen des
eigenwilligen und eigenen Ma-
lers Klee ergänzen diefen fehr
wichtigen Teil der Sammlung.

Von dem Altmeifter der moder-
nen Monumentalmalerei, dem
Genfer Hodler, enthält die
Sammlung nur den Kopf einer
„Italienerin“; doch tritt auch in
dem kleinen Bilde die Größe
der Auffaffung zutage. Franz
Marc, der fo fchwer wie kein
zweiter zu miffen ift, den der
Krieg der deutfchen Kunft ent-
riffen hat, ift nur mit einem
feiner feltenen Figurenbilder,
einem liegenden Akt, und einem
kleinen, aber ausgezeichneten
Pferdeaquarell vertreten. So tritt
die überragende Bedeutung die-
fes Künftlers, der zu den erften
Vollendern der neuen Stil- und
Ausdruckskunft zählt, nicht ganz
inErfcheinung. Allein die Samm-
lung Kirchhoff, fo einheitlich fie heute fchon wirkt, ift ja noch nicht abgefchloffen, und
nach den leßten Erwerbungen wird bei dem weiteren Ausbau die junge, nicht mehr
mit den Überlieferungen des Impreffionismus befchwerte Generation willkommene Auf-
nahme finden1.

Der Wiesbadener Kunftfreund kann fich denn auch zu befonderem Verdienft anrech-
nen, daß er als Erfter eine größere Zahl von Werken des Stuttgarter Expreffioniften
Jofef Eberz — zehn Gemälde und fünfzehn Aquarelle und Zeichnungen — angekauft
und damit diefem Künftler, von dem noch viel zu erwarten ift, die Wege geebnet hat.
Die hier vereinten Arbeiten zeigen die erftaunliche Vielfeitigkeit wie den fchnellen Auf-
ftieg Eberz’ binnen weniger Jahre, feinen Hang zu religiöfer Myftik und feine finnen-
frohe Weltlichkeit, feine rhythmifche Begabung und fein Gefühl für die Farbe, deren
Kraft und Glut in den lebten Bildern, wie im „Schickfal“, an die tiefen und leuch-
tenden Harmonien frühmittelalterlicher Glasgemälde erinnert.

Selbftverftändlich fördert Kirchhoff auch die in feiner Vaterftadt lebenden Künftler.
Hans Völcker ift auf dem Wege zum Expreffionismus. Seine Landfchaften und Still-
leben reifen zu immer gefchloffenerer Bildwirkung heran, ohne daß der Künftler dem
angeborenen Hang zu reicher, blühender Farbe Zwang antun müßte. Auch Frau
Lenhard-Falkenftein, die über fehr gediegenes Können verfügt, wendet fich, wie

1 Nachträglich wird bekannt, daß eines der Hauptwerke Marcs, die „Wölfe“, angekauft ward.

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