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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 1/2
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Der Kunstmarkt- Versteigerungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0040

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LITERATUR

Es würde zu weit führen, auf die kompli-
zierten und auch mitunter etwas utopiftifchen
Theorien Riemerfchmids des näheren einzu-
gehen. Er ift jedenfalls feinen eigenen Gedanken-
gängen der hefte und klarfte Interpret und ge-
hört zu den feltenen unter den fchaffenden
Künftlern, denen eine klare und reiche Sprache
zur Verfügung fteht. Eine ftarke Überzeugung,
ethifcher Ernft und große Liebe zur Kunft und
ihren Jüngern fpredien aus der ganzen Bro-
fdiüre. Einer derartig begeifterten Selbftein-
jeßung dürfte Wirkung und Gefolgfchaft gewiß
fein. S. Sch.

Dr. phil. Älfred Werner: IMPRESSIONIS-
MUS UND EXPRESSIONISMUS. Keffelringrdie
Hofbuchhandlung, Verlag. Leipzig, Frankfurt a. M.
1917.

Mit der nodi immer unvollkommenen Formu-
lierung der Begriffe des Impreffionismus und
Expreffionismus beschäftigt ßch vorliegende Bro-
fchüre. Der Verfaffer unterfdieidet zwifchen
Kunftleib und Kunftfeele, identipziert aber den
Begriff „Kunftfeele“ mit dem fymbolifchen oder
erzählenden Bildinhalt. So faßt er den Impreßio-
nismus zu obetßächlich und kann den modern-
ften Beftrebungen gegenüber keinen objektiven
Standpunkt finden.

Es entftehen, da er mit einer vagen und un-
prägnanten Terminologie arbeitet, Unklarheiten
und offenfichtliche Widerfprüdie in den remi-
tierenden Hgpothefen, während aus den philo-
fophifchen Deduktionen, die er als Primat feßt,
bei logifcher Durchfnrfdmng und tieferer Kunft-
einpcht poßtivere Ergebniffe zu erhojfen gewefen
wären. S. Sdi.

DER KUNSTMÄRKT — Versteigerungen

Die Versteigerung der Sammlung von Kaufmann

Der Erlös der Sammlung Kaufmann, die am
4. Dez. 1917 u. f. T. durch P. CASSIRER und
HUGO HELBING in Berlin verfteigert wurde und
nun in alle Winde zerftreut ift, war mit 3l|2 Mil-
lionen garantiert, mit 7 gefchätzt, und erreichte
nahezu 12 Millionen. Das ift das Ergebnis in
Zahlen, und es ift nicht verwunderlich, daß es
leidenfchaftliche und zornige Erörterungen her-
vorgerufen hat, und daß die Preife, von den
verfchiedenften Gefichtspunkten aus, beanftandet
worden find. Meiner Änficht nach im großen
und ganzen mit Unrecht, weil man vergaß, daß
diefe Verfteigerung, wie alle großen der leßten
zwei Jahre, unter befonderen Verhältniffen ftatt-
fand. Wenn der Markt befchränkt, das Ange-
bot gering, das Geld leichtflü ffig ift, fo fteigen die
Preife ganz von felbft, und richten fich nicht mehr
nach der Qualität der Arbeiten allein. Auch der
ernfthafte Sammler kann (und muß) unter folchen
Verhältniffen mehr für ein wirklich gutes Stück be-
zahlen, als fonft. Und dann — man fpricht immer
von „Kriegsgewinnern“. Gewiß, es kommt vor,
daß jeßt jemand eine Krummftabfpiße kauft, um
davon einen Weinkorken oder einen Schirmgriff
für feine Frau machen zu laßen. Aber es pnd
doch auch hier und da Leute zu Geld gekommen,
die fchon früher Liebe und vielleicht fogar Ver-
ftändnis, und nur keine Mittel hatten. Im ganzen
aber find neue Sammler bei der Sammlung Kauf-
mann ziemlich feiten aufgetreten. In der Käufer-
lifte findet man vor allem die bekannten Samm-

lernamen. Was nun die Preife im einzelnen
angeht, fo pnd die höchften Preife durchaus
nicht übertrieben gewefen. Die 340000 M. für
den Roger v. d. Weyden, die der Berliner Händ-
ler Dr. Wendland zahlte, die 310000 M. für den
Breugel, die Gönner der Münchner Pinakothek
anlegten, die 60000 M. F. W. Lippmanns für
die Danziger Signalpfeife, und die 390000 M.
des Generaldirektors Caftiglione-Wien für den
Froment wären im Frieden, bei freier Beteiligung
auch des uns jeßt feindlichen Auslandes, ver-
mutlich noch überboten worden. Dagegen pnd
die Preife für mittlere Arbeiten im Verhältnis
zu denen der großen Stücke erheblich zu hoch
gewesen. Jeßt ift wenigftens der Breugel ficher
im Lande geblieben, während man beim
Roger und der Schiperpfeife Danzigs, bei der
Dr. Secker für das Danziger Mufeum bis faft
60000 M. mitbot, doch wohl fürchten muß, daß
pe fpäter Amerika fchlucken wird. Sonß ging
verhältnismäßig wenig ins Ausland : von Stücken
erften Ranges eigentlich nur Gerard Davids
Altarßügel, das Selbftbildnis des Joos van Cleve
und die Geburt Chrifti von Geertgen tot St. Jans
an Herrn Onnes in Amfterdam (allerdings drei
fchwer verfchmerzbare Verlufte), Giovanni di
Paolos Anbetung und das weibliche Bildnis des
älteren Brugn (mit Vanitasdarftellung) an Frau
Dr. Kröller im Haag (die Pieta Gerard Davids,
die pe gleichfalls erwarb, ift leichter zu ver-
fchmerzen), Memlings Madonna nach Schweden,

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