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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 17/18
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Ausstellungen
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Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0312

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AUSSTELLUNGEN o DENKMALPFLEGE

Dresdenern find in erfter Linie Ludwig v. Hof-
mann fowie der als Lehrer fo ftark anregende,
als Maler fo tüchtige Otto Gußmann zu nen-
nen, deffen vereinfachte, großgefehene Bildnis-
köpfe zu den heften Arbeiten der Ausftellung
gehören. Daneben find Maler von dem Ernft
eines Hans Nadler, von dem Temperament
eines Paul Rösler zu beachten, zu denen fid1
mit ihren glänzenden Impreffionen Sterl und
Feldbauer gefellen. Oskar Klemens Schanze
zeigt kultivierte Stilleben, Erich Buchwald-
Zinn wald eine Vorfrühlingslandfchaft von war-
mem Goldton. Hegenbarth, Gelbke, Hett-
ner, Walter Rehn und Guftav Schaffer find
mit bemerkenswerten graphifchen Arbeiten ver-
treten. Der radikalfte und am meiften links
ftehende Geftalter ift der fehr begabte Felix
Müller, von dem man gern noch mehr Arbeiten
gefehen hätte. — Unter den Bielefeldern be-
anfpruchen befonders zwei Künftler das Intereffe,
die nicht mehr unter den Lebenden weilen.
Erich Kuithan f zeigt eine Kollektion ab-
geklärter Werke, die in der Linienfprache an
Hodler anklingen, in der Farbe aber viel in-
tenfiver, glühender und inniger find, als die
Bilder des Schweizers. Eine machtvolle „Schrei-
tende Frau in Rot“ beweift des Künftlers Fähig-
keit zur Monumentalmalerei. Eine „Spende
Frau in Weiß“ von adeliger, herber Schönheit
und makellofer Klarheit erinnert an die edelften
Schöpfungen Feuerbachs. Der gefallene Her-
mann Stenner, ein Schüler Holzels, hatte in
feinem kurzen Leben nicht die Zeit, zu einem in
fich ruhenden eigenen Stil zu kommen. Die hinter-
laffenen Arbeiten aber find Zeugniffe einer ftarken
Begabung, die noch Großes hätte leiften können.
G. Wiethüditers Linie hat Schwung und Rhyth-
mus und eine Ausdruckskraft, die vielleicht monu-
mentalen Aufgaben gewachfen wäre. Seine
Farbe ift dagegen feltfam weichlich und füß
und zu zart und blumenhaft um eine monu-
mentale Kompofition angemeffen inftrumentieren
zu können. Böckftiegels flammende unruhige
Bilder weifen auf van Gogh und laffen die ftarke
Malfauft des jungen Künftlers unfchwer erkennen.
Von den in Bielefeld anfäffigen Malern ift be-
fonders Ludwig Godewols zu erwähnen, der
auf der Ausftellung mit zahlreichen Landfchaften
und Stilleben reich vertreten ift. Aus der Plaftik
greifen wir zwei intereffante Arbeiten von Hans
Perathoner, einige fchöne Bildnisbronzen von
GeorgWrba und die Kollektion des in Biele-
feld tätigen Franz Guntermann heraus, deffen
vielfeitiges Können ßch am beften und glück-
lichften in den Holzfchnitjereien kleineren Um-
fangs ausfpricht. Faßt man das auf diefer Aus-
ftellung gezeigte vielgeftaltige Kunftgut unter

einem umfaffenden Blick zufammen, fo muß man
geftehen, daß heutzutage nur feiten fo große
Ausheilungen ein fo hohes künftlerifches Niveau
erreichen. Hier ift mit Sachkenntnis und Liebe
gute Arbeit geleiftet worden. Zu Beginn des
fünften Kriegsjahres ift das eine Tat, die mit
den mannigfachen Anregungen, die fie vermittelt,
für die Stadt Bielefeld ficherlich von dauernder
Bedeutung fein wird. P. E. K.

DENKMALPFLEGE

DER WEIMARER MENZEL-VER-
KAUF Die „Begegnung Friedrichs des
Großen mit Kaiser Jofeph II. zu Neiße
1796“ ift aus dem Befijj des Großherzogs von
Sadifen für nahezu eine halbe Million Mark in
den der Kunfthändler Paul Caffirer und Hugo
Helbing übergegangen. Das ift nun kurz nach
dem Colmarer Rembrandt-Verkauf der zweite
Fall, in dem ein Kunftwerk, an dem die Öffent-
lichkeit Intereffe hat, den Befi^er wechfelt und
einem ungewiffen Schickfal entgegengeht. Denn
wenn die beiden Händler auch das Bild zunächft
dem Breslauer Mufeum angeboten haben, und —
für den Fall, daß Breslau das Bild nicht er-
werben kann — auch die Äufmerkfamkeit an-
derer deutfcher Sammlungen bereits rege ge-
macht worden ift, fo kann doch heut noch nie-
mand fagen, wo das Bild fchließlich landen wird.
Freilich liegen hier die Beß^verhältniffe anders
als bei dem Colmarer Bilde, denn der Menzel
war Privateigentum des Großherzogs, deffen
Großvater ihn auf einer Verlofung der Verbindung
für hiftorifche Kunft erhielt, in deren Auftrag
Menzel 1857 das Bild schuf. Rechtlich ift alfo
außer allem Zweifel, daß der Verkauf berechtigt
war, ebenfo wie kein Menfch den Händlern
verdenken kann, daß fie die Gelegenheit wahr-
nahmen. Aber das Gemälde war feit Jahren
eines der fchönften und wertvollften Stücke der
Gemäldefammlung desMufeums in Weimar, und
man fragt fich, was man von der Kunftpolitik
der maßgebenden weimarifchen Stellen halten
roll, die diefen Verkauf nicht mit allen Mitteln
verhindert haben.

Man fpricht jeßt in den Zeitungen und in
der fonftigen Öffentlichkeit foviel von Kultur-
politik, von derNotwendigkeit, jeßt und noch mehr
nach dem Kriege mit allen Mitteln des geifti-
gen Austaufches und der geiftigen Annäherung
verlorene Sympathien in der Welt zurückzuge-
winnen. Glaubt man, daß derartige Handlungen
von Menfchen, denen die geiftige und kulturelle
Führung Deutfchlands anvertraut ift, den Boden
dafür bereiten? Aber vielleicht hat man in
Weimar einen ähnlichen Ausgleich in Äusßcht

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