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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 11/12
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Ausstellungen
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Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0193

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AUSSTELLUNGEN o DENKMALPFLEGE o PERSONALIEN

Hagenbundes, die vielleicht gerade jetjt der An-
regungen des Auslandes nur zu fehr entbehren,
bringt auch diesmal Georg Merkel einen erfreu-
lichen frifcheren Zug durch fein in den Parifer
Lehrjahren geläutertes Temperament. Auguft
Roth intereffiert durch das neue graphifche Ver-
fahren des Handtiefdrucks, Dr. Junk durch feine
dekorativen Holzfchnitte und vornehmen Buch-
einbände. Barwigs bekannte, in Linie undMaffe
durchgefühlten Kleinplaftiken und eine Marmor-
gruppe „Erotik“ von C. Stemolak vertreten die
Bildhauerkunft in der Ausftellung. Unter den
Graphikern feien M. Liebenwein, Chr. L. Martin
und Carl Thiemann erwähnt.

KÜNSTLERHAUS. In der Frühjahrsausftellung
herrfcht das Porträt vor, deffen bekannte Ver-
treter nidit eigens aufgezählt zu werden braudien.
Diefe Bilder „intereffieren“ eigentlich nur als
Wiedergabe bekannter Perfönlichkeiten. Hoch-
ftens H. Stalzer, K. Tifchler und der Ungar Källos
Arpäd laffen einen frifcheren Zug erkennen.
Sudil man in der Ausftellung nach Kunft, wird
man fich befcheiden müffen und vielfach nur
fentimentale oder literarifche Freude an der Natur
als folche gelten laffen dürfen. Doch fehlt es
nicht an ehrlichen Künftlernaturen, die fich von
jeder Problematik fernhalten und in ihrer Art
Gutes leiften, wie dieLandfdiafterBrunner, Wind-
hager, Leitner, Suppantfdiitfch.Darnaut, während
es bei manchem, wie etwa bei Zerritfch jun. un-
angenehm berührt, wenn dem Streben, „moder-
ner“ zu wirken, das Können nicht ftandhält.
Ein in diefen Räumen feltenes Empfinden für
den Eigenwert der Farbe zeigt 0. Herfchel (Pick-
nick im Walde), ihm dürfen fich, was rein male-
rifche Beftrebungen anlangt, R. Paffini (Magno-
lienbaum), E. Strecker und G. Ä. Heffl anreihen.
Unter den Plaftikern ift Canciani, Hofner, Stundl,
Dietrich und Ida Schweb - Lehmann mit einer
zart empfundenen Keramik (Madonna mit Engeln)
zu nennen. Friedrich Ohmann bringt durch feine
Projekte wieder die Frage des Votivkirchenplaßes
im Zufammenhange mit einem Habsburger-
(Kaifer-Franz-Jofef-) Denkmal und Univerfitäts-
ergänzungsbauten in Erinnerung. H. G.

DENKMALPFLEGE

AMIENS Die Freskomalereien von Puvis de
Chavannes: Cpncordia, Bellum, Repos et tra-
vail, Ludus pro Patria, Ave, Picardia nutrix,
l’Etude, Jeunes Picards s’exercant ä la lance im
MUSEUM ZU AMIENS werden gegenwärtig
auf Veranlaffung von Eftournelles de Conftant
abgenommen. Das Mufeum hat bereits durch
die Befchießung fchwer gelitten. Die Kathedrale
in Amiens ift bisher nach Journal des Debats

Der Cicerone, X. Jahrg., Heft 11/12. 13

vom 20. Mai nur einmal getroffen worden. Das
Chorgeftühl und die Fenfter find bereits in Sicher-
heit gebracht. O. G

PERSONALIEN

FERDINAND HODLER f Am 19. Mai

1918 ift in Genf Ferdinand Hodler 65jährig einem
fchweren Herzleiden erlegen. Und da er im
Kriege ftarb, und noch bis zuleßt die Laften
eines voreilig und undankbar über Deutfchland
gefprochenen Urteils zu tragen hatte, fo hat
jeder Nachruf fich zuerft mit der nationalen
Kennzeichnung feiner Kunft befaßen zu müffen
geylaubt. Man hat auch fein Verfahren bei
jenem Urteil entfchuldigen oder doch wenigftens
erklären wollen. Sehr zum Überfluß, wie ich
meine. Denn jeder, der auch nur mittelbar in
den Umkreis Hodlers hineingegriffen hatte, wußte,
daß fein Menfchentum — nicht kleiner, aber un-
erfreulicher war, als feine Kunft. Von diefer
Kunft nun kann man weder ohne weiteres fagen,
fie fei germanifch, noch fie fei romanifch. Er
hat freilich feine größten Erfolge, eigentlich feine
einzigen großen, in Deutfchland und in der
deutfdien Schweiz gehabt, und jedes Bildnis und
jedes Hiftorienbild beftätigte die innerliche Be-
rechtigung diefer Tatfache. Aber daneben war
vieles, was ihn zu einem Verwandten der Ro-
manen machte, zu einem entfernten Nachkommen
von Puvis de Chavannes: die Rhythmik feiner
Kompofitionen, die Durchpchtigkeit feiner Mittel
und nicht zuleßt die ftrenge Rationalität feiner
künftlerifchen Form.

Dabei ift der direkte Einfluß Frankreichs kaum
nachzuweifen. Uber feinen Anfängen in der
Lehre Menns ftehen Velazquez und Rembrandt,
natürlich auch Holbein, als helfende Gottheiten;
und die erfte Reife des 2äjährigen führt nadi
Spanien. Von diefer Reife bringt er dann eine
verftärkte Vorliebe für Sachlichkeit, aber auch,
bei aller Sorgfalt der dekorativ-flächigen Haltung,
für eine durch belebte koloriftifche Behandlung
ftark gefteigerte und faft verdeckte Pfychologie
mit. Schon hier geht die Entwicklung bewußt
aufs Monumentale (felbft die verfchiedenen, zum
Teil wenig variierenden Faffungen desfelben Mo-
tives gibt es bereits im Anfang der achtziger
Jahre), und je mehr fie fich fteigert, defto ein-
facher werden fo Form wie Farbe. Der Ahasver
von 1886 gibt bereits den ganzen Hodler. Was
dann folgt, ift nur die immer fchärfere, immer
reinere Ausprägung feines Stiles, dem bei aller
ftrengen Größe (namentlich in den Landfchaften)
Anmut nidit verfagt bleibt. Und wenn im Figuren-
bild Umriß und Gebärde alles fagen, fpricht jedes
Bildnis (meift nur Köpfe) von der unvermindert

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