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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 11/12
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0194

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PERSONALIEN o VERMISCHTES o LITERATUR

bewahrten Meifterfchaft pfychologifcher Charak-
teriftik. Freilich hat er auf der Höhe des Ruhmes
manchmal fein Werk felbft gefchädigt, indem er,
unvernünftigen Wünfchen des Käuferkreifes ent-
gegenkommend, gleichgültige, feelenlofe Wieder-
holungen hinwarf. Er ift nicht der einzige, der fo
getan hat. Aber troß menfchlicherSchäbigkeit,trog
feiner „politifchen“ Entgleifung: Er war einer
der größten Monumentalgeftalter, die die neuere
Kunft befeffen hat. H. Friedeberger.

EBERHARD VON BODENHÄUSENf

Die in den Kreifen der Großinduftrie mit auf-
richtiger Teilnahme um den Verluft einer un-
gewöhnlich rührigen und weitblickenden Perfön-
lichkeit begleitete Nachricht vom Hinfeheiden des
Freiherrn von Bodenhaufen, dem als Vorfißen-
den des Auffichtsrates der deutfehen Diskonto-
gefellfchaft in Berlin, wohin er eben zu über-
fiedeln im Begriffe war, eine auch für das künft-
lerifche Leben der Reichshauptftadt bedeutende
Steilung in Äusficht ftand, wird alle Freunde
wahrer Kunft aus den Zeiten des „Pan“ fchmerz-
lich berühren. Bodenhaufen, mit einer vortreff-
lichen Erziehung in die große Welt gefandt, auf
den Höhen der Menfchheit verkehrend, jung,
impulfiv, vielgereift, mit Tfchudi, Lichtwark,
Meier-Graefe, Graf Keßler befreundet, war im
Redaktionskomitee diefer hiftorifch immer mehr
wichtigen Zeitfchrift die treibende Kraft und der
eigentliche Vertreter der neuen Kunftrichtung im
Sinne des franzöfifchen Impreffionismus. Lite-
rarifch trat er feiten, aber immer zielbewußt und
umftürzend hervor, als einer der erften inDeutfch-
iand für gute Buchausftattung, für Innenarchi-
tektur, lebendige Kunftbetrachtung. Er führte
van de Velde ein und verfchaffte ihm Aufträge,
veranlaßte feine Freunde, van Gogh und Munch
zu fammeln (1896!!), widmete den Verfuchen der
Neuirnpreffioniften Aufmerkfamkeit und ver-
teidigte ohne Furcht und Tadel die in der deut-
fehen Preffe verhöhnten Bemühungen der maison
Bing in Paris um den neuen Stil in der Kunft.

Um die Jahrhundertwende gab Bodenhaufen
feine ausgezeichnete Oberfeßung von Fromentins
Buch „Die alten Meifter“ heraus, und kurz darauf
eine durch ein fehr kluges Kapitel über die entwick-
lungsgefchichiliche Bedeutung des großen Spa-
niers ergänzte Übertragung von Stevenfons Buch
über Velasquez. In diefem Kapitel wurde zuerft
mit Nachdruck von der Bedeutung des Greco
gefprochen. Daraufhin wandte fich Bodenhaufen
[treng wiffenfehaftheher Arbeit zu, hörte in Heidel-
berg bei Thode, mit dem er fich nach feinem
eigenen Wort ausgezeichnet vertrug, weil er
nie über Kunft mit ihm fprach, mehrere Semefter
Kollegien und trat 1905 mit dem Werk über den

Niederländer Gerard David vor die Öffentlichkeit.
Man kann diefem meifterhaft gefchriebenen Bande,
der mit befonderem Gefchmack gedruckt wurde,
nur vorwerfen, daß vielleicht die Bedeutung des
behandelten Meifters zu fubjektiv eingefchäßt
ward; als kritifche Leiftung erhebt er fich zu den
vorzüglichften Beifpielen einer kunftgefchicht-
lichen Monographie, welche den Zufammenhang
aller äußeren und aller inneren Bedingungen
der künßlerifchen Perfönlichkeit als Grundprinzip
der künftlerifchen Schaffenskraft heraushebt.

Die geringe Beachtung, die feiner Tätigkeit zu-
teil wurde, und die Ablehnung eines Gefuches
um eine mitteldeutfche leitende Mufeumsftellung
verftimmten Bodenhaufen derart, daßertroß der
Mahnungen feiner Freunde allen weiteren Wün-
fchen fchriftftellerifcher Art entfagte und zu der
Großinduftrie überging, wo feiner organifatori-
fchen Kraft allerdings ein zehnfach größerer Er-
folg befchieden war. Seither vermied er peinlich
jeden Verkehr mit den Trägern eines Berufes,
der fdion aus Gründen numerifcher Natur einem
bedauerlichen Cliquenwefen Vorfchub leiftet, und
wir haben in Deutfchland wieder einmal zu be-
klagen, daß Unverftand und Vorurteil einen
Mann zum Schweigen gebracht haben, der die
erzieherifchen Talente Lichtwarks wie kaum ein
anderer auszuüben befähigt gewefen wäre, und
der uns gerade für unfere „Übergangswirtfchaft“
recht, recht notwendig hätte helfen können, im
Vorjahre ift Bodenhaufen von Liebermann ge-
malt worden. Am 12. Juni hätte er feinen 50. Ge-
burtstag gefeiert. Uhde-Bernags.

VERMISCHTES

PARIS Ein JEANNE-D’ARC-MUSEUM soll
nach Temps vom 18. Mai in Paris im Hotel de
Sens, der alten und malerifchen Refidenz der
Bifchöfe von Paris, errichtet werden. Änatole
France hat diefen Plan zuerft befürwortet und
hat bereits einige Kunftwerke aus jener Zeit,
die fich in feinem Befiß befinden, dem Mufeum
überwiefen. 0. G.

LITERÄTUR

In der Sammlung „OSTSEE UND OSTLAND“
des Verlages Felix Lehmann, Berlin-Char-
lottenburg, deren erfte fechs Bände den balti-
fchen Provinzen gewidmet find, ift nunmehr der
dritte Band erfchienen, der unter dem Titel
„Bauten und Bilder“ das Gebiet der gefamten
bildenden Kunft in den einft ruffifchen Oftfee-
provinzen behandelt. Der Herausgeber der gan-
zen Sammlung, unfer Mitarbeiter Dr. Otto
Grautoff, zeichnet auch als befonderer Heraus-

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