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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 5/6
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Sydow, Eckart von: Karl Schmidt-Rottluff
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0098

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KARL SCHMIDT-ROTTLUFF

empor, aus der rein inftinktiven Schöpferkraft1 des Künftlers ihren Auffdiwung ge-
winnend. Gerade die Holzfchnitte aus den Kriegsjahren haben feiner urfprünglichen
Anlage eine ungemeine Verftärkung gebracht, die nun gar nichts mehr von dem an-
fänglichen Zögern in der Wahl der Ausdrucksmittel fpüren läßt. Der unwankende
Lebenswille war ihm von jeher die eigentlichfte Triebfeder, jenes heroifche Weltgefühl,
das die Pyramiden und Sfinxe emportrieb: leidenfchaftlich erlebte Energie des Dafeins,
die fich zugleich ftreng beherrfcht. Diefe beherrfchte Leidenfchaftlichkeit findet fich
angefichts der dreidimenfionalen Wirklichkeit, beugt fich ihr nicht, fondern verwan-
delt fie in den Schein des Flächenhaften, — der Fläche, auf deren Ebene die Umriffe
der Dinge ihr entmaterialifiertes Dafein leben. Diefe Abgefondertheit von der Wirklich-
keit des Körperlichen verleiht ihr die Kraft zu einer Stärke des Ausdrucks, die nur in
einigen Blättern Kirchners ihre gleichartig kongenialen Genoffen findet. Aber fie weckt
auch den Wunfch, daß diefe fo große Kraft die Wirklichkeit in ihrer Vollftändigkeit,
alfo auch als dreidimenfionale, neu und eigentümlich erfchaffen möchte. Und diefer
Wunfch fcheint —- wenn man einige Porträte der legten Jahre betrachtet — fdion als
Hoffnung und Vorausnahme fpäterer Entwicklungen ausgefprochen werden zu können.

1 Vgl. die Antwort auf eine Rundfrage in „Kunft und Künftler“ XII., 308.

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