Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0217
DOI issue:
Heft 13/14
DOI article:Lüthgen, Eugen: Die Sammlung Leo Kirch in Cöln, [1]
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DIE SAMMLUNG LEO KIRCH IN CÖLN
Abb. 7. Tod Marias. Würzburger Arbeit.
Bewegung klarer gefaßt werden mußte, d. h. daß er unter dem Gewände als befeelte
Maffe mitwirken mußte. Da aber alle diefe Wirklichkeitsanfätje nur die erften Keime
einer neuen Anfchauung bedeuten, hat diefes Werk des Übergangs noch alle die zarten
Vorzüge eines einheitlichen Stimmungsgehaltes, der die beften Werke des 14. Jahr-
hunderts auszeichnet.
Der Wirklichkeitsfinn der neuen Zeit, des 15. Jahrhunderts, kommt zum vollen Durch-
bruch in einem mittelrheinifchen Werke, einem Marientod aus Lindenholz. (Abb. 7.)
Diefe faft voll rundplaftifche Darftellung des Marientodes, die völlig bildmäßig, d. h.
in der kompofitorifchen Auffaffung des Reliefs gehalten ift, fcheint irgendwie mit der
Kunft Nürnbergs in Verbindung zu ftehen. Dort, im Mittelpunkt der fränkifchen Kunft,
würde man im fpäten 14. Jahrhundert am eheften eine Darftellung erwarten können,
die fich in allen Einzelheiten fo vollftändig der mehr und mehr zur Herrfchaft drängenden
Auffaffung der Malerei nähert. Trotjdem aber ift es gerade die Art der malerifchen
Bildwirkung, die diefes Werk als nicht-nürnbergifch kennzeichnet. Die geftaltenreiche
Darftellung, die die fränkifche Kunft fchon im fpäten 14. Jahrhundert bevorzugte, hat
an einer Stelle weithin über Nürnberg hinausgewirkt, um, im wefentlichen aus der
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Abb. 7. Tod Marias. Würzburger Arbeit.
Bewegung klarer gefaßt werden mußte, d. h. daß er unter dem Gewände als befeelte
Maffe mitwirken mußte. Da aber alle diefe Wirklichkeitsanfätje nur die erften Keime
einer neuen Anfchauung bedeuten, hat diefes Werk des Übergangs noch alle die zarten
Vorzüge eines einheitlichen Stimmungsgehaltes, der die beften Werke des 14. Jahr-
hunderts auszeichnet.
Der Wirklichkeitsfinn der neuen Zeit, des 15. Jahrhunderts, kommt zum vollen Durch-
bruch in einem mittelrheinifchen Werke, einem Marientod aus Lindenholz. (Abb. 7.)
Diefe faft voll rundplaftifche Darftellung des Marientodes, die völlig bildmäßig, d. h.
in der kompofitorifchen Auffaffung des Reliefs gehalten ift, fcheint irgendwie mit der
Kunft Nürnbergs in Verbindung zu ftehen. Dort, im Mittelpunkt der fränkifchen Kunft,
würde man im fpäten 14. Jahrhundert am eheften eine Darftellung erwarten können,
die fich in allen Einzelheiten fo vollftändig der mehr und mehr zur Herrfchaft drängenden
Auffaffung der Malerei nähert. Trotjdem aber ift es gerade die Art der malerifchen
Bildwirkung, die diefes Werk als nicht-nürnbergifch kennzeichnet. Die geftaltenreiche
Darftellung, die die fränkifche Kunft fchon im fpäten 14. Jahrhundert bevorzugte, hat
an einer Stelle weithin über Nürnberg hinausgewirkt, um, im wefentlichen aus der
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