DIE SAMMLUNG KIRCH IN CÖLN
vom Meifter von Rottweil (Abb. 11).
Beide Arbeiten find von allerbefter
Erhaltung. In der tonreichen Weich-
heit der Polychromie kennzeichnet
[ich die künftlerifch reiffte Art
fchwäbifcher Farbgebung, die als
die befte in der deutfchen fpät-
gotifchen Kunft bezeichnet werden
muß.
Innerhalb der reichen Fülle der
fchwäbifchen Plaftik find Meifter-
werke nicht häufig. Die Arbeiten
aber, die pch auf einen urfprüng-
lichen, künftlerifch ftarken Meifter
zurückführen laffen, gehören durch
ihre Ausdruckskraft wie durch die
gehaltvolle Schönheit einer unbe-
kümmerten, pnnenfreudigen Auf-
faffung zu den beften Werken der
deutfchen Plaftik. Das gilt von
Hans Multfcher ebenfo wie von dem
Meifter des Blaubeurener Altars
wie von dem Meifter von Rottweil.
Sicherlich wuchs der Meifter Äbb. 11. Hl. Katharina Äbb. 11. Hl. Barbara
von Rottweil aus den Anfchau- vora Meifter von Rottweil,
ungen der Blaubeurener Werk-
ftatt hervor. Denn eines der bedeutendften fchwäbifchen Werke, die alten Schrein-
pguren aus dem Kapitelaltärchen des Klofters Urfpring bei Schelklingen, die jeßt in
einem Altar der Lorenzkapelle in Rottweil a. N. ftehen, pnd nur erklärlich aus dem
Hochaltar in Blaubeuren. Zwar gehen fie fchon weit über die Formenfprache des
Blaubeurener Meifters hinaus; aber fie befißen noch nicht diefe feltfam zwingende Un-
mittelbarkeit der Empßndung, die den Meifter von Rottweil in der Stärke feines
künftlerifchen Gefühles als einen Zeitgenoffen und Gepnnungsverwandten eines Hans
Baidung Grien und eines Matthias Grünewald erkennen läßt. So könnte man annehmen,
daß der Altar der Lorenzkapelle in Rottweil als ein Frühwerk des Meifters anzufehen
ift, in dem pch im Keime fchon alle Kennzeichen feiner fpäteren reiferen Kunft pnden.
Für das gefunde Naturgefühl diefes Künftlers fpricht vor allem feine einzigartige
Behandlung des menfchlichen Körpers. Wie bewußt und klar im Sinne eines echten
und reifen Renaiffancegefühles diefer Meifter den menfchlichen Körper in ausdrucks-
voller, aber maßvoller Bewegung zu geftalten weiß, dafür gibt die nackte Chriftus-
geftalt in dem Altar der Lorenzkirche die befte Vorftellung. Die Formen des Körpers
bepjjen alle eine fchöne und weiche Rundung. Mit felbftverftändlicher Sicherheit fteht
diefe Geftalt feft auf dem Boden. Jedes Zierliche, Tänzelnde, Kokette, diefe Kenn-
zeichen des eckig-bewegten Stiles der Spätgotik, ift ihr fremd. Dagegen runden pch
alle Bewegungen zu großen, einheitlichen Linienzügen, alle Maffen find in weichen,
gleitenden Übergängen in organifcher Entwicklung aller Bewegungsvorgänge zur Ein-
heit der Wirkung zufammengefaßt. Und was von diefem Chriftus gilt, das gilt in
205
vom Meifter von Rottweil (Abb. 11).
Beide Arbeiten find von allerbefter
Erhaltung. In der tonreichen Weich-
heit der Polychromie kennzeichnet
[ich die künftlerifch reiffte Art
fchwäbifcher Farbgebung, die als
die befte in der deutfchen fpät-
gotifchen Kunft bezeichnet werden
muß.
Innerhalb der reichen Fülle der
fchwäbifchen Plaftik find Meifter-
werke nicht häufig. Die Arbeiten
aber, die pch auf einen urfprüng-
lichen, künftlerifch ftarken Meifter
zurückführen laffen, gehören durch
ihre Ausdruckskraft wie durch die
gehaltvolle Schönheit einer unbe-
kümmerten, pnnenfreudigen Auf-
faffung zu den beften Werken der
deutfchen Plaftik. Das gilt von
Hans Multfcher ebenfo wie von dem
Meifter des Blaubeurener Altars
wie von dem Meifter von Rottweil.
Sicherlich wuchs der Meifter Äbb. 11. Hl. Katharina Äbb. 11. Hl. Barbara
von Rottweil aus den Anfchau- vora Meifter von Rottweil,
ungen der Blaubeurener Werk-
ftatt hervor. Denn eines der bedeutendften fchwäbifchen Werke, die alten Schrein-
pguren aus dem Kapitelaltärchen des Klofters Urfpring bei Schelklingen, die jeßt in
einem Altar der Lorenzkapelle in Rottweil a. N. ftehen, pnd nur erklärlich aus dem
Hochaltar in Blaubeuren. Zwar gehen fie fchon weit über die Formenfprache des
Blaubeurener Meifters hinaus; aber fie befißen noch nicht diefe feltfam zwingende Un-
mittelbarkeit der Empßndung, die den Meifter von Rottweil in der Stärke feines
künftlerifchen Gefühles als einen Zeitgenoffen und Gepnnungsverwandten eines Hans
Baidung Grien und eines Matthias Grünewald erkennen läßt. So könnte man annehmen,
daß der Altar der Lorenzkapelle in Rottweil als ein Frühwerk des Meifters anzufehen
ift, in dem pch im Keime fchon alle Kennzeichen feiner fpäteren reiferen Kunft pnden.
Für das gefunde Naturgefühl diefes Künftlers fpricht vor allem feine einzigartige
Behandlung des menfchlichen Körpers. Wie bewußt und klar im Sinne eines echten
und reifen Renaiffancegefühles diefer Meifter den menfchlichen Körper in ausdrucks-
voller, aber maßvoller Bewegung zu geftalten weiß, dafür gibt die nackte Chriftus-
geftalt in dem Altar der Lorenzkirche die befte Vorftellung. Die Formen des Körpers
bepjjen alle eine fchöne und weiche Rundung. Mit felbftverftändlicher Sicherheit fteht
diefe Geftalt feft auf dem Boden. Jedes Zierliche, Tänzelnde, Kokette, diefe Kenn-
zeichen des eckig-bewegten Stiles der Spätgotik, ift ihr fremd. Dagegen runden pch
alle Bewegungen zu großen, einheitlichen Linienzügen, alle Maffen find in weichen,
gleitenden Übergängen in organifcher Entwicklung aller Bewegungsvorgänge zur Ein-
heit der Wirkung zufammengefaßt. Und was von diefem Chriftus gilt, das gilt in
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