DIE AUSSTELLUNGEN DER BERLINER SEZESSIONEN
bleiben denn, wenn man von den
— unbegreiflich zerftreut gehäng-
ten — Arbeiten Röslers abfieht, die
immer klarer erkennen laffen, was
hier verloren ging, einige beachtens-
werte Arbeiten Pechfteins, von denen
aber doch wohl nur die Bucht von
Monteroffo einen Begriff von dem
Wert feiner Kunft gibt. Das ftrenge
Selbftbildnis und die große und fehr
einfache Landfchaft Degeners, die
ftimmungsvolle füdliche Landfchaft
Claus Richters, Oskar Molls in der
Farbe diesmal fehr beruhigte Bilder,
auch die nicht eben großartigen,
aber in ihrer feinen, an Jean Paul
erinnernden ftimmungsechten und
fehr perfönlichen Bildchen Partikels
und die tüchtigen Arbeiten des ge-
fallenen Treumann find immerhin
als bleibende Werte zu nennen.
Aber bei dem anderen, was man
noch f eftzuhalten verfucht fein könnte,
meldet fich bereits die Bedenklich-
keit: daß in diefer neuen Kunflbe-
wegung fich fchon ein Akademis-
mus breitmacht, eine Überfchäljung
der Gerinnung auf Koften der Lei-
tung auf der einen Seite, und ein
Verflachen zu dekorativer Schablone
oder zu verzerrter Manier auf der
anderen. Der letjteren Gefahr droht
namentlich das feine, aber entwick-
lungsunfähige Talent Otto Müllers zu verfallen, aber auch Bangerter kann an diefer Klippe
fcheitern. Cefar Kleins Bild Mann, Weib und Affe mündet in eine flache, dekorationsmäßige
Verallgemeinerung und Kurt Tuchs Bild von den drei Königen ift, feiner Erfcheinung
nach, ein Stilleben nach drei plaftifchen Figuren, im Grunde nichts anderes als ein
Münchner Palettenkunftftück mit anderen Mitteln. Wendet man fich zu der älteren
Generation, zu den Vertretern des Impreffionismus, fo fleht auf der Grenze Weiß-
gerbers Sebaflian. Er hat vom Impreffionismus her noch die Mittel und die Sicher-
heit des Handwerks übernommen, und fo kommt im Verein mit der neuen Gefinnung
ein gefiebertes, nicht tiefes, aber reifes Werk zuflande. In der älteren Generation
trifft man die Führer Liebermann, von deffen Bildniffen nur die Skizze zu dem
Bülowbilde, das fehr ruhige und doch fefle Selbftbildnis und das Porträt des Herrn
M. vom alten Range find, die aber alle nicht mit der vorzüglichen Gartenlandfchaft
konkurrieren können, und Slevogt mit fehr ungleichen Bildern, von denen auch das
befle, die Dame in Blau, nur teilweife feinem Rufe entfpricht. Von den Jüngeren
Äbb. 4. Leo Frhr. v. König, Julius Meier-Graefe.
Aufnahme aus dem Atelier Rieß-Berlin.
211
bleiben denn, wenn man von den
— unbegreiflich zerftreut gehäng-
ten — Arbeiten Röslers abfieht, die
immer klarer erkennen laffen, was
hier verloren ging, einige beachtens-
werte Arbeiten Pechfteins, von denen
aber doch wohl nur die Bucht von
Monteroffo einen Begriff von dem
Wert feiner Kunft gibt. Das ftrenge
Selbftbildnis und die große und fehr
einfache Landfchaft Degeners, die
ftimmungsvolle füdliche Landfchaft
Claus Richters, Oskar Molls in der
Farbe diesmal fehr beruhigte Bilder,
auch die nicht eben großartigen,
aber in ihrer feinen, an Jean Paul
erinnernden ftimmungsechten und
fehr perfönlichen Bildchen Partikels
und die tüchtigen Arbeiten des ge-
fallenen Treumann find immerhin
als bleibende Werte zu nennen.
Aber bei dem anderen, was man
noch f eftzuhalten verfucht fein könnte,
meldet fich bereits die Bedenklich-
keit: daß in diefer neuen Kunflbe-
wegung fich fchon ein Akademis-
mus breitmacht, eine Überfchäljung
der Gerinnung auf Koften der Lei-
tung auf der einen Seite, und ein
Verflachen zu dekorativer Schablone
oder zu verzerrter Manier auf der
anderen. Der letjteren Gefahr droht
namentlich das feine, aber entwick-
lungsunfähige Talent Otto Müllers zu verfallen, aber auch Bangerter kann an diefer Klippe
fcheitern. Cefar Kleins Bild Mann, Weib und Affe mündet in eine flache, dekorationsmäßige
Verallgemeinerung und Kurt Tuchs Bild von den drei Königen ift, feiner Erfcheinung
nach, ein Stilleben nach drei plaftifchen Figuren, im Grunde nichts anderes als ein
Münchner Palettenkunftftück mit anderen Mitteln. Wendet man fich zu der älteren
Generation, zu den Vertretern des Impreffionismus, fo fleht auf der Grenze Weiß-
gerbers Sebaflian. Er hat vom Impreffionismus her noch die Mittel und die Sicher-
heit des Handwerks übernommen, und fo kommt im Verein mit der neuen Gefinnung
ein gefiebertes, nicht tiefes, aber reifes Werk zuflande. In der älteren Generation
trifft man die Führer Liebermann, von deffen Bildniffen nur die Skizze zu dem
Bülowbilde, das fehr ruhige und doch fefle Selbftbildnis und das Porträt des Herrn
M. vom alten Range find, die aber alle nicht mit der vorzüglichen Gartenlandfchaft
konkurrieren können, und Slevogt mit fehr ungleichen Bildern, von denen auch das
befle, die Dame in Blau, nur teilweife feinem Rufe entfpricht. Von den Jüngeren
Äbb. 4. Leo Frhr. v. König, Julius Meier-Graefe.
Aufnahme aus dem Atelier Rieß-Berlin.
211