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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 21/22
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Uhde-Bernays, Hermann: Die Entwicklung der Impressionistischen Kunst in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0354

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DIE ENTWICKLUNG DER IMPRESSIONISTISCHEN KUNST IN DEUTSCHLAND

Über dem Eingang der Dresdener Ausheilung lefen wir die Infchrift: „Werden und
Vergehen des Impreffionismus“. Es erfcheint paradox, daß gerade eine Veranftaltung
zum Ruhme des Impreffionismus fein Programm unter diefer befchränkenden Formel
entwickelt. Eine Ausftellung, welche wie feit langer Zeit, wie wir ruhig fagen können,
keine andere in Deutfchland eine durch annähernd hundert Jahre zu einer ungeahnten
Höhe emporgelangte Entwicklung in folch triumphierender Schönheit zeigt, daß
die Überlegung, es doch nur mit der privaten, in der Gegenwart unter fehr er-
fchwerten Umftänden ins Leben gerufenen Veranftaltung eines Kunfthändlers und nicht
mit einer durch allgemeine Unterftü^ung geförderten öffentlichen Unternehmung, wie
1906 in der Berliner Nationalgalerie, zu tun zu haben, einzelne mehr Anordnung als
Auswahl treffende Bedenken zurückweift. Im Gegenteil ift gerade diefer privaten Aus-
ftellung gegenüber der uneingefchränkte Dank angebracht, weil der Glaube an die Un-
fterblichkeit des Impreffionismus nicht im mindeften erfchüttert wird, fondern fich zum
Dogma zu feftigen einen heiligen Appell erfährt. Ein glückliches Zufammentreffen hat
die Ausftellung in Dresden vereinigt, wo unter der „Einficht der würdigen Männer“
des 1828 gegründeten fächfifchen Kunftvereins fich „alles Öffentliche zum Beften“ an-
ließ (Goethe an Quandt, 10. Oktober 1831) und Cafpar David Friedrichs „Erdlebens-
bildkunft“ der impreffioniftifchen Erfcheinungsform die nachdenkliche Einkleidung gab.

„Im Anfänge des Jahrhunderts lag die Kunft in Deutfchland noch gleichfam gebunden,
fie war noch faft unbeachtet, und es bedurfte der langen tiefen Friedensjahre, um ein
lebhaftes Bedürfnis nach diefen geiftigen Spiegelbildern der Wirklichkeit er-
wachen zu laffen“ — fchreibt Carl
Guftav Carus in feinen Lebenser-
innerungen über die erften Er-
folge Friedrichs und Dahls, denen
er felbft als vorzüglicher Autodi-
dakt nacheiferte. Berechtigter Lo-
kalpatriotismus hat in erlefenen
Beifpielen die Anfänge des Im-
preffionismus, wie er nach der
Seite kultivierter Naturfkizzen im
Gefolge Conftables bei Dahl, nach
der Seite romantifcher Interpre-
tationswünfche bei Friedrich zur
Geltung gelangte, in der Dresdener
Ausftellung hervorgehoben. Cafpar
David Friedrich wirkt mit feinem
„Auffteigenden Nebel im Riefen-
gebirge“ wie eine Offenbarung.
Solcherart müffen die Werke des
Meifters gewefen fein, bei deren
Anblick der zu Befuch in Dresden
weilende David d’Angers die be-
geiferten Worte rief: „voilä un
homme qui a decouvert la tra-
gedie du paysage.“ Der Äus-
Hbb. 1. Oswald Achenbadi, Springbrunnen. gleich zwifchen der energifch zu-

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