Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0375
DOI Heft:
Heft 21/22
DOI Artikel:Feulner, Adolf: Das Bergungsmuseum in Valenciennes, [1]
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0375
DAS BERGUNGSMUSEUM IN VALENCIENNES
Äbb. 11. Benjamin Cuyp, Die Auferweckung des Lazarus.
und Johannes, die van Dyck um 1630 für den Hochaltar der Kirche der Recollets in Lille
gemalt hat, vor vielen religiöfen Bildern des Meifters gleichermaßen ausgezeichnet durch
die Größe der Auffaffung, die feelifdie Vertiefung der wenigen Figuren, wie durch die
tiefe Pracht der Farbe. Am beften ift von den großen Meiftern Jordaens vertreten. Aus
allen Perioden feines Schaffens find ausgezeichnete Werke vorhanden. Aus der Früh-
zeit die ganz eigenhändige Verfuchung der hl. Magdalena, eine Gegenüberftellung
charakteriftifcher Halbfiguren, in kontraftreichem Helldunkel, das den Einfluß Cara-
vaggios verrät. Aus der gleichen Zeit die große Kompofition Chriftus bei Maria und Martha,
die farbig leblofer und zeichnerifch weniger frifch ift; wahrfcheinlich ift das Liller Bild
nur eine zeitgenöfpfche Kopie. Aus der mittleren Zeit, 1635, der köftliche, wie Email leuch-
tende Piqueur mit Meute (Abb. 5), in reicher Landfchaft (von Wildens?), ferner die frifche
Studie nach Kühen (Abb. 6). Eines der beften Werke Jordaens aus der fpäteren Zeit ift
der Raub der Europa (1643) (Abb. 7), eine glückliche Neuerwerbung des Liller Mufeums.
Die maffigen Akte der vollblütigen Fläminen, die die Reize eines quellenden Körpers
in allen erdenklichen Stellungen preisgeben, find mit den derben Rindern, in den
warmen Farben, zu wirkfamen Gruppen zufammengeftellt in einer dekorativen Land-
fchaft, die der koloriftifchen Wirkung zur vollen Ausdruckskraft verhilft. Dazu kommen
weiters verfchiedene Werkftattbilder, die Jordaens Schaffen ftofflich nach verfchiedenen
Gefichtspunkten ergänzen. An diefe Hauptmeifter reihen fich an die Zeitgenoffen und
Nachahmer. Crayer mit einem Altarblatt aus dem ehemaligen Valencienner Domini-
kanerklofter, St. Dominikus empfängt aus den Händen Mariens den Rofenkranz, und
einigen kleineren Tafeln, Erasmus Quellinus mit zwei in der Kompoption verfchie-
denen Darftellungen des gleichen Themas, Chriftus bei Maria und Martha, in denen
337
Äbb. 11. Benjamin Cuyp, Die Auferweckung des Lazarus.
und Johannes, die van Dyck um 1630 für den Hochaltar der Kirche der Recollets in Lille
gemalt hat, vor vielen religiöfen Bildern des Meifters gleichermaßen ausgezeichnet durch
die Größe der Auffaffung, die feelifdie Vertiefung der wenigen Figuren, wie durch die
tiefe Pracht der Farbe. Am beften ift von den großen Meiftern Jordaens vertreten. Aus
allen Perioden feines Schaffens find ausgezeichnete Werke vorhanden. Aus der Früh-
zeit die ganz eigenhändige Verfuchung der hl. Magdalena, eine Gegenüberftellung
charakteriftifcher Halbfiguren, in kontraftreichem Helldunkel, das den Einfluß Cara-
vaggios verrät. Aus der gleichen Zeit die große Kompofition Chriftus bei Maria und Martha,
die farbig leblofer und zeichnerifch weniger frifch ift; wahrfcheinlich ift das Liller Bild
nur eine zeitgenöfpfche Kopie. Aus der mittleren Zeit, 1635, der köftliche, wie Email leuch-
tende Piqueur mit Meute (Abb. 5), in reicher Landfchaft (von Wildens?), ferner die frifche
Studie nach Kühen (Abb. 6). Eines der beften Werke Jordaens aus der fpäteren Zeit ift
der Raub der Europa (1643) (Abb. 7), eine glückliche Neuerwerbung des Liller Mufeums.
Die maffigen Akte der vollblütigen Fläminen, die die Reize eines quellenden Körpers
in allen erdenklichen Stellungen preisgeben, find mit den derben Rindern, in den
warmen Farben, zu wirkfamen Gruppen zufammengeftellt in einer dekorativen Land-
fchaft, die der koloriftifchen Wirkung zur vollen Ausdruckskraft verhilft. Dazu kommen
weiters verfchiedene Werkftattbilder, die Jordaens Schaffen ftofflich nach verfchiedenen
Gefichtspunkten ergänzen. An diefe Hauptmeifter reihen fich an die Zeitgenoffen und
Nachahmer. Crayer mit einem Altarblatt aus dem ehemaligen Valencienner Domini-
kanerklofter, St. Dominikus empfängt aus den Händen Mariens den Rofenkranz, und
einigen kleineren Tafeln, Erasmus Quellinus mit zwei in der Kompoption verfchie-
denen Darftellungen des gleichen Themas, Chriftus bei Maria und Martha, in denen
337