Ausstellungen
der, der den Absichten am nächsten kommt.
Seine eckigen, oft harten Formen sind von
einer erdgebundenen Eigenwilligkeit, die
im Charakter des Alemannen begründet liegt,
ihm aber weder den Blick nach außen hin
trübt, noch das Sehen in großen geschlos-
senen Massen verhindert. Neben der natur-
nahen Art Zähringers wirkt Bizer kultivier-
ter, feinnerviger, wenn auch nicht so kraft-
voll. Sein Holzschnitt verliert sich manch-
mal im Reindekorativen, er ist angenehm
zu betrachten, aber die erfüllte und erfül-
lende Kraft Zähringers wird gerade bei der
Gegenüberstellung vermißt. Seine Aqua-
relle sind von großer Delikatesse; die,Stau-
bige Landstraße“ ist schon fast ein Kunst-
stück. Ferd. Stuttmann.
MANNHEIM
Seit dem letzten Bericht über die Tätig-
keit der städtischen Kunsthalle ist fast ein
halbes Jahr vergangen, eine lange Zeit,
in der viele Ausstellungen stattgefunden
haben. Auf die große „Karl-Haider-Ge-
dächtnis-Ausstellung“ folgte zunächst „Die
Form“, jene Ausstellung des Deutschen
Werkbundes, die im Sommer bereits in
Stuttgart, dann in Frankfurt gezeigt war.
Der Aufbau in Mannheim unterschied sich
aber wesentlich von dem in Stuttgart. Der
Grundgedanke der „Form“ war präziser
herausgearbeitet. Was man sich in Stutt-
gart aus dem allzu umfangreichen Mate-
rial mühsam heraussuchen mußte, war
hier straff gegliedert und streng gruppiert.
Ein Katalog mit einem Vorwort von Dr.
G. F. Flartlaub und Führern von Dr. Strü-
bing und Frau Kronberger-Frentzen sorgte
für die nötige Erklärung des Aufbaues. —
Zu gleicher Zeit fand eine zweite Ausstel-
lung statt, die unter dem Titel „Zwei
Künstlerphantasten“ Arbeiten von Al-
fred Kubin und Paul Klee nebeneinander
zeigte. So verschieden beide Künstler
sind, so treffen sie sich doch auf einer ge-
meinsamen Ebene, die der Titel der Aus-
stellung andeuten sollte. Die Ausstellung,
die den größten Teil des unteren Stock-
werks der Kunsthalle einnahm, ließ dieses
Gemeinsame deutlich fühlbar werden. —■
Die dritte größere Veranstaltung war eine
Schau „indonesischer Textilien“. Die
Kunsthandlung Komter, Amsterdam, hatte
einen wundervollen Schatz von Ikattü-
chern und von Batiks zur Verfügung ge-
stellt. Diese Sammlung wurde ergänzt
durch besonders schöne Seidenikats aus
einer Privatsammlung, die sich in Mann-
heim selbst befindet und die zu den be-
deutendsten auf diesem Gebiet in Deutsch-
land gehört. Um die Ausstellung abwechs-
lungsreicher zu gestalten, war eine Reihe
der prachtvollsten Wajang-Figuren aus
dem Besitz der Kunsthandlung Komter
und aus zwei Museen hinzugefügt. In Ver-
bindung mit dieser Ausstellung führte der
in Holland lebende Javane Raden S. Hard-
jodiringgo javanische Tempeltänze und
das altheilige Wajangspiel vor. Erst durch
diese Veranstaltung, bei der der Intendant
des Wiesbadener Staatstheaters Dr. Hage-
mann einleitende Worte sprach, gewann
das etwas spröde, in seiner beschränkten
Farbenskala aber doch unendlich vornehm
wirkende Ausstellungsmaterial Leben. Be-
sonders die Ausdruckskraft der Schatten-
bilder der Wajang-Figuren, deren filigran-
artig feines Spitzenwerk in der Ausstellung
selbst bewunderndes Staunen erregt hatte,
war so überraschend stark, daß diese Vor-
führung zu einem der künstlerisch reinsten
Eindrücke des Winters wurde. — In der
vierten Winterausstellung wurden Bilder
und Aquarelle von Karl Schmidt-Rott-
luff gezeigt, die erste große Schmidt-
Rottluff-Ausstellung in Mannheim. Es war
vielleicht gut, daß erst jetzt dieser pro-
blematischste aller ehemaligen Angehö-
rigen der „Brücke“ hier zu Wort kam:
die Öffentlichkeit hat sich nicht mehr, wie
noch vor wenigen Jahren bei Bildern von
Karl Hofer in wütenden Angriffen gegen
den Künstler und die Ausstellungsleitung
gewandt. Wo die große Menge still, aber
achselzuckend vorüberging, fand sich doch
ein Kreis von Freunden des Künstlers
zusammen, der die starke, unmittelbare
Wirkung der Bilder zu genießen bereit
war. In vier Bildern war nur kurz der Ent-
wicklungsgang des Künstlers angedeutet:
zwei ganz frühe Arbeiten in der fleckig
impressionistischen Art, ein Werk, das un-
ter dem unmittelbaren Einfluß von Nolde
entstanden sein muß, und ein weiteres Bild
aus der Brückezeit. Die übrigen Arbeiten
stammten alle aus den letzten Jahren. Mir
will scheinen, als ob Schmidt-Rottluff auf
dem Wege sei, den inneren Ausgleich zwi-
schen seinem ungeheuer angespannten
Willen zu gesteigertem Ausdruck und dem
ruhigen Sein der Natur zu finden. Noch
fühlt man in den meisten Bildern die
Spannung, den Willen mehr zu geben, als
die Natur ohne Gewalt geben kann. Aber
in einigen wenigen Bildern und vor allem
in den Aquarellen läßt dieser Krampf nach.
Wenn auch mit grandioser Kraft gebändigt
und architektonisch streng zusammenge-
baut, spricht doch jetzt deutlicher das Mo-
tiv, das bisher bestenfalls nur Mittel zum
Zweck gewesen war. — Die Meister-
schaft Schmidt - Rottluffs wurde erst in
436
der, der den Absichten am nächsten kommt.
Seine eckigen, oft harten Formen sind von
einer erdgebundenen Eigenwilligkeit, die
im Charakter des Alemannen begründet liegt,
ihm aber weder den Blick nach außen hin
trübt, noch das Sehen in großen geschlos-
senen Massen verhindert. Neben der natur-
nahen Art Zähringers wirkt Bizer kultivier-
ter, feinnerviger, wenn auch nicht so kraft-
voll. Sein Holzschnitt verliert sich manch-
mal im Reindekorativen, er ist angenehm
zu betrachten, aber die erfüllte und erfül-
lende Kraft Zähringers wird gerade bei der
Gegenüberstellung vermißt. Seine Aqua-
relle sind von großer Delikatesse; die,Stau-
bige Landstraße“ ist schon fast ein Kunst-
stück. Ferd. Stuttmann.
MANNHEIM
Seit dem letzten Bericht über die Tätig-
keit der städtischen Kunsthalle ist fast ein
halbes Jahr vergangen, eine lange Zeit,
in der viele Ausstellungen stattgefunden
haben. Auf die große „Karl-Haider-Ge-
dächtnis-Ausstellung“ folgte zunächst „Die
Form“, jene Ausstellung des Deutschen
Werkbundes, die im Sommer bereits in
Stuttgart, dann in Frankfurt gezeigt war.
Der Aufbau in Mannheim unterschied sich
aber wesentlich von dem in Stuttgart. Der
Grundgedanke der „Form“ war präziser
herausgearbeitet. Was man sich in Stutt-
gart aus dem allzu umfangreichen Mate-
rial mühsam heraussuchen mußte, war
hier straff gegliedert und streng gruppiert.
Ein Katalog mit einem Vorwort von Dr.
G. F. Flartlaub und Führern von Dr. Strü-
bing und Frau Kronberger-Frentzen sorgte
für die nötige Erklärung des Aufbaues. —
Zu gleicher Zeit fand eine zweite Ausstel-
lung statt, die unter dem Titel „Zwei
Künstlerphantasten“ Arbeiten von Al-
fred Kubin und Paul Klee nebeneinander
zeigte. So verschieden beide Künstler
sind, so treffen sie sich doch auf einer ge-
meinsamen Ebene, die der Titel der Aus-
stellung andeuten sollte. Die Ausstellung,
die den größten Teil des unteren Stock-
werks der Kunsthalle einnahm, ließ dieses
Gemeinsame deutlich fühlbar werden. —■
Die dritte größere Veranstaltung war eine
Schau „indonesischer Textilien“. Die
Kunsthandlung Komter, Amsterdam, hatte
einen wundervollen Schatz von Ikattü-
chern und von Batiks zur Verfügung ge-
stellt. Diese Sammlung wurde ergänzt
durch besonders schöne Seidenikats aus
einer Privatsammlung, die sich in Mann-
heim selbst befindet und die zu den be-
deutendsten auf diesem Gebiet in Deutsch-
land gehört. Um die Ausstellung abwechs-
lungsreicher zu gestalten, war eine Reihe
der prachtvollsten Wajang-Figuren aus
dem Besitz der Kunsthandlung Komter
und aus zwei Museen hinzugefügt. In Ver-
bindung mit dieser Ausstellung führte der
in Holland lebende Javane Raden S. Hard-
jodiringgo javanische Tempeltänze und
das altheilige Wajangspiel vor. Erst durch
diese Veranstaltung, bei der der Intendant
des Wiesbadener Staatstheaters Dr. Hage-
mann einleitende Worte sprach, gewann
das etwas spröde, in seiner beschränkten
Farbenskala aber doch unendlich vornehm
wirkende Ausstellungsmaterial Leben. Be-
sonders die Ausdruckskraft der Schatten-
bilder der Wajang-Figuren, deren filigran-
artig feines Spitzenwerk in der Ausstellung
selbst bewunderndes Staunen erregt hatte,
war so überraschend stark, daß diese Vor-
führung zu einem der künstlerisch reinsten
Eindrücke des Winters wurde. — In der
vierten Winterausstellung wurden Bilder
und Aquarelle von Karl Schmidt-Rott-
luff gezeigt, die erste große Schmidt-
Rottluff-Ausstellung in Mannheim. Es war
vielleicht gut, daß erst jetzt dieser pro-
blematischste aller ehemaligen Angehö-
rigen der „Brücke“ hier zu Wort kam:
die Öffentlichkeit hat sich nicht mehr, wie
noch vor wenigen Jahren bei Bildern von
Karl Hofer in wütenden Angriffen gegen
den Künstler und die Ausstellungsleitung
gewandt. Wo die große Menge still, aber
achselzuckend vorüberging, fand sich doch
ein Kreis von Freunden des Künstlers
zusammen, der die starke, unmittelbare
Wirkung der Bilder zu genießen bereit
war. In vier Bildern war nur kurz der Ent-
wicklungsgang des Künstlers angedeutet:
zwei ganz frühe Arbeiten in der fleckig
impressionistischen Art, ein Werk, das un-
ter dem unmittelbaren Einfluß von Nolde
entstanden sein muß, und ein weiteres Bild
aus der Brückezeit. Die übrigen Arbeiten
stammten alle aus den letzten Jahren. Mir
will scheinen, als ob Schmidt-Rottluff auf
dem Wege sei, den inneren Ausgleich zwi-
schen seinem ungeheuer angespannten
Willen zu gesteigertem Ausdruck und dem
ruhigen Sein der Natur zu finden. Noch
fühlt man in den meisten Bildern die
Spannung, den Willen mehr zu geben, als
die Natur ohne Gewalt geben kann. Aber
in einigen wenigen Bildern und vor allem
in den Aquarellen läßt dieser Krampf nach.
Wenn auch mit grandioser Kraft gebändigt
und architektonisch streng zusammenge-
baut, spricht doch jetzt deutlicher das Mo-
tiv, das bisher bestenfalls nur Mittel zum
Zweck gewesen war. — Die Meister-
schaft Schmidt - Rottluffs wurde erst in
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