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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 11
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0596

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Von Künstlern und Gelehrten — Neue Bücher

WORMS
Selten hat eine Kunstschau in der Städt.
Gemäldegalerie, die seit ihrer Gründung im
Herbst 1913 auf annähernd 60 Veranstal-
tungen zurückblicken kann, solche allsei-
tige Zustimmung gefunden, wie die am
3. Mai eröffnete Sonderausstellung
von Gemälden, Pastellen, Handzeichnun-
gen, Radierungen und Steinzeichnungen
des Karlsruher Malers August Gebhard.
Nicht allein wegen der Fülle der Erschei-
nungen — der reichillustrierte Katalog zählt
fast 200 Bilder auf, die hier zum ersten
Male vereinigt sind — sondern vor allem
wegen der künstlerischen Qualität der bis-
her nur wenig bekannten Werke. Gebhard
ist gleichzeitig Landschafts-, Figuren- und
Bildnismaler und betätigt sich auf allen
drei Gebieten mit gleich hervorragendem
Können. Trotz des altmeisterlichen Mal-
verfahrens sind seine Kompositionen durch-
aus unserem heutigen Empfinden ange-
paßt. E. G.
Von Künstlern
und Gelehrten
Der ausgezeichnete Kunsthistoriker Karl
Madsen, der im Frühjahr dieses Jahres
seinen 70. Geburtstag feierte, verläßt seine
Stellung als Direktor des Staatlichen
Kunstmuseums, für dessen Entwicklung
und Bereicherung er in den Jahren seiner
Tätigkeit von außerordentlicher, allseitiger
Bedeutung war, um sich nun ganz der
schriftstellerischen Arbeit zu widmen.
Seine Bücher, besonders die über nieder-
ländische Kunst haben europäischen Ruf.
An seine Stelle wird, wie bereits mitgeteilt
wurde, der als Kunstkenner bedeutende
und feine Gustav Falk treten, der durch
seine kritischen Rembrandt-Untersuchun-
gen, unter denen seine Zweifel an der
Echtheit des sogenannten „Studenten“
(früher Glyptothek, jetzt Kunstmuseum)
Aufsehen erregten, in weiteren Kreisen be-
kannt geworden ist. r.
Neue Bücher
Ludwig Coellen, Über die Methode
der Kunstgeschichte. Eine geschichts-
philosophische Untersuchung. Arkaden-
verlag, Traisa-Darmstadt 1924.
Dieses Buch gibt die nochmalige Zusam-
menfassung und die Ergänzung zu der Stil-
theorie Coellens, die schon an dieser Stelle
besprochen wurde1. Das System Coellens
versucht die Erschließung der sinnlich-
1 Cicerone, Heft 15, 1923.

räumlichen Sphäre der Kunstform, als auto-
nomes Funktionsgebiet durch streng tran-
szendental logische Methode. „Der unend-
liche Formtrieb, der sich zu den einzelnen
Formen entfaltet und begrenzt, ist der un-
endliche Grund der Welt selber, ist das Ab-
solute, insofern es sich selbst in seiner
identischen Entfaltung zumDasein der Welt
erfaßt in endlicher Weise, d. h. in der Be-
grenzung auf sinnlich-räumliche Produkte
im Erleben des Menschen.“
Der „Dignität der Allheit“ entspricht bei
Coellen die Totalität der Raumvorstellung.
Entwicklungsgeschichtlich repräsentieren
nacheinander die Fläche, der Individual-
oder plastische Raum, der Teilraum oder
tektonische Raum und zuletzt der Allge-
meinraum des Bildes, der Malerei, diesen
vorgestellten Raum. Coellen stellt sich wie-
derum in scharfen Gegensatz zu der kultur-
psychologischen Betrachtungsweise, die
philosophische Bezüge in das selbständige
Schaffensgebiet der Kunst einbezieht, wie
auch gegen die rein empirische Beschrei-
bung der Stilentwicklung. Coellen fordert
von der Deduktion die immanente Einheit
von gesetzlicher Gestalt und Ursprung. In
diesem Sinne wendet er sich auch gegen
die rassepsychologische Deutung der Stil-
erscheinung und postuliert für die bildende
Kunst und ihre stilistischen Erscheinungen
die Perspektive des Weltbegriffs als das
methodenbegründende Prinzip. Die ge-
schichtliche Entwicklung der Stile wird dar-
gestellt als „ein Reich von Formgesetzlich-
keiten, in welchem die geschichtliche Ent-
wicklung des Weltbegriffs ihren künstle-
risch formalen Ausdruck findet“. Zum phi-
losophischen Idealismus Dvozaks wird im-
fner wieder betont, daß Kunstschöpfung
sich nur in der Sphäre der sinnlich-räum-
lichen Anschauung begibt.
Coellen gebührt das Verdienst die Ter-
minologie, die Naturalismus mit Naturnach-
ahmung gleichzeitig und in Gegensatz zu
Abstraktion stellt, zu klären. Er setzt dafür
die Begriffe „Organizistisch“ und „Kubi-
stisch“. Sowohl die mechanistischen als
die spezifisch organischen Formelemente
sind der sinnlich-räumlichen Erfahrung ent-
nommen und werden von der Kunst zu we-
senhaft verschiedenen Schöpfungen verar-
beitet. Weder die klassisch griechische
Kunst noch die Renaissance ist Naturalis-
mus im Sinne der Naturnachahmung. Häu-
fig wende die Kunst auch mechanische Ele-
mente bis zu einem gewissen Grade ins Or-
ganische, wie bei der griechischen Tempel-
säule oder sie wandelt umgekehrt orga-
nische Formelemente ins Mechanische, wie
die altorientalische Kunst, die Kunst der

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