Ausstellungen
sehen: Hohlgläser, Fayencen und Zinn.
Den Grundstock bildet jeweils eine ältere
Sammlung mit Stücken, wie sie heute zum
Teil nur noch schwer zu beschaffen sind.
In erster Linie gilt dies von den Gläsern,
unter denen sich nicht nur schöne antike
(syrische und römische) befinden, sondern
auch gotische (fünf Krautstränke) von der
Renaissance bis ins XVIII. Jahrhundert.
Einzelne Objekte dürften Unica sein.
In der Fayencesammlung sind die Mehr-
zahl der Stücke Arbeiten der deutschen Ma-
nufakturen. Der Zahl nach am bedeutend-
sten ist die Zinnsammlung. Wenn auch nur
wenige, ganz hervorragende Arbeiten dar-
unter sind, so ist doch die Qualität aus-
nahmslos gut und einwandfrei.
Wie immer in diesem Kunstsalon, steht
auch jetzt das Mobiliar auf einer beachtens-
werten Höhe: deutsche, italienische, eng-
lische, holländische und französische Ar-
beiten. Um das Niveau der ausgestellten
Bilder zu dokumentieren, seien folgende
Namen genannt: Böcklin, Lenbach, Lier,
Schönleber, Fr. und L. Voltz, M. Gaiser,
Grützner, Waldmüller, Th. Rousseau, A.
Ziem, Troyon u. v. a. r.
PRAG
Die Künstlervereinigung „Manes“ hat ein©
schöne Ausstellung von tschechischen Ma-
lern des ig. Jahrhunderts zusammengebracht.
Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf
dem reichen Werk des Antonin Chittussi
1847—i8gi. (Vergl. Abb. in Heft 8 des „Cice-
rone“.) Hier treibt eine vegetativ-breite, erd-
schwere Landschaftserfassung und lichtet
sich in einer großzügigen, immer ehrlichen
Malerei. Für diese Generation war Fontai-
nebleau, dann Courbet das entscheidende
Erlebnis. Die französischen Einflüsse be-
ginnen die deutschen zu verdrängen. Chi-
tussi verarbeitet diese Einflüsse in einer
sehr selbständigen Weise. Seine Land-
schaften bringen den breiten, oft etwas
herben Linienfluß Böhmens zu schöner
plastischer Ausgewogenheit, in der eine
ruhige, in dieser Ruhe aber oft erstaunlich
satte Farbengebung die Fläche verleben-
digt. Seine schöne Hingabe an das Kleine
kommt in den Zeichnungen zur Geltung,
die das vielfältige Leben der Details in be-
wegtem Linienspiel umreißen. Mit der Auf-
zeigung dieses umfangreichen Werkes
hat sich die Künstlervereinigung „Manes“
ein wirkliches Verdienst erworben. Der jung
verstorbene Karel Purkyne (1834—1868) ist
leidenschaftlicher, vital erregter, sein Werk
durchzuckt von Vorstößen in eine kraft-
volle,lebenssaftige Gestaltung. Er malt blut-
voller. Farbe ist ihm nächstes Element; die
Realität packt er kernig und robust an, und
in der Gestaltung kommt er manchmal zu
einer erstaunlichen Monumentalität. Wie-
der Courbet als Grunderlebnis. Wie mußte
der auf den tschechischen „Erdgeist“ wir-
ken, und wie in ihm so auch in Purkyne
ein Tag- und ein Traumrealismus. Am ein-
drucksvollsten der,,politisierende Schmied“,
eine machtvoll-organisierte Leinwand, un-
umstößlich in Farbe und Form, und jene
Stilleben, in denen sich — wie in den zwei
hängenden Auerhühnern — ein echter Mo-
numentalstil ankündigt. Nur ankündigt —
denn solche Herolde holt die Natur meist
bald zurück. Er starb, unbekannt, höchstens
angefeindet, im Alter von 34 Jahren. Pinkas
(1827—igoi) pendelt zwischen Realismus
und Romantik, bleibt im Genre stecken,
kommt da aber zu ansehnlichen Nuancie-
rungen. Barvitius (1834—1902) ist ein sym-
pathischer Kleinmeister, der in seiner Früh-
zeit seine besten Sachen schuf. Im robu-
steren Jahrhundertende versagte er — da
wo Purkyne mächtig begonnen hätte.
Schürer.
STUTTGART
Zum Gedächtnis des 25. Todesjahrs des
schwäbischen Malers Theodor Schüz
(1830—igoo) hat das Kunsthaus Schaller
eine kleine Sammlung von Bildern dieses
Malers vereinigt, die bisher noch nicht ge-
zeigt wurden, und die eine willkommene
Ergänzung der Ausstellung „Schwäbische
Kunst des ig. Jahrhunderts“ bilden. Dieser
Schüz war eine echte Malernatur; welche
Fähigkeiten in ihm steckten, zeigt z. B.
die breit hingemalte, der früheren Zeit an-
gehörende Studie eines sitzenden Bauern-
mädchens, die von einei- schönen Geschlos-
senheit des Kolorits ist. Auch ein kleines
Bild „Sonntagmorgen“, 1850 entstanden, geht
in außerordentlich fortgeschrittenerWeise
dem Lichtproblem nach und sucht den
Reiz eines von Sonne beschienenen Ge-
sichtes festzuhalten. Der gleichen Periode
gehört ein flottgemalter Bauernhof an. Über-
haupt sind die Bilder der frühen Zeit, wie
bei vielen deutschen Malern, frisch und
vielversprechend, münden aber schließlich
mehr und mehr in eine gute Durchschnitt-
lichkeit. Schüz ist am stärksten in seinen
Landschaften; an diesen läßt sich auch die
Entwicklung seiner Malerei am besten ver-
folgen, die anfänglich breit und weich im-
mer spritziger, aber auch härter wird. Doch
vermag er in den späteren Gemälden, wie
der „Landschaft mit Badenden“ (1885),
„Rast im Grünen“ (i8g7) oder dem präch-
tigen „Maintal“ (i8g2), den schon früher
angeschlagenen farbigen Zusammenklang
noch einheitlicher und voller zu gestalten.
712
sehen: Hohlgläser, Fayencen und Zinn.
Den Grundstock bildet jeweils eine ältere
Sammlung mit Stücken, wie sie heute zum
Teil nur noch schwer zu beschaffen sind.
In erster Linie gilt dies von den Gläsern,
unter denen sich nicht nur schöne antike
(syrische und römische) befinden, sondern
auch gotische (fünf Krautstränke) von der
Renaissance bis ins XVIII. Jahrhundert.
Einzelne Objekte dürften Unica sein.
In der Fayencesammlung sind die Mehr-
zahl der Stücke Arbeiten der deutschen Ma-
nufakturen. Der Zahl nach am bedeutend-
sten ist die Zinnsammlung. Wenn auch nur
wenige, ganz hervorragende Arbeiten dar-
unter sind, so ist doch die Qualität aus-
nahmslos gut und einwandfrei.
Wie immer in diesem Kunstsalon, steht
auch jetzt das Mobiliar auf einer beachtens-
werten Höhe: deutsche, italienische, eng-
lische, holländische und französische Ar-
beiten. Um das Niveau der ausgestellten
Bilder zu dokumentieren, seien folgende
Namen genannt: Böcklin, Lenbach, Lier,
Schönleber, Fr. und L. Voltz, M. Gaiser,
Grützner, Waldmüller, Th. Rousseau, A.
Ziem, Troyon u. v. a. r.
PRAG
Die Künstlervereinigung „Manes“ hat ein©
schöne Ausstellung von tschechischen Ma-
lern des ig. Jahrhunderts zusammengebracht.
Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf
dem reichen Werk des Antonin Chittussi
1847—i8gi. (Vergl. Abb. in Heft 8 des „Cice-
rone“.) Hier treibt eine vegetativ-breite, erd-
schwere Landschaftserfassung und lichtet
sich in einer großzügigen, immer ehrlichen
Malerei. Für diese Generation war Fontai-
nebleau, dann Courbet das entscheidende
Erlebnis. Die französischen Einflüsse be-
ginnen die deutschen zu verdrängen. Chi-
tussi verarbeitet diese Einflüsse in einer
sehr selbständigen Weise. Seine Land-
schaften bringen den breiten, oft etwas
herben Linienfluß Böhmens zu schöner
plastischer Ausgewogenheit, in der eine
ruhige, in dieser Ruhe aber oft erstaunlich
satte Farbengebung die Fläche verleben-
digt. Seine schöne Hingabe an das Kleine
kommt in den Zeichnungen zur Geltung,
die das vielfältige Leben der Details in be-
wegtem Linienspiel umreißen. Mit der Auf-
zeigung dieses umfangreichen Werkes
hat sich die Künstlervereinigung „Manes“
ein wirkliches Verdienst erworben. Der jung
verstorbene Karel Purkyne (1834—1868) ist
leidenschaftlicher, vital erregter, sein Werk
durchzuckt von Vorstößen in eine kraft-
volle,lebenssaftige Gestaltung. Er malt blut-
voller. Farbe ist ihm nächstes Element; die
Realität packt er kernig und robust an, und
in der Gestaltung kommt er manchmal zu
einer erstaunlichen Monumentalität. Wie-
der Courbet als Grunderlebnis. Wie mußte
der auf den tschechischen „Erdgeist“ wir-
ken, und wie in ihm so auch in Purkyne
ein Tag- und ein Traumrealismus. Am ein-
drucksvollsten der,,politisierende Schmied“,
eine machtvoll-organisierte Leinwand, un-
umstößlich in Farbe und Form, und jene
Stilleben, in denen sich — wie in den zwei
hängenden Auerhühnern — ein echter Mo-
numentalstil ankündigt. Nur ankündigt —
denn solche Herolde holt die Natur meist
bald zurück. Er starb, unbekannt, höchstens
angefeindet, im Alter von 34 Jahren. Pinkas
(1827—igoi) pendelt zwischen Realismus
und Romantik, bleibt im Genre stecken,
kommt da aber zu ansehnlichen Nuancie-
rungen. Barvitius (1834—1902) ist ein sym-
pathischer Kleinmeister, der in seiner Früh-
zeit seine besten Sachen schuf. Im robu-
steren Jahrhundertende versagte er — da
wo Purkyne mächtig begonnen hätte.
Schürer.
STUTTGART
Zum Gedächtnis des 25. Todesjahrs des
schwäbischen Malers Theodor Schüz
(1830—igoo) hat das Kunsthaus Schaller
eine kleine Sammlung von Bildern dieses
Malers vereinigt, die bisher noch nicht ge-
zeigt wurden, und die eine willkommene
Ergänzung der Ausstellung „Schwäbische
Kunst des ig. Jahrhunderts“ bilden. Dieser
Schüz war eine echte Malernatur; welche
Fähigkeiten in ihm steckten, zeigt z. B.
die breit hingemalte, der früheren Zeit an-
gehörende Studie eines sitzenden Bauern-
mädchens, die von einei- schönen Geschlos-
senheit des Kolorits ist. Auch ein kleines
Bild „Sonntagmorgen“, 1850 entstanden, geht
in außerordentlich fortgeschrittenerWeise
dem Lichtproblem nach und sucht den
Reiz eines von Sonne beschienenen Ge-
sichtes festzuhalten. Der gleichen Periode
gehört ein flottgemalter Bauernhof an. Über-
haupt sind die Bilder der frühen Zeit, wie
bei vielen deutschen Malern, frisch und
vielversprechend, münden aber schließlich
mehr und mehr in eine gute Durchschnitt-
lichkeit. Schüz ist am stärksten in seinen
Landschaften; an diesen läßt sich auch die
Entwicklung seiner Malerei am besten ver-
folgen, die anfänglich breit und weich im-
mer spritziger, aber auch härter wird. Doch
vermag er in den späteren Gemälden, wie
der „Landschaft mit Badenden“ (1885),
„Rast im Grünen“ (i8g7) oder dem präch-
tigen „Maintal“ (i8g2), den schon früher
angeschlagenen farbigen Zusammenklang
noch einheitlicher und voller zu gestalten.
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