satz an Felletiner Wirkereien nicht gering gewesen sein kann. Wenn trotzdem
die urkundlichen Belege nur schwach fließen, so erklärt sich die Tatsache aus
dem einfachen Grunde, daß von den Familiendokumenten und Inventaren
des Kleinadels nur sehr geringe Bruchstücke auf uns gekommen sind. Die
einzige Mobilienaufstellung von Bedeutung ist die der Herzogin von Valen-
tinois, Charlotte d’Albret, der Witwe des Cesare Borgia, vom 12. Mai 15141.
Wir finden nicht weniger als rund 75 Felletinbehänge. Die meisten sind grobe
Verdüren „de tapisserie de Felletin ä feullage“. Charakteristischer ist schon
eine Folge (10 Behänge) „a champ dore, ä verdure, feullaige et bestes“; an
Stelle des goldgelben Grundes erscheint auch ein grünbrauner Fond (22 Be-
hänge). Die beliebten „tapis limoges“ (Wirkereien mit verschiedenfarbigen
Streifen) verkörpert die 7 Teppiche umfassende Serie „de tappicerie aussi
de Felletin, deux cielz (gewirkte Betthimmel) ä menuz feuillages (aufgestreute
Blumen und Gezweig) sur bandes rouges, blanches et vertes“. Die Figuren-
teppiche figurieren unter der Bezeichnung „haute lisse“, ein Beweis — wenn
es dessen noch bedürfte —, daß die Felletinbehänge, wie überhaupt die Er-
zeugnisse der Marche auf dem tieflitzigen Gezeug entstanden sind. Die ab-
norm große Zahl der Felletinbehänge überrascht. Die Verbindung der Her-
zogin oder des Schlosses de la Motte-Feuilly, das die Folgen barg, mit Felle-
tin ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Ob der Wirkereiverwalter Charlottes,
Baudet des Bources, aus der Marche kommt, ist zum mindesten fraglich.
Leidei fehlt jede Nachricht, welchem Spezialatelier die Teppiche der Her-
zogin entstammen. Jean Beraigne siedelt 1473 nach Riom über, das ihm
Steuerfreiheit in Aussicht stellt; ein Anthoine du Puy-Judault ist noch 1530 in
Felletin tätig, der Vater des 1500 geborenen Jehean de Ribeyrey, der 1530
in Pontgibaud ansässig ist, betreibt zu Ende des 15. Säkulums eine nen-
nenswerte Manufaktur, Simon Darquet und dessen Sohn Antoine Darquet
finden 155g urkundliche Erwähnung, um 1547 liefert ein nicht näher be-
nannter Felletiner Meister der Sakramentsbruderschaft von Sankt Peter zu
Saumur „deux aultres pieces de tapisserie de Filtin oü sont deux histoires de
sainct Pierre et Symon Magus“. Um 1560 äußert sich Evrard d’Ahun
— der Chronist der Marche — in etwas ruhmrediger Weise: „La
plus eminente et la populeuse de toutes les villes de notre contree
est Felletin, maintenant exaltee sur toutes les autres, tant pour l’opulence de
richesses qui est enclose dans icelle, que pour ses honorables bourgeois
d’une excellente et constante vertu en la vraie religion“ — Felletin war im
Gegensätze zu Aubusson eine rein katholische Stadt — „et aussi est habitee
d’un grand nombre d’artisans de diverses officines et meme en l’art buphique
(Gerbereien) et lanifiques (Tuchmachereien), et autres ouvrages ingenieux de
tapisseries textile de diverses forfilures (parfilures ?, Fadenarbeit) et couleurs
en haute et basse lice...“ Selbst vorausgesetzt, daß das Glaubensbe-
kenntnis des alten Geschichtsschreibers eine gewisse Voreingenommenheit
gegen Aubusson bedingt, läßt sich die Überlegenheit Felletins, soweit das
16. Jahrhundert in Frage kommt, doch nicht abstreiten. Für die Annahme
spricht auch die Tatsache, daß König Karl IX. im Juni 1567 der Stadt eine
„bourse consulaire“ zugesteht, bereits vier Jahre nach Verleihung der gleichen
Gerechtsame an die Metropole Paris „attendu que ladicte ville (Felletin) est
des plus marchandes de tout nostre pays de la Marche...“ Mit dem Nieder-
gange der Stadt verschwindet die Einrichtung. Erst verhältnismäßig spät er-
scheinen die Bildwirkereien Felletins in den zeitgenössischen Zoll- und
1 Edmond Bonnaff6, Inventaire de la duchesse de Valentinois, Charlotte d’Albret.
Paris 1878.
928
die urkundlichen Belege nur schwach fließen, so erklärt sich die Tatsache aus
dem einfachen Grunde, daß von den Familiendokumenten und Inventaren
des Kleinadels nur sehr geringe Bruchstücke auf uns gekommen sind. Die
einzige Mobilienaufstellung von Bedeutung ist die der Herzogin von Valen-
tinois, Charlotte d’Albret, der Witwe des Cesare Borgia, vom 12. Mai 15141.
Wir finden nicht weniger als rund 75 Felletinbehänge. Die meisten sind grobe
Verdüren „de tapisserie de Felletin ä feullage“. Charakteristischer ist schon
eine Folge (10 Behänge) „a champ dore, ä verdure, feullaige et bestes“; an
Stelle des goldgelben Grundes erscheint auch ein grünbrauner Fond (22 Be-
hänge). Die beliebten „tapis limoges“ (Wirkereien mit verschiedenfarbigen
Streifen) verkörpert die 7 Teppiche umfassende Serie „de tappicerie aussi
de Felletin, deux cielz (gewirkte Betthimmel) ä menuz feuillages (aufgestreute
Blumen und Gezweig) sur bandes rouges, blanches et vertes“. Die Figuren-
teppiche figurieren unter der Bezeichnung „haute lisse“, ein Beweis — wenn
es dessen noch bedürfte —, daß die Felletinbehänge, wie überhaupt die Er-
zeugnisse der Marche auf dem tieflitzigen Gezeug entstanden sind. Die ab-
norm große Zahl der Felletinbehänge überrascht. Die Verbindung der Her-
zogin oder des Schlosses de la Motte-Feuilly, das die Folgen barg, mit Felle-
tin ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Ob der Wirkereiverwalter Charlottes,
Baudet des Bources, aus der Marche kommt, ist zum mindesten fraglich.
Leidei fehlt jede Nachricht, welchem Spezialatelier die Teppiche der Her-
zogin entstammen. Jean Beraigne siedelt 1473 nach Riom über, das ihm
Steuerfreiheit in Aussicht stellt; ein Anthoine du Puy-Judault ist noch 1530 in
Felletin tätig, der Vater des 1500 geborenen Jehean de Ribeyrey, der 1530
in Pontgibaud ansässig ist, betreibt zu Ende des 15. Säkulums eine nen-
nenswerte Manufaktur, Simon Darquet und dessen Sohn Antoine Darquet
finden 155g urkundliche Erwähnung, um 1547 liefert ein nicht näher be-
nannter Felletiner Meister der Sakramentsbruderschaft von Sankt Peter zu
Saumur „deux aultres pieces de tapisserie de Filtin oü sont deux histoires de
sainct Pierre et Symon Magus“. Um 1560 äußert sich Evrard d’Ahun
— der Chronist der Marche — in etwas ruhmrediger Weise: „La
plus eminente et la populeuse de toutes les villes de notre contree
est Felletin, maintenant exaltee sur toutes les autres, tant pour l’opulence de
richesses qui est enclose dans icelle, que pour ses honorables bourgeois
d’une excellente et constante vertu en la vraie religion“ — Felletin war im
Gegensätze zu Aubusson eine rein katholische Stadt — „et aussi est habitee
d’un grand nombre d’artisans de diverses officines et meme en l’art buphique
(Gerbereien) et lanifiques (Tuchmachereien), et autres ouvrages ingenieux de
tapisseries textile de diverses forfilures (parfilures ?, Fadenarbeit) et couleurs
en haute et basse lice...“ Selbst vorausgesetzt, daß das Glaubensbe-
kenntnis des alten Geschichtsschreibers eine gewisse Voreingenommenheit
gegen Aubusson bedingt, läßt sich die Überlegenheit Felletins, soweit das
16. Jahrhundert in Frage kommt, doch nicht abstreiten. Für die Annahme
spricht auch die Tatsache, daß König Karl IX. im Juni 1567 der Stadt eine
„bourse consulaire“ zugesteht, bereits vier Jahre nach Verleihung der gleichen
Gerechtsame an die Metropole Paris „attendu que ladicte ville (Felletin) est
des plus marchandes de tout nostre pays de la Marche...“ Mit dem Nieder-
gange der Stadt verschwindet die Einrichtung. Erst verhältnismäßig spät er-
scheinen die Bildwirkereien Felletins in den zeitgenössischen Zoll- und
1 Edmond Bonnaff6, Inventaire de la duchesse de Valentinois, Charlotte d’Albret.
Paris 1878.
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