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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Witthaus, Werner: Der Schöne Leuchter: zu den Entwürfen von Fritz August Breuhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0139

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ENTWURF: F.A.BREUHAUS

• WANDLEUCHTER« MESSING

DER SCHÖNE LEUCHTER

ZU DEN ENTWÜRFEN VON FRITZ AUGUST HREUHAUS

Sinnfälligkeit und deren treue Schwester, die
Form, finden in dem schönen Leuchter eine
liebenswürdige und bedeutsame Arabeske. Wie
wir auch das sinnliche Bild des Daseins begrei-
fen wollen, als Wahrheit oder nicht minder auf-
richtigen Irrtum, das Licht ist fast die einzige
Voraussetzung dieses Gesichts. Seine Strahlen
lassen das Nichts aufleuchten. Seine Strahlen
geben dem Geschöpf erst Gestalt. Die Erschei-
nung und alle Möglichkeiten, die uns auf Erden
ausgeliefert sind, leben nur unter der verliebten
oder peinigenden Gloriole des Lichts.

Mythos, Religion, Symbolik sehen denn auch
im Feuer, im Licht ihr gewaltiges Zeichen. Und
der heilige Leuchter strahlt immer wieder im
Mittelpunkt priesterlicher Handlung.

Das Licht ist der Geselle des Gedankens,
das Schicksal des Körpers, ohne das er nur
Schatten wäre. Der schöne Leuchter ist das
freundliche Gestirn verhangener Nächte, die
Fackel, die uns begleitet bis zum Katafalk des
Todes; Wegweiser der Einsamkeit, Genosse
der Arbeit, Behüter des Schlafs, Strahlenglanz
über glücklichen Festen. Gütig und unbeirrbar
gießt er sein Licht über alles Ereignen, über
Verzweiflung und Freude gleichwohl. —

Aber lieblos zusammengestückelt oder in der
Form entstellt, wird er zum Krüppel, zur Gro-
teske. Und nicht nur zur Groteske an sich,
sondern er wirft auch über seine Umgebung
den Schatten des Unzulänglichen. Der häßliche
Leuchter ist wie der protzige elende Ring. Mag
die Hand auch fein sein, der dieser Ring gehört;

er wird sie verrohen, und er wird, indem sie
ihn trägt, die Feinheit der Hand zur Lüge wer-
den lassen. Er wird das dumpfe und ungepflegte
Empfinden des Menschen verraten, der den
Ring an der Hand nicht verachten kann. Ähn-
lich ist es mit dem Leuchter. Er ist die Seele
des Raums. Denn sein Licht läßt den Raum
erst gegenwärtig sein, absehbaroder zerfließend,
jedenfalls aber möglich. Mit dem Licht wohnt
der Mensch im Raum. Und das ist eins der
ungeheuerlichsten Gespräche; wie der Mensch
nämlich das Licht einstellt, und wie er sich da-
mit oft verrät.

Zwar ist es nicht immer die Laterne des Dio-
genes, die der Künstler in das Haus des Kunst-
freunds hängt. Aber der wahre Künstler wird
doch innerlich dem Adel des Lichts sich so ver-
pflichtet fühlen, daß ihm nur der schöne Leuch-
ter gelingt, und mit dem schönen Leuchter ein
kleines und oftmals doch wieder großes Stück
Architektur.

Fritz August Breuhaus ist einer von diesen
wenigen Künstlern, die an dem scheinbar
gleichgültigen, in Wirklichkeit aber höchst be-
deutsamen Requisit des menschlichen Daseins
nicht achtlos vorübergehen. Er hat auch den
schönen Leuchter erkannt als ein unendlich
reiches Ding, als ein Lichtsystem im Raum, das
seine eignen, wundersamen Gesetze hat. Und
wie er auch den Leuchter gestaltet, der Leuch-
ter geht aus der Werkstatt hervor als ein gan-
zes Geschöpf, als ein Kunststück, das mit sei-
nem Zweck den Vorteil verbindet, vollkommen

XXX. November 1920. 6*
 
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