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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Horst-Schulze, Paul: Der Maler Ewald Vetter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0237

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EWALD VETTER—ASCHAU

»SELBSTBILDNIS II«

DER MALER EWALD VETTER

VON HORST-SCHULZE

Menschen, die schon in früher Jugend für
ihre Anlagen leiden und kämpfen müssen
und dadurch schon früh Wege spüren, stehen
fast immer später mit selbstverständlicher Be-
harrlichkeit fest, überstehen Not und Anfech-
tung mit ganz anderer innerer Berechtigung, bis
ihre Stunde da ist. Ein Solcher ist Ewald
Vetter. — Es ist unnötig, hier über Jugend und
chronologisches Geschehen zu reden, aber es
ist freudevoll, die Kurve inneren Lebens und
Weitertreibens durch alles zu fühlen.

Wer früh lernen muß, in den Gesichtern der
Angehörigen und Gleichgültigen drohende Ge-
witter und Gefahr zu lesen und erfühlen, spart
manches Lehrjahr, wenn in ihm eben die große
Gabe des Darstellungswillens schlummert.

Ewald Vetter mußte ein Akademielehrjahr
genügen, dann wurde er in den Krieg geworfen,
mit dem Gefühl ihn überstehend, daß seine

Stunde kommt. Unverletzt an Leib und Seele
kam er auch wieder heim.

Ein gesuchter Porträtmaler in seiner rheini-
schen Heimat, ist er, wie Leibi aus Paris, ge-
flüchtet in seine Wahlheimat Südbayern, schon
in bitterer innerer und schließlich äußerer Not.

Da kämpft er nun mit dem Geiste, der in ihm
erwacht, der in seiner Brust wächst und sich
ausbreitet, ihn fast erstickt. Er bekämpft ihn,
weil er ihn noch nicht fassen kann, noch nicht
erkennt, daß es die große Gnade ist, aus dem
begabten Maler den Künstler und Schöpfer zu
erwecken. So sprengt er Hülle um Hülle, die
allzu enge Erziehung um ihn gelegt hat. Wie
beim Vorgang des Schaffens jeden Werkes der
erste Wille so übermenschlich Großes erhofft,
Zeugungskräfte für neue Welten in sich fühlend,
bis er geläutert und gebändigt, auch noch durch
das handwerkliche Müssen als Bild vor uns

XXX. Januar 1927. 3
 
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