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Die Gartenkunst — 11.1909

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Zahn, F.: Die geschichtliche Entwickelung der königlichen Gärten Potsdams: nach dem Vortrag, gehalten auf der Hauptversammlung in Potsdam am 27. Juli 1908, [1]
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Heicke: Wettbewerbsergebnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0057

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XI, 3

DIE GARTENKUNST.

53

das chinesische Häuschen; als dritter Hauptteil den
Sanssoucipark auf dem Gelände des ehemaligen
Rehgartens — endlich als vierten die Anlagen um das
Neue Palais.
Erscheint nicht alles wie aus einem Guß? Es ist
dem Gesamtbild nicht anzusehen, daß es, fast möchte
ich sagen, zusammengeflickt ist. Als die Weinterrassen
projektiert wurden, als auf des Berges Kuppe das
Schloß entstand, dachte der große König noch nicht
im entferntesten an eine so gewaltige Vergrößerung;
ließ er doch nach Westen zu durch eine Mauer den
Sanssoucigarten abschließen (Abb. 3) und nachdem
diese kaum vollendet zum größten Teil wieder ab-
brechen zur Aufhebung der Trennung der beiden
Teile (1763).
Hat uns der Sanssoucigarten durch seine streng
regelmäßige Einteilung, durch seinen achsgemäßen
Aufbau, seine Sternalleen, Hecken usw. Anklänge an
französische Gartenschöpfungen gezeigt, so ist die An-
lage um das chinesische Häuschen und vor allem dieses
selbst ein Beweis des Einganges der englisch-chinesischen
Gartenkunst, der Landschaftsgartenkunst, die uns auch
in den Anlagen auf dem Höhneberge, dem jetzigen
Ruinenberg, entgegentritt und hier in der Errichtung
einer künstlichen Ruine ein charakteristisches Beweis-
stück für die Zeit seiner Entstehung bietet. Der An-
lagen am chinesischen Häuschen möchte ich noch mit
einigen Worten gedenken. Ich bitte zu vergleichen
die alte Anlage mit dem Häuschen als Mittelpunkt
und von ihm sternförmig ausgehend die drei Achsen,
die andererseits wieder kräftig und wirksam auf das-
selbe hinweisen und dem gegenüber das heutige Aus-
sehen der Umgebung, die diesen Hinweis vermissen
lässt. Der Teil um das chinesische Häuschen müßte,
man gestatte mir diese moderne Bezeichnung, ein
„Sondergarten“ bleiben, durfte schon des gänzlich
abweichenden Gebäudecharakters wegen nicht mit dem
übrigen Park verschmolzen werden, dann würde auch
das Kapriziöse, was in ihm lag, wieder zur Geltung
kommen und nicht als Fremdling würde das Gebäude
angeschaut werden.
Wir kommen zum Rehgarten, dem Sanssoucipark.
Der Blick auf den Plan zeigt uns in der Wegeführung
eine eigenartige Verquickung der regelmäßigengeometri-
schen Formen mit den Kurven in freier Linie. Es
ist, als habe sich der Gartenkünstler, der bis dahin
gewohnt war mit Zirkel und Lineal zu arbeiten, noch
nicht losreißen können von den ihm in Fleisch und
Blut übergegangenen konstruktiven Linien; es ist, als
gehorche er widerwillig einem unbequemen Zwang, sich
anpassen zu müssen an neue Formen. Nicolai schildert
in der Beschreibung der königlichen Residenzstädte
Berlin und Potsdam 1786 den Park so: „ein Wald,
der nur durch die Kunst etwas gelüftet und geordnet
ist, und eine Menge Fasanen enthält.“ (Schluß folgt.)

W ettbewerbsergebnisse.
Über den Wert und Nutzen von Wettbewerben zu streiten
— d. h. ihren Wert und Nutzen bestreiten zu wollen, muß
als ein bedenkliches Zeichen von Kurzsichtigkeit, vielleicht in
manchen Fällen sogar von Böswilligkeit angesehen werden.
Manche Erscheinungen, die sie im Laufe der Jahre gezeitigt
haben, können als unerfreulich bezeichnet werden — ihr Nutzen
und allgemeiner Wert ist aber unbestreitbar. Darüber wollen
wir keine Worte verlieren.
Ihr Nutzen ist zweierlei Art; je nachdem ob man bei
seiner Abwägung mehr den Wettbewerbsveranstalter oder die
einen Wettbewerb bestreitenden Künstler im Auge hat. Bei
den letztem ist man naturgemäß geneigt, zunächst an den
baren Gewinn der Preisträger zu denken. Wenn die Höhe
der ausgeworfenen Preise einigermaßen der Bedeutung der ge-
stellten Aufgabe entsprochen hat, so haben sie wenigstens ihre
baren Unkosten vergütet bekommen. Aber neben ihnen geht
eine große Anzahl Mitarbeiter leer aus, alle diejenigen, die
nichts bekommen. Man sagt, ein Wettbewerb sei eine Art
Lotterie, um anzudeuten, daß die Aussichten, einen Preis davon
zu tragen, doch meist recht geringe sind. Unter diesem
Gesichtswinkel betrachtet, möchte ich behaupten — die Aus-
sichten sind noch viel, viel geringer als bei einer Lotterie!
Und eigentlich hat so ein Wettbewerb beinahe etwas Un-
moralisches an sich. Nicht beinahe — sondern ganz bestimmt.
Eine Lotterie ist ein Glücksspiel, bei dem der Veranstalter die
Neigung vieler Menschen, vom blinden Zufalls etwas zu erhoffen,
ausbeutet, um für sich einen Nutzen zu erzielen, für den er
keine entsprechende Gegenleistung bietet. Und das ist un-
moralisch und es lassen sich Lotterien nur rechtfertigen, wenn
sie einem idealen Zweck dienen oder als staatliche Einrichtung
eine Art Sicherheitsventil für die Spielleidenschaft der Menschen
bilden. Ihre Veranstaltung ist daher auch von staatlicher Ge-
nehmigung abhängig gemacht worden.
Einen Wettbewerb kann jeder veranstalten und es bleibt
ganz seinem Ermessen anheimgestellt, seine Bedingungen nach
Gutdünken festzusetzen. Man wird einwenden, es braucht
sich ja niemand daran zu beteiligen. Es braucht sich auch
niemand ein Los zu nehmen — und es tun dies, gereizt durch
die Gewinnaussichten, doch alljährlich Unzählige. Und dabei
handelt es sich um einen Einsatz von ganz geringem Wert,
einige Mark gewöhnlich Dagegen beim Wettbewerb, welche
Summen an Geld, Zeit, Arbeitskraft, muß jeder einzelne Teil-
nehmer als Einsatz aufwenden. Und wie steht es mit der in
den ausgesetzten Preisen sich ausdrückenden Gegenleistung
des Veranstalters? Sie ist außerordentlich niedrig; sicher im
Verhältnis viel niedriger wie die Summen, die der Lotterie-
veranstalter an Gewinnen aussetzen muß.
Beim Berliner Schillerpark-Wettbewerb z. B. liefen 105 Ent-
würfe ein. An Preisen war ausgesetzt der Betrag von 10000 Mk ;
durchschnittlich kam also noch nicht der Betrag von 100 Mk.
auf die einzelne Arbeit. Wir wollen aber, um keiner Über-
treibung geziehen zu werden, uns nur auf die nach wieder-
holten Sichtungen für die engste Wahl verbliebenen fünf
Entwürfe beschränken. Bei einer Anlagesumme von 660000 Mk.
hätte nach der von der D. G. f. G. analog der Architekten-
norm aufgestellten Gebührenordnung ein Honorar von 8250 Mk.
für die Arbeit gefordert werden können, wenn die Stadt
Berlin einzelne Künstler mit der Ausarbeitung von Entwürfen
beauftragt hätte; dabei habe ich die gelieferte Arbeit nur
als Vorentwurf nach § 28 a bewertet. Bei fünf Arbeiten
ergibt sich hiernach ein Betrag von 41250 Mk. Durch die
Veranstaltung des Wettbewerbes hat sich also die Stadt Berlin
den Vorteil verschafft, anstatt dieses Betrages kaum den vierten
Teil aufwenden zu müssen, um fünf gute aus 105 Arbeiten
sorgfältig herausgesiebte Entwürfe für den Schillerpark zu
erlangen.
Wei' sich dieses Mißverhältnis zwischen Leistung und
Gegenleistung klar gemacht hat, wird mir recht geben, wenn
ich vorhin sagte, diese Wettbewerbe haben etwas Unmorali-
 
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