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364 Schriften über die Albigenser u. Waldenser von Schmidt u. Herzog.
eine Einheit zurückzuführen suchte, indem man die absolute Einheit in
eine relative umwandelte, wie dieses bei den Bogomilen und den Katha-
rern von Concorezo geschah, war bei dem grossen Widerspruche, den
die Lehre von den zwei absoluten Urgründen in der römisch-katholischen
Kirche fand, und bei der wüthenden Verfolgung, welche sie traf, ganz
natürlich. Etwas, das Jahrhunderte lang unter verschiedenen Völkern und
Zuständen fortdauert, muss sich nach diesen nothwendig modificiren und
ändern. Das Wesentliche des alten Manichäismus hat sich am reinsten im
absoluten Dualismus der Katharer erhalten.
Wenn wir auch mit Gieseler annehmen, dass die Paulicianer von
den syrischen Marcioniten stammen, so finden wir doch wichtige Ueber-
einstimmungspunkte zwischen den ersten und den alten Manichäern, wie
aus den Zeugnissen des Petrus Siculus (um 870 n. Chr.) in seiner
historia Manichaeorum und des Photius adversus Paulianistas s. recentio-
res Manichaeos erhellt. Wir erinnern an die Annahme eines guten und
bösen Grundwesens, zweier Welten, an die Verwerfung der Taufe und
des Alten Testamentes, an den himmlischen Leib Jesu, an ihre Verwer-
fung der Hierarchie u. s. w. Es ist bekannt, welch eine bedeutende Rolle
die Paulicianer im griechischen Kaiserreiche spielten, und durch sie allein
schon erklärlich, dass, als die Abendländer mit den Morgenländern durch
die Kreuzzüge in nähere Berührung kamen, die Anhänger der alt-mani-
chäischen Ueberreste im Abendlande unter den Paulicianern verwandte Ge-
danken finden musste. So konnte man wohl auch, worin alle Nachrich-
ten des Mittelalters übereinstimmen, leicht auf orientalische Emissäre des
Manichäismus stossen. Auch hat sich der alte Manichäismus sicher im
Orient erhalten, da man lange Zeit hindurch den Paulicianismus sogar für
eine blosse Reform des Manichäismus gehalten hat.“ Viel Lehrreiches ent-
hält die äussere Geschichte der Katharer. Wie man schon im Anfänge
mit denselben umging, zeigt die Behandlung dieser Ketzer in Orleans
(1022). Sie wurden durch einen Verräther, der sich in ihre Versamm-
lungen schlich, angegeben. Das Unsinnigste und Unglaublichste wurde
ihnen zum Vorwurfe gemacht, alle Hauptketzer wurden verbrannt, und
Constanze, die Gemahlin des guten Königs Robert, schlug selbst
vor der Hinrichtung ihrem Beichtvater Stephan, der zu diesen Ketzern
gehörte, mit einem Stocke das Auge aus (I., 31).
Der Schwärmer Tanchelm, der sich 1115—1124 in den Nie-
derlanden herumtrieb , gegen Kirchen, Sacramente und Priester zu Felde
zog, selbst sein Badewasser als heilig unter seine Anhänger vertheilte,
und zuletzt von einem Priester erschlagen wurde, dessen Thaten I., 45
 
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