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432

Rechtsgeschichte Italiens.

ganze Auffassung des italiänischen Rechts davon abhängt, ob man die
Fortdauer des römischen Rechts für die Provinzialen annimmt, oder aner-
kennt, dass durch die Mischung des römischen und longobardischen Rechts
ein neues Recht sich ausbildete oder wenigstens in manchen Verhältnissen
das longobardische Recht das römische Recht verdrängte. Diese letzte An-
sicht theilt der Verf. dieser Anzeige; er findet es leicht, durch Urkunden
nachzuweissen, dass auf dem flachen Lande und in den von den Longo-
barden angelegten oder von ihnen besetzten Kastellen nur das Iongobar-
dische Recht galt, dass seine Einrichtungen und Rechtsansichten bald die
ganze Rechtsübung durchdrangen und dass römische Verwaltungs- und
Gerichlseinrichtungen nunmehr verschwanden und die Geistlichen selbst
es gerathen fanden, ihre weltlichen Angelegenheiten nach lombardischem
Rechte zu ordnen. Der Verf. weist nun gut nach (p. 117), welche
Wirkungen in dem Rechtszustande durch die Herrschaft der Franken in
Italien erzeugt wurden. Im Kapitel über die Gesetze der Barbaren spricht
der Verf. kurz von den Sammlungen der einzelnen Völker; wir bedau-
ern, dass der Verf. nicht den Geist der Edikte der einzelnen longobar-
dischen Könige entwickelt und die wichtigsten longobardischen Einrich-
tungen hervorhob; er handelt fp. 127) richtig von der Persönlichkeit
der Rechte, und von der später eingeführten professio juris. Es würde
hier passend gewesen sein, wenn der Verf. (z. B. ausMorbiostorie delle muni-
cipi italiane), wo viele Urkunden dieser Art vorkommen, die Rücksichten zu-
sammengestellt hätte, nach welchen die professio erfogl. Es würde daraus
sich ergeben haben, wie immer seltner die professio des römischen Rechts
vorkam und immer häufiger im X.—XIII. Jahrhundert die Einwohner nach
der lex longobardorum leben zu wollen erklärten. Merkwürdig ist hier
eine Urkunde in den Monumentis historiae patriae I. p. 286:—407, in
weloher Jemand nach der lex Italiae lebt, was entschieden die lex lon-
gobardorum bedeutet.
Eine gute Darstellung gibt der Verfasser (p. 129 ff.) von dem
Feudalismus, und bemerkt wohl mit Recht, dass, wenn man Piemont we-
gen seiner Verhältnisse zu Frankreich und Sicilien wegen des Einflusses
der Normanen ausnimmt, im übrigen Italien der Feudalismus nicht so tief-
eingreifend sein konnte, als in anderen Ländern, so dass sich je in Italien
die Giltigkeit des Satzes: nulle terre sans seigneur nicht nachweisen lässt.
Als Ursachen dieses eigenthümlichen italiänischen|Verhältnisses gibt der
Verfasser an: den fortdauernden Einfluss des römischen Rechts und den
demokratischen Charakter der italiänischen Gemeinden.
(Schluss folgt.)
 
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