Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

DOI Artikel:
Der Amateur-Photograph
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0048

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Amateur-Photograph.

32

Italien...... 4 Aussteller

Dänemark.3 „

Ungarn.3 „

Spanien, Türkei und
Japan je ... . 2 ,,

Portugal u. Rumänien
je. ..... . 1

Die Ausstellung ist also im wahrsten
Sinne des Wortes eine internationale.

Wer hat in dieser Abteilung das Vor-
züglichste geleistet? Eine einwandsfreie
Antwort hierauf zu geben ist bei der Riesen-
menge ausgezeichneter Arbeiten unmöglich.
Freilich besteht kein Zweifel darüber, daß
als Kollektiv-Ausstellung derWiener Camera-
Club den Vogel abschoß. Jeder — auch
wer, wie Verfasser, keineswegs ein unbedingter
Anhänger der von genanntem Club verfolg-
ten Richtung ist — muß ohne Weiteres zu-
geben, daß die Mitglieder des Clubs mit
eisernstem Fleiß und allergrößtem Geschick
die sich entgegenstellenden Hin-
dernisse überwunden und ihr
Ziel erreicht haben. Ein so
zielbewußtes Schaffen findet sich
kaum irgendwo anderwärts —
in Berlin, wo man auf diesem
Gebiete noch viel zu lernen hat,
ganz gewiß nicht.

Hier Namen zu nennen,
wäre überflüssig, da dieselben
ohnehin genugsam bekannt sind.

Die beiden Rothschild, Buschbeck,

Henneberg, Stockert, Schneller,

Strakosch, Bergheim, Mallmann,

Loehr, Obermayer und zahl-
reiche andere bringen in Por-
trät, Landschaft und Sittenbild
so Eigenartiges und Schönes,
daß man allein diesen Abschnitt
der Ausstellung tagelang stu-
dieren möchte. Baron Nathaniel
von Rothschild ließ sich nicht
die Mühe verdrießen, die ans
Wien gesendeten Bilder selbst
aufzuhängen. Durch geschmack-
volle Anordnung derselben wird
die Wirkung wesentlich erhöht. Leider kamen
hierbei die Prächtigen eigenen Aufnahmen
N. v. Rothschilds in den dunkelsten Winkel.

Biel bemerkt sind auf der Ausstellung
mehrere Bilder von Kühn (Innsbruck), der
ebenfalls Mitglied des Camera-Clubs ist.
Kühn benutzt, ebenso wie mehrere andere
Mitglieder des Clubs, das Pigment-Gummi-
Berfahren. Genaueres über dies interessante
Verfahren hier mitzuteilen, würde uns viel
zu weit führen. Wir müssen in Bezug auf
diesen Punkt auf einen Aufsatz verweisen,
der im Oktober-Heft (1896) der „Photo-
graphischen Rundschau" erschienen ist. Kühn
vervollkommnete genanntes Verfahren in
bemerkenswerter Weise. Wenn es das End-
ziel der künstlerischen Photographen ist,
Bilder zu erzeugen, die an alles andere,
nur bei Leibe nicht an eine photographische
Aufnahme erinnern, so hat Kühn dies Ziel
in glänzendster Weise erreicht. Nur will
uns bedünken, daß wir es in vorliegendem
Falle weniger mit Werken des Photographen
als des Malers zu thun haben. Der Pig-
ment-Gummidruck gestattet nämlich während
der Entwickelung der Bilder die Anwendung
des Pinsels in besonders reichlichem Maße.

Neben den Werken des Wiener Clubs
fanden im Ehrensale der Berliner Ausstellung
die Arbeiten des Photo-Clubs in Paris
Aufstellung. Auch hier sehen wir sehr Her-
vorragendes, z. B- von Demachy, Bucquet

und (anderen. In der Gesamtwirkung
reichen diese Arbeiten an diejenigen des
Wiener Clubs allerdings nicht heran. Die
Dutzende von Porträts, welche Mazibourg
einsendete, gehören eigentlich in den Schau-
kasten eines Fachphotographeu. Recht be-
merkenswerte Sachen, auch zahlreiche Akte,
bringt Graf Thsziewicz (Paris).

England ist mit 39 Ausstellern in treff-
licher Weise vertreten; wir nennen nur
Lord Maitland, Ashton, Cunningham, Wel-
sord, Crooke u. s. w. In der amerikanischen
Abteilung glänzen u. a. Alfred Stieglitz
uud Post, in der italienischen A. Nuffo (Rom),
in der russischen Mazibourg, in der nieder-
ländischen Vanderkindere und andere.

In der überaus reich beschickten deutschen
Abteilung gebührt Böhmer (Oppeln) der
erste Platz. Auch Scharf (Crefeld) bringt
wieder Ausgezeichnetes, ebenso Arniug (Ham-
burg) und Mielhe (Braunschweig). In

Berlin fehlen einheitliche, künstlerische Be-
strebungen noch vollständig. Abgesehen
von einigen tüchtigen Kräften, wie Treue,
Lewinsohn und Frau Alma Lessing, sind
hier die Leistungen recht mäßig. Am See-
strande gegen die hinter Wolken stehende
Sonne gefertigte Unterexpositionen, soge-
nannte Mondscheineffekte, werden immer
noch viel bewundert und für das Höchste
auf künstlerischem Gebiete gehalten.

Nicht wegen ihrer künstlerischen Eigen-
art, sondern wegen des dargestelltcn Gegen-
standes sind von allergrößtem Interesse die
Aufnahmen des Japaners Kenji Ogura
(Tokio), welcher mit feiner Camera mitten
in das Schlachtengewimmel des chinesisch-
japanischen Krieges drang. Auch die auf
die Andröesche Nordpol-Expedition sich be-
ziehenden Spitzbergen-Aufnahmen des Ber-
liners Lützen verdienen volle Aufmerksamkeit.

Ein Zweig der künstlerischen Photo-
graphie wird gegenwärtig immer noch so
gut wie ganz vernachlässigt: die Darstellung
von Scenen aus dem täglichen Leben, wie
sie der Photograph nur erhaschen kann,
wenn er, ausgerüstet mit einem möglichst
wenig auffälligen Apparate, sich in das Ge-
wühl der Großstadt oder auf die ländliche
Dorfstraße oder zu den Arbeitern auf dem
Felde begibt. Derartige im Atelier oder
gelegentlich auf dem Felde gestellte Sitten-
bilder bekommen wir in genügender Menge

zu sehen; aber es sind eben gestellte
Bilder, die ganz hübsch aussehen — wenn
der Photograph das nöhige Zeug dazu hat.
All diesen Lachen fehlt die lebendige Frische,
die den Bildern nur dann auhaftet, wenn
man ins volle Menschenleben hineingreift.
Weshalb fehlen solche Bilder noch fast ganz?
Weil die Herstellung derselben zu den aller-
schwierigsten Aufgaben der Photographie
gehört!

In den Abteilungen für Geschichte der
PH otographie, für wissenschaftliche Aufnahmen
für Photographie in der Kunstwissenschaft
und für Reproduktionsversahren wurde für
die Berliner Ausstellung ein Material zu-
sammengebracht, wie man es noch niemals
beisammen sah. Astronomie, Meteorologie,
Physik, Medizin, Botanik, Zoologie sind
in vorzüglichster Weise vertreten. In der
Farbenphotographie sehen wir nebeneinander
Aufnahmen von Selle, Lippmann, Krone
und Neuhauß. Auch die Ab-
teilungen für Altertumswissen-
schaft, Völkerkunde und Meß-
bildkunst sind sehr reich be-
schickt. Ganze Säle füllt die
Abteilung für Photographie in
der Kunstwissenschaft und im
Knnstgewerbe. In vorzüglich-
ster Weise zur Darstellung ge-
bracht sind die verschiedenen Re-
Produktionsverfahren.

Alles in Allem ist die Ber-
liner Ausstellung ein Merkstein
in der Entwickelung der Photo-
graphie. Wegen der sehr hohen
Kosten und der Schwierigkeiten
bei Beschaffung des notwendigen
Materiales und Raumes wird
eine Wiederholung in diesem
Umfange wohl nicht so bald
statisinden. Wünschenswert

bleibt es allerdings, daß etwa
alle zehn Jahre ein derartiger
Ueberblick über den jeweiligen
Stand der Photographie ge-
geben wird._

Verantwortlicher Ledakteur Vieser Abteilung:
vr. R. Neubauß. Berlin, >V., tandgrafenür. I l

^ ////- ////^

^rr/r»//«7/r er

/»/rer// r/e^ /.

z. />^///. 5^///?//.

6/?//2c-///§<7/////? /)/?§ ///?//.

r/. 6?///?. (7r'rr^^/r>/' er?r§ La/er,»r§ /Hr/r's»a/-

//s//?/./. v ^z?<5c) — z^66^. Zrvrrr^/a/rr^

6. (7/.^ ^5 ^ ^/ere/srr»er ,»//

Ntdakkionsschluß 26. Lcpl. 1896. — ^usgobr 8. Ml. I8W.

Inhalt des zweiten beites: r«n- Thomas
von Szana. Die moderne ungarische Kunst aus
der Millenniums Ausstellung in Budapest (Schluß).
— Herman Helserich. Ein Brief GainS-
boroughs. — Emile Zola. Ein Wort in Sachen
der Kunst. II: Malerei. — Aphorismen. — Per-
sonal- und Ateliernachrichten :c. rc. — Der Ama-
teur-Photograph. — Silderbeikagen: Julius
Benczür. Bildnis Sr. Maj. des Kaisers und
Königs Franz Joses I. — Cornel Spanpik.
Die Bekehrung des heiligen Norbert. — Aladär
Krielch. Der Landtag zu Torda. 1SS7. — Tiham - r
von Margitay. Rach dem Duell.

Die Höllenkhul-Hükke an der Zugspitze.

Herausgeber: Friedrich pecht. — Verantwortlicher Redakteur: Fritz Schwartz.

Druck der Bruckmann'schen Buch- und Kunstdruckerei in München.
 
Annotationen