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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Oettingen, Wolfgang von: Oswald Achenbach: zum siebzigsten Geburtstage des Meisters
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0191

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Gewitterstimmung in der Lampagna. von Vswald Achenbach.

Oswald Achenbach.

Zum siebzigsten Geburtstage des Meisters.


M" ^ s°-

bruar betritt
der große Künstler,
dessen Bildnis dieses
Blatt ziert, das achte
Jahrzehnt seines
Lebens. Allenthal-
ben vereinigen sich
seine Freunde und
Bewunderer, um
den festlichen Tag
durch Glückwünsche
und mancherlei
Ehrungen zu feiern;
so sei ihm denn auch
von der „Kunst für
Alle" das gebüh-
rende Wort der
Begrüßung darge-
bracht!

Nicht jedem Ma-
ler ist es vergönnt,
mit unerschöpfter,
ja unvermindeter Schaffenskraft an der Schwelle des
Alters zu stehen und von dem reichen, schon gethanen
Lebenswerk den Blick getrost und zuversichtlich auf das
noch vor ihm liegende zu wenden. Wäre nicht Andreas
Achenbachs, des um zwölf Jahre älteren Bruders,

Oswald Achenbach

glorioses Beispiel nahe genug zur Hand, wir wüßten
kaum, mit wem wir den Düsseldorfer Jubilar an Frische
und Produktivität vergleichen könnten. Seine Gemälde
erscheinen ja seltener als die kleinen, virtuosen Marinen
des Bruders, aber eine jede dieser italienischen oder
schweizerischen Landschaften bezeugt von neuem die er-
staunlichste Fülle koloristischer Phantasie und eine schlechthin
geniale Fähigkeit, für jedes Motiv den gewünschten
Ausdruck aufs Treffendste zu finden. Der Oswald
Achenbach von heute ist im Können und Wollen derselbe,
der er vor vierzig, vor fünfzig Jahren war.

Nicht, als ob er sich seit einem halben Jahrhundert
wiederholte und wie versteinert denselben Typus im Alter
darstellte, der er in der Jugend war. Aber aus dem
Jugendbildnis des Künstlers blicken uns dieselben Augen
an wie aus dem des Siebzigjährigen, und wir empfinden:
hier schwanden und erschienen Züge und Formen im
Wechsel der Jahre, der Geist jedoch blieb stets derselbe,
er verlor nichts von seiner Frische, indem er reifte.
So spüren wir auch in seinen Werken einen gewissen
Wandel, denselben, der wohl bei allen hervorragenden
Koloristen zu beobachten ist: daß nämlich die Entwicke-
lung ihres malerischen Stils sich in der Richtung auf
das Auflösen aller Lokalfarben in Werte und Töne be-
wegt; als Beispiele dafür seien nur Rubens und Tizian
angeführt. Und nicht anders als diese Erzmeister der
Koloristik sich selber stets treu blieben und mit derselben
Folgerichtigkeit in ihrer Kunst fortschritten, mit der ein

Die AunA für Alle XII. 10. 15 Februar 1847

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