Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

DOI Artikel:
Pecht, Friedirch: Weihnachtsbücherschau
DOI Artikel:
Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen – Denkmäler - Vermischte Nachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Weihnachtsbücherschau.

qi

keine Frage, dag keiner der vielen, bei diesem Blait beschäftigten Künstler solchen
Anteils an ihrem kolossalen Erfolg sich rühmen könne wie unser Oberländer, der
an klassischen Einfällen reichste von allen

Trotz eines solchen Reichtums an Talenten besteht doch alledem in unserer
humoristisch satirischen Kunst unleugbar eine breite Lücke. Sie klafft in der
Politik, in der wir von Engländern wie Franzosen gleich sehr überholt werden.
Solcher Talente wie Daumicr, Cham, Gavarni oder so viele Engländer haben
wir bis heute uns merkwürdigerweise nicht zu rühmen. Und doch bieten wir
gerade da, durch die Richter. Bebel und Liebknecht, wie die Klerikalen und
Agrarier, ja wie den ganzen Reichstag überhaupt, der Karikatur einen so reichen
als dankbaren Stoff! Liegt das nun an der politischen Unfähigkeit der Deutschen
im allgemeinen oder nur an der bekannten Abneigung all unserer Künstler vor
der Politik? Jedenfalls bleibt hier unserer Kunst der Zukunft noch eine ge-
waltige Lücke auszusnllen.

Cottascher Musenalmanach f. d. Jahr 1897. (Stuttgart, Cottas
Nachfolger. Gebd. 6M ) Hier sind die wenigen, übrigens meist recht eleganten
Bilder nur Nebensache; immerhin braucht man sie nur mit den früher üb-
lichen Kupfer- und Stahlstichen zn vergleichen, um zu erstaunen, welchen Fort-
schritt zu grösserer Wahrheit und Unmittelbarkeit unsere Kunst seit einem Viertel-
jahrhundert in all diesen Dingen dank der Photogravhie und ihrer unverfälschten
Wiedergabe der künstlerischen Handschrift gemacht hat. Bon den Fortschritten
unserer lyrischen Dichtung wird dabei allerdings weniger die Rede sein können,
obwohl ein guter Teil unserer berühmtesten heutigen Poeten da mitgethan hat.
Aber wenigstens die den Schluff des Bandes bildenden „Genien", in denen ein
„Quidam" den allermodernsten Dichtern den Krieg erklärt, kann man doch sicher-
lich zum Witzigsten und Schlagendsten rechnen, was einem in neuerer Zeit vor-
gekommen. Diese Genien sind ihrer weltberühmten Goethe-Schillerschen Vorgänger
und Muster nicht unwürdig.

Adalbert Stifter, Studien. (Leipzig, Amelang. 3 Bde. Geb. 15 M.)
Den Dust der Heimat, der uns bei den Rickeltschen Illustrationen zu Webers
Dreizehnlinden gewinnt, finden wir auch sehr entschieden ausgesprochen in
den schlicht sympathischen Bildern, mit denen Kallmorgen und Hein diese
„Studien" begleitet haben,
und wo besonders der
erstere oft die reizendsten
landschaftlichen Motive
bringt. Die Reproduk-
tionen dieser Zeichnungen
sind sehr wohlgelungen,
so daß sie noch den ganzen
Reiz der künstlerischen
Handsckmft offenbaren.

Rosegger P „Al-
pengeschichten". (Stutt-
gart, Krabbe, 1M.) Einen
vielleicht noch besseren
Eindruck als die Heimchen
machen die Gebirgler-
siguren, mit denen Reiff
die Roseggerschen Histör-
chen verziert hat. Diese
Madeln und Buben sind
echt, und das ist die Haupt-
sache.

Die österreichische
Monarchie in Wort
und Bild (Wien, Höl-
der), welch' schöne Publi-
kation uns diesmal den
Schluß von „Böhmen"
mit den weltberühmten
Bädern und seiner kolos-
salen Industrie, also seinen
modernsten Teil, bringt,
welche uns die ganze
Wichtigkeit dieses Landes
für Oesterreich erst recht

klar machen. Von „Ungarn" erhalten wir dann Plattensee und
Oberungarn mit den Karpathen in zum Teil landschaftlich sehr
reizenden Bildern. Die Hauptmasse der diesjährigen Lieferungen
schildert aber „Mähren und Schlesien", also zwei für Österreich
und seine so merkwürdige Völkermischung besonders charakteristische
Länder mit teilweise uralter Kultur und oft hochinteressanten
Bauten. Ebenso fesselnd ist dann das mährische Vötkergemisch
von Hannacken, Polen, Czechen und Deutschen, letztere als immer-
hin herrschender Stamm, nur leider meist in der Form von
Bureaukraten, Professoren und Geistlichen, also mit ziemlich pedan-
tischem Beigeschmack die „Intelligenz" vertretend. Daß dieses
vielhundertjährige Zusammenleben eine gewaltige Wirkung auf

Ksiserkirchmeih in Lzrrnowih: Tun; unkrr dem Muibumn.

den Charakter der einzelnen haben muff, ist selbstverständlich
und spricht sich besonders bei den Deuischösterreichern als den
Nachgiebigsten nur zu deutlich aus. — Was nun die Bilder be-
trifft, so haben dieselben unstreitig Teil an der groffen technischen
Verbesserung des Holzschnittes in den letzten Jahren, so daß man
dem Forischreiten des interessanten Werkes gern folgt. Q ?t.

Offenbar eine Nachahmung des Kllrschnerschen Quartlexikons
— aber noch billiger als dieses (gebd. M. 2.50) ist Paynes
Konversations-Lexikon, dem wir gerne dieieu Nachahmungs-
trieb vergeben wollen, wenn es ihm gelingt, die Bildung auch in
die breiteren Schichten unseres Volkes zu tragen und daselbst
heimisch werden zu lassen.

12'
 
Annotationen