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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Künstler-Postkarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0486

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„Mnstler-Dostkarten."')


Jahre 1865
tagte zu Karls-
ruhe die V. Deutsche
Postkonferenz. Die
preußische Post war
durch den Geh. Post-
rat Stephan ver-
treten, welcher die
illustre Versammlung
nicht wenig ins Stau-
nen brachte, als er
die Einführung von
Postkarten vorschlug.
Die Idee blieb einst-
weilen unausgeführt,
sogar in dem von ihm
vertretenen Staate
vermochte Stephan
seinen Plan nicht
durchzubringen, erst
1869 führte die öster-
reichische Postverwal-
tung auf Vorschlag des Professors an der Militärakademie,
Herrmann, die Postkarte in die Welt ein. Wer hätte
damals geglaubt, daß diese kleinen Kärtchen im Laufe der
Zeit ein Mittel werden könnten, gute und billige Kunst
in das Volk hineinzutragen. Und doch ist dem so! Der
Gedanke, den Empfänger einer Postkarte, nebst einem
Gruße aus der Fremde, mit einer launigen Zeichnung
oder einer Skizze der eben durchstreiften Landschaft, even-
tuell mit einigen Versen begleitet, zu erfreuen, liegt
ziemlich nahe. Das Berliner Tageblatt nannte kürzlich
als Erfinder der illustrierten Postkarte einen Herrn
I. Miesler,' Besitzer^einer chromolithographischen Anstalt
in Berlin, Per Mitte der siebziger Jahre mit Postkarten,

die in
Schwarz -
druck An-
sichten von
Berlin
zeigten,
an die

Oeffentlichkeit getreten sei.
Ungefähr um dieselbe Zeit
habe sich der Oldenburger
Buchhändler A. Schwartz auch
schon einer illustrierten Post-
karte bedient.

Aber von dem Momente
an, da sich die Fabrikation
des Gedankens bemächtigte
Nr-3- L. m-bicii s-c. und jeder für billiges Geld


illustrierte Postkarten kaufen konnte, wurde das Ent-
werfen solcher Karten „geschäftsmäßig" betrieben; die
launigen Sujets, Ulkkarten u. s. w. waren mehr derb
als sinnig, die Ansichtskarten mehr richtig als schön.
Anfangs im Dienste der Reklame, hatte die gezeichnete
und vervielfältigte Vignette zur Empfehlung des Hotel-
besitzers mehr als zur Anpreisung der „schönen Gegend"
gedient, bis wir heute soweit gekommen sind, auf fast
jedem Aussichtspunkt, in jeder kleinen Stadt, in jedem
noch so „lumpigen Nest" Ansichtspostkarten aufliegen zu
sehen, die ein armseliger Provinzlithograph schlecht und
recht (mehr das erstere!) zusammengestrichelt hat.

Seit einiger Zeit ist aber das Bestreben deutlich
zu erkennen, mit der landläufigen Art der illustrierten
Postkarte zu bre-
chen, und Künstler
heranzuziehen, die
sich in den Dienst
dieser Art von
„Kleinkunst" stell-
ten. Durch vor-
treffliche Nachbil-
dung von eigens zu
diesem Zwecke her-
gestellten Blättern
teils scherzhaften,
teils kostümlich
oder landschaftlich
interessierenden
Inhalts gewinnen
diese Postkarten-
Jllustrationen eine
unleugbare Be-
deutung, da sie
neben ihrem eigentlichen Zweck, als Mittel freundschaft-
lichen Verkehrs zu dienen, dem unscheinbaren Kärt-
chen ein künstlerisches Gepräge geben. Hunderte von
Pressen sind jetzt mit der Herstellung der illustrierten Post-
karten beschäftigt, an sechzig Fabriken liefern zum Sam-
meln derselben Albums, zwei besondere Zeitschriften exi-
stieren für diesen neuen Sport und selbstverständlich giebt
es auch einen „Verein der Ansichtskartensammler".

Die Serien von „Künstler-Postkarten", wie die
Verleger sie benennen, die uns vorliegen und in kleiner
Auswahl die diesem Hefte beigefügten Illustrationen
bilden, zeigen, daß überall im deutschen Vaterlande in
der Herstellung der Karten reger Eifer herrscht. Eine
Reihe von tüchtigen Künstlern haben für die An-
sichtskarten vom Schwarzwald und vom Oberrhein Bei-
träge geliefert, welche mit Unterstützung des badischen
Ministeriums für Kultus und Unterricht im Verlage von
I. Velten (Karlsruhe) erschienen sind. Einzelne Blätter von

I§r. 2. k'. keiss sec.

*) Die hier gegebenen Illustrationen sind mit freundlicher Genehmigung der betr. Herren Verleger den nachstehenden
Karten-Kollektionen entnommen: Nr. l: Hugo Engl, Tiroler Postkarten (Verlag von Max Seeger in Stuttgart); Nr. 2 und 13:
Fritz Reiß, Schwarzwald-Postkarten (ebenda); Nr. 3, >1 und 12: C. Liebich, Elsaß-Lothringische Postkarten (Johann Elchlepps
Hosbuchhandlung in Freiburg i. Br.); Nr. 10: C. Liebich: Vorarlberger Postkarten (Paul Wätzel in Freiburg i. B); Nr. 4 und 7:
Ernst Platz, Alpine Postkarten (Max Seeger in Stuttgart); Nr. 5 und 8: W. Hasemann, Schwarzwald-Postkarten (Johann
Elchlepps Höfbuchhandlung in Freiburg i. B); Nr. 6: H. Issel, Schwarzwald-Postkarten (Max Seeger in Stuttgart); Nr. 9,
14 und 21: Künstler-Postkarten vom Schwarzwald und Oberrhein, I. Serie (I. Velten, Hofkunsthandlung in Karlsruhe);
Nr. 15, 16 und 17: C. Becker, Soldaten-Postkarten (Max Seeger in Stuttgart); Nr. 18: G. Mühlberg, Tanz-Postkarten (Otto
Schramm in Stuttgart); Nr. 19: H. Hoffmann, Heidelberger Postkarten (Edmund v. König, Hofkunsthandlung in Heidelberg);
Nr. 20: Karten von der Dresdener Kunstausstellung 1897 (Alwin Arnold in Blasewitz); Nr. 22—24: E. Hansen, Schweizer
Postkarten (F. A. Prantl in München).

Die Aunst für Alle XII, 15. September 189?.

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