Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

DOI Artikel:
Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Ein Wort in Sachen der Kunst von Emile Zola, [1]
DOI Artikel:
Reichenberg, Clemens: Halîm in München
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0020

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
verdeutscht von 6. L. v. Berlepsch. — ksalnn in München.

S


darin seid ihr nicht jung, sondern greisenhaft. Schlüget
ihr lieber unsinnig über die Stränge, leidenschaftlich,
toll, — meinetwegen! Es wäre alles besser, als die
von euch heraufbeschworene Dumpfheit. Was habt ihr
von euren zwanzig Jahren? Kennt ihr den mächtigen
Zug des jugendlichen .Freiheitsbedürfnisses, kennt ihr
das Liedchen, das man sorglos dem ausgehenden Tage
entgegenträllert, die jugendlich süße Liebe, die im blumigen
Anger draußen ihre Freude sucht! Kennt ihr das
alles? Nein! Eure Werke haben etwas von moderiger
Kellerluft, die nie von wärmendem Sonnenschein durch-
blitzt wird; sie sind durchdrungen von doppelsinnigen
Schlüpfrigkeiten; eure Religiosität hat etwas scheel-

äugiges und beruht auf intellektueller und moralischer
Verderbnis.

Geht mir mit eueren Lilien, mit eueren bis zur
Durchsichtigkeit abgemagerten Frauenfiguren, die nur mehr
Seele sind und unter wahrhaft männlicher Umarmung
zerfließen wie Schemen. Tischt der Welt nur immer
noch mehr davon auf, immer mehr, bis sie übersättigt
sich abwendet, und spart dabei nicht an Symbolen! Je
verworrener sie sind, desto eher werden sie ihrem Zwecke
gerecht, desto mehr führen sie das menschliche Denken
in die Irre. Nur zu! Je mehr Lilien ihr säet, desto
reicher wird das Getreide aufgehen, aus dem die Mensch-
heit ihre wahre Nahrung zieht.

(Ein zweiter Artikel folgt im nächsten Hefte.)

Kühe aus dem Woorr. von Bola HLllik.

Galim in München

von Llemens Reichen berg.

/V lläk ja lueckeä! Wahrhaftig, der Herr muß mir
helfen — ich fühle mich entwurzelt wie die junge
Pappel, die man von ihrem Platze am Rand der süßen
Wasser losriß; ich bin zerschlagen wie der Halm auf
einer Tenne. Was mußte mich aber auch mein Vor-
mund Hamdi aus dem stillen, nie verlassenen Skutari
hinaus in die fränkische Bildung schicken? Was soll ich
in Paris, das keine Ruhe im Schatten der Platanen
und nicht die würzigen Lüfte des Bosporus hat? Zer-
martert in den Wagen der allzuschnellen Eisenbahn bin
ich schon bis München in Bayern gelangt — hier will
ich rasten und Zadoch Israel unser Geschäftsfreund, der

hier schon Jahr und Tag arbeitet, soll mich auf die
Bildung vorbereiten.

ja meckeck! Dieser Tag war sehr
schlimm. Zadoch der Freund ist gekommen; er hat ge-
sagt : die Blüte der Bildung ist die Kunst, und hat mich
deshalb gleich zur Kunst geführt. Und mit der Kunst
der Maler wollte er anfangen; denn die Maler von
München, meinte er, lernen am flinksten nach, was bei
den Franzosen, den Engländern und den Schotten jedes
Jahr neu erfunden wird, darum sind sie in Deutschland
die angesehensten und auch die stolzesten. Wir fuhren

Die Aunst für Alle XII.

2
 
Annotationen