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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Becker, Benno: Der gute Rat: ein Zwiegespräch
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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstliteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0162

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Der gute Rat. Ein Zwiegespräch. Ron Benno Becker. — Personal- und Atelier-Nachrichten

zu viel Maler auf der Welt. Tausende und aber-
tausende zu viel.

Jüngling: Und ich wäre auch so gerne einer geworden!

Meister: Gern? So gern? Junger Mann, dann ist's
nichts für Sie! Dann bleiben Sie davon! Mit dem
„gern" kommen Sie nicht aus. Brennen muß es
in Ihnen und rasen und nach Gestaltung ringen.
Sie müssen es nicht lassen können und wenn tausend
Berge sich vor Ihnen auftürmen! Hinüber mit Schaffen
und Mühen und unbezwinglicher Sehnsucht. Und die
Träume fassen und formen in hartem Ringen mit
eisernem Fleiß. Das hohe Ziel erreichen, und wenn
auch das Leben drüber zu Grunde geht. Aber dann,
wenn es so steht mit Ihnen — und nun will ich
Ihnen doch meinen Rat geben — dann fragen Sie
niemand, dann brauchen Sie niemand zu fragen,
dann tragen Sie den Beruf in sich. Dann gehen Sie
hin vor Gottes Natur und versenken sich darin voll
Andacht und Ehrfurcht, bis Sie fühlen, daß Sie
nun selbst zum Schöpfer gereift sind, und eigene
Geschöpfe unter dem Herzen tragen, dann sind Sie
ein rechter Maler geworden. — Das ist mein Rat. —-
Und nun knüpfen Sie Ihre Mappe zu und Gott
befohlen, ich muß an die Arbeit.

— Berlin. L. Tuaillons „Amazone" ist um den
Preis von 60 000 M. für die Nationnlgalerie erworben worden,
desgleichen ist Ferdinand Lepcke die Ausführung in Marmor
seiner Skulptur „Der Bildhauer" (Abb. K. f. A. X. Jhrg. S. 33)
übertragen; dem Künstler ist dafür eine Werkstatt
im Säulengang der Nationalgalerie eingerichtet worden.

12,

— Berlin. Durch die Tagesblätter ging die Notiz vom
bevorstehenden Wiedereintritt des vormaligen Direktors der Na-
tionalgalerie Geh. Ob. Reg.-R. vr. Jordan, in seine frühere
Ministerialstellung. Die Nachricht wird jedoch dementiert.

L. R. St. Petersburg. I. E. Rjepin, wohl der berühm-
teste zeitgenössische russische Maler, dessen Name durch sein Kosaken-
bild, das in München die erste goldene Medaille erhielt, auch im
Auslande rühmlich bekannt wurde, feierte kürzlich sein 25 jähriges
Künstlerjubiläum. Aus die vielen Glückwünsche, die er bei dieser
Gelegenheit erhielt, veröffentlichte er in einer russischen Zeitung
das nachfolgende, eigenartige Dankschreiben, welches großes Auf-
sehen erregte, vielfach kommentiert wurde und eine ziemlich ge-
reizte Polemik hervorries: „Tief gerührt durch die vielseitigen
Sympathiebeweise, die mir aus Anlaß meiner 25 jährigen künst-
lerischen Thätigkeit zuteil wurden, ersuche ich Sie um den Ab-
druck dieser meiner Dankesworte an alle Behörden, Gesellschaften,
hochachtbaren Personen und guten Freunde, die mich durch ihre
Aufmerksamkeit und wohlwollenden Wünsche — daß meine künst-
lerische Thätigkeit auch ferner von Erfolg begleitet sein möchte —
beehrt haben. Ich begreife, daß, wie den Verstorbenen stets nur
Gutes nachgesagt wird, man auch die Verdienste der Jubilare
zu übertreiben geneigt ist. lim nun die Wahrheit zu sagen,
muß ich gestehen, daß es mir schon vor meiner Jubiläumsfeier
an Ruhm nicht gemangelt, daß man mich sogar über mein Ver-
dienst gefeiert und ebenso auch mehr und eifriger als ich es ver-
diente, geschmäht hat. Der unverdiente Ruhm hat nun keines-
wegs einen Größenwahn in mir erzeugt, er hat, im Gegen-
teil, das Bewußtsein meiner Bedeutungslosigkeit in mir hervor-
gerusen. Ich glaube kaum, daß irgend jemand mehr als ich
unter dem Unbefriedigtsein über seine Leistungen gelitten hat.
Stets, wenn ich meine Bilder in Galerien oder Ausstellungen
sehe, fühle ich mich unglücklich über den Eindruck, den sie auf
mich ausüben. Wenn ich dann die Kritiken lese, in denen un-
barmherzig über mich losgezogen wird, empfinde ich ein Wonne-
gefühl, auch wenn der Tadel sich, wie das meist der Fall ist,
nicht gegen dasjenige richtet, worüber ich mir selbst Vorwürfe
mache. Lobende Kritiken rufen dagegen ein Unbehagen in mir
hervor. Ich bitte um Entschuldigung für diese Offenherzigkeit,
die hier wohl nicht am Platze ist, denn ich bin sehr dankbar für
das Wohlwollen, welches mir in meiner Heimat und von meinen
Freunden entgegengebracht wird. Aber was habe ich denn eigent-

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Die Aunst für Alle XIl.

Sommertag. von Fritz Overbeck.
 
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