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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler - Vermischte Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0306

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242 Personal- und Atelier-Nachrichten.

v. V. Wien. „Secession?" Diese Frage ging seit
kurzem durch die hiesigen Künstlerkreise. Sie ist jetzt beantwortet.
Keine Secession, aber ein neuer Künstlerverein, welcher den Titel
führt: „Vereinigung bildender Künstler Oesterreichs".
Es ist ein Jungbund, dem auch ältere Künstler Sympathie und
Unterstützung angedeihen lassen.. Rudolf Alt, der erste Aquarellist
Oesterreichs, soll Ehrenpräsident werden und die Professoren Hell-
mer, Myslbeck, Falat, Hynais werden als Mitglieder genannt.
Dann folgt eine Reihe bewährter Künstler von Namen: Bacher,
Bernatzik, Delug, Engelhart, Klimt, Knüpfer, Krämer, Jettel,
Mayreder, Moll, Lttenfeld, Stöhr. Aus dem Reiche draußen
grüßen zustimmend Meister wie Dettmann, Dill, Herterich, Kuehl,
Marr, Stuck. Was wollen die Jnngbündler? Verjüngen wollen
sie. Vor allem das Kunstausstellungswesen in Wien. Jungblut
wollen sie für unsere stagnierende Kunstbewegung. Neue An-
regungen, neue Bestrebungen, neue Geschmacksrichtungen wollen
sie fördern, mit allen Mitteln guter, froher Begeisterung.
Eine „Galerie zeitgenössischer Meister" soll geschaffen werden, wo
internationale Kunst zu Wort kommt. Es gilt, die Verbindung
des seit längerer Zeit aus der großen Bewegung ausgeschalteten
künstlerischen Wien mit den übrigen Kunststädten herzustellen, Thür
und Thor dem Neuen von außen zu öffnen. Die Vereinigumg will
kein Kampfbund sein. Sie bietet der Genossenschaft in der Lothringer-
straße, welcher die Mitglieder des neuen Künstlervereins angehören
und als solche verbleiben, kein Paroli, sie will — wie ihr friedlich ge-
haltener Aufruf besagt— „ergänzend, rein ideal künstlerisch wirken".
Daß ihnen manches bei der Genossenschaft nicht bchagt, ist ja klar,
aber sie werfen deshalb keineswegs den Fehdehandschuh hin. Jn-
deß, ohne Kampf wird's nicht abgehen. Von bemittelten Kunst-
freunden unterstützt, erbaut die neue Vereinigung ein eigenes
kleines Ausstellungsgebäude, Hochparterrebau mit Oberlicht, fres-
kierten Außenwänden. Die Stadt Wien giebt den Baugrund,
das Geld ist da, die Pläne sind fertig — so wird versichert.
Dem Oesterreichischen Museum gegenüber, dort, wo die Wollzeile
in den Stubenring einmündet, soll der Bau erstehen, ein gastlich
Heim zeitgenössischer Kunst. Wien, Oesterreich, das Ausland
werden sich dort unter dem Zeichen des Ideals zusammensinden
und neu befruchtet wird der alte Stamm neue Blüten treiben.
So hoffen sie. Was die Ausstellungen am Stubenring eintragen,
soll zur Gründung der zeitgenössischen Galerie, des „Wiener
Luxembourg", dem auch wir so oft das Wort geredet, verwendet
werden. Der Plan ist schön, möge er erreichbarer sein als sonst
Ideale sind. 17227)

Berlin. Der Verein Berliner Künstler hat den
Schöpfer des National-Denkmals, Professor Reinhold Begas,
zu seinem Ehrenmitgliede ernannt und dadurch die Zahl dieser
auf 15 erhöht. Von Künstlern haben die gleiche Würde zur Zeit
inne: Heinrich von Angeli-Wien, Ehrenpräsident der Aka-
demie, Carl Becker, Gustav Feckert, Ludwig Knaus,
vr. Adolf Menzel, Hermann Weiß, der Verfasser der be-
rühmten Kostümkunde und A. von Werner, sämtlich in Berlin,
ferner Carl Koch-Friedenau und endlich Paul Wallot in
Dresden. 17237)

— Hanau. Die zur Zeit unter der Leitung des Professors
M. Wiese stehende hiesige kgl. Zeichen-Akademieblickt in diesem
Jahre auf ein 125 jähriges Bestehen zurück. Die Feier desselben
ist für die Pfingstwoche vorgesehen. 17201)

Berlin. Von der Akademie der Künste. Die bis-
herigen Mitglieder des akademischen Senates Wilhelm Amberg,
Carl Becker, Friedrich Geselschap, Franz Schmechten,
Julius Raschdorff und Ludwig Manzel sind auf weitere
drei Jahre in den Senat der Akademie der Künste vom
1. Oktober 1897 ab berufen worden. 17234)

— Basel. Arnold Böcklins 70. Geburtstag wird hier-
orts durch eine Ausstellung von Werken des Meisters gefeiert
werden, die sehr interessant ausfallen dürfte, da Basel sich rühmen
kann, in seiner öffentlichen Kunstsammlung wie auch in Privat-
sammlungen das Beste aus der eigentlichen Meisterzeit des Künst-
lers zu besitzen. 17244!

— Frankfurt a. M. Wilhelm Trübners Lehrtätig-
keit am Staedelschen Kunstinstitut hat mit dem 1. April d. I.
ihr Ende erreicht. 172«!

— Gestorben: In Paris der Landschaftsmaler Edmond
Don undder Radierer Henri Guerard; in Neuenburg (Schweiz)
der Genremaler Albert de Meuron. 1724«!

— Ausstellungen und Sammlungen.

O. K. Düsseldorf- Als eine Art Nachtrag zu ihrer soeben
geschlossenen Gemäldeausstellung bringt uns die hiesige „Freie
Vereinigung" mit dem 1. April eine kleine Ausstellung
von Aquarellen und Zeichnungen. Sie ist von etwa zwanzig
Künstlern beschickt worden und bietet neben mancherlei Anspruchs-
losem eine Reihe feiner und flotter Blätter. Willy Spatz und
Arthur Kampf beherrschen die Milte der Hauptwand; elfterer
mit einigen Kartons zu schon bekannten Oelbildern und, ebenfalls
schwarzweißen, weiblichen Studienköpfen lyrischen Gepräges, sowie
mit der in Aquarellfarben ungemein zart und liebenswürdig aus-
geführten Huldigungsadresse des „Malkasten" an Oswald Achen-
bach; Kampf unter anderem mit einem „Loup cke Veat" (braun
in braun), einer Arbeiterfamilie, die gegen den Sturm anschreitet
und mit packender Wahrheit wiedergegeben ist. Von Ludwig
Keller fallen zwei geistreiche und lebendige Porträtstudien auf,
von G. Marx sehr pikante, auf den Ton gemalte Gesellschafts-
motive. M. Kur reck zeigt sich mit Porträts, Landschaften und
Interieurs, E. Schwabe mit Porträts und einem Genrestück.
Aus Paris schickten Alfred Sohn-Net Hel eine gut auf-
gefaßte Atelierstudie, aus Worpswede Otto Sohn-Rethel
eine schlicht und wahr wirkende kleine Schneelandschast und ein
ebenso naives schlafendes Kindchen. Carl Gehrts illustriert
mit der Feder die zwölf Monate, E. Pfannschmidt zeichnet,
nach seinem Oelbilde, die Engel am Leichnam Christi. Wie weit
die Pole der Kunst von einander entfernt sind, wird uns wieder
einmal recht eindringlich klargemacht, wenn wir von diesen zarten,
diskreten Werkchen auf die gleich daneben hängenden Karrikaturen
und Plakate von Paul Neuenborn blicken. Drastik, die zum
Lachen reizt, die aber eben die Drastik des Clowns ist! Mildere
Saiten zieht Neuenborn in einem koloristisch feinen Damenbildnis
und in einer etwas kühlen „Auferweckung der Tochter Jairi" auf,
und bei ihnen wird der Wunsch rege, der Maler möchte seine
schönen Gaben durch tieferes Studium entwickeln und ernsthafter
zur Geltung bringen. Unter den Landschaftern dominiert H.
Hermanns mit seinen frischen und energischen Aquarellen aus
Holland, Italien und Deutschland; ein großes Nachlstück ver-
bindet in kühner Weise Oel- mit Aquarellfarben, woraus eine
eigentümlich fremdartige Wirkung hervorgeht. Eugen Dücker
stellt eine Reihe seiner vornehmen, einheitlichen Ansichten nieder-
deutscher Landschaften aus, Hugo Mühlig eine bedeutende An-
zahl inhaltsreicher kleiner Veduten. Von Ölof Jernberg sieht
man diesmal nur eine kolorierte Lithographie, von Marschner,
Dorn und Barthel mehrere Landschaften Unendlich fleißige
und fein charakterisierende Bleistiftstudien nach exotischen Tieren
steuert Appel bei, während H. Ungewitter sich, wie schon
öfters, in exotischen Jagdscenen gefällt, die er uns mit Verve
und Phantasie vorfabelt. — Alles in allem: ein willkommener
Nachtisch zu der etwas monotonen Mahlzeit, die wir in den
Märzausstellungen zu genießen halten. t722»!

iU. Hannover. Unter der günstigsten Beteiligung des Pu-
blikums verläuft die gegenwärtige 65. Jahresausstellung des
Kunstvereins. Dank der bewährten Rührigkeit des Vorstandes,
seiner alle Richtungen umfassenden Bestrebungen ist die Mit-
gliederzahl des Vereins in regstem Wachstum begriffen. 65 Jahre
besteht der Verein; er gehört zu den ältesten in Deutschland. Von
den ersten Anfängen bis heute stieg die, viele Städte einschließende,
Gesamtheit der Aktionäre auf 6600 gegen 4874 des Jahres 1893.
Dieses vielleicht beispiellos rasche und doch stetige Emporblühen
hat den hiesigen Kunstverein zu dem die meisten Häupter zählen-
den im deutschen Reich gemacht. Auch der diesmalige Besuch der
Ausstellung entspricht solchem bündigen Zahlenbeweis. Die An-
käufe für die Verlosung belaufen sich diesmal auf 35000 M.
Erfreulicherweise geht mit diesen Vorteilen und Vorsprüngen
keine Veraltung und Verödung der Kunst, keine konventionelle
Kreislaufbewegung Hand in Hand. Die Pfropfreiser, welche die
neueren universellen Bewegungen dem alten einheimischen Stamme
aufgenötigt haben, zeitigen Blüten und Früchte, die bereits be-
gonnen haben, auch dem Publikum die Augen zu öffnen. Ge-
künstelte Harmonie, peinliche Gruppierung, molluskenhaft glatte
Gesichtsbehandlung, stilisierter Baumschlag, unzulängliche Licht-
und Schattenwirkungen kommen gewiß noch oft genug vor und
finden nur zu viel Anklang, mit einigem Rechte nur, wenn man
außerdem von tüchtiger Zeichnung sprechen kann- Aber das Ge-
präge der Ausstellung wird solchen Spätlingen einer früheren
großen Epoche, die in ihrer künstlerischen Eigenart sehr bemerkens-
 
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