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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Schmidkunz, Hans: Wechselwirkungen zwischen Litteratur und bildender Kunst um die Wende des vorigen Jahrhunderts, [2]
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Schultze-Naumburg, Paul: Die Worpsweder
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0154

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11S Wechselwirkungen zwischen kitteratur und bildender Kunst rc. von Or. Hans Schmidkunz. — Die Worpsweder

versuche doch, sich aus den Bildern seiner Gedichte einfache, anschauliche, sinnlich klare, farbenreiche und
plastische, ja selbst nur widerspruchslose Vorstellungen zu machen; wie häufig wird es mißlingen, wie manch-
malschon an der gepreßten Sprache scheitern! „Der Schönheit goldner Gürtel webet Sich mild in seine Lebensbahn"
— „Die Lust, getaucht in der Gewürze Flut" — oder „Das Mägdlein sitzet an Ufers Grün", „Und sic

seufzt hinaus in die finstre Nacht" u. s. w. Dagegen Goethe: „Füllest wieder Busch und Thal Still mit

Nebelglanz, Löstest endlich auch einmal Meine Seele ganz"; oder die „Metarmophose der Pflanzen". Aller-
dings nähert sich Schiller, der nach Eitelberger für bildende Kunst kaum ein Verständnis hatte, gegen Ende
seines Schaffens auch diesen Vorzügen; und in seiner Lehre — mit dem Grundgedanken „Überwindung des
Stoffes durch die Gestalt" — wird er ihrer Forderung, wird er den Ansprüchen der bildenden Künste im
allgemeinen gerechter, als wir vermuten möchten. Näheres darüber hat er wenig geäußert: sein „Brief eines
reisenden Dänen" von 1785, seine „Zerstreuten Betrachtungen über verschiedene ästhetische Gegenstände" von
1793 mit den unkünstlerisch abstrakten Auslassungen „Von der ästhetischen Größenschätzung" und seine wichtige
Gartenkalenderkritik von 1794 dürften samt der „Huldigung der Künste" in der Hauptsache alles sein. Doch
auch diese zeigt uns, gleichsam als zusammenfassendes Ergebnis des Verhältnisses jener ganzen Litteraturepoche
zu den Künsten der Ruhe, wie diese weit schlechter wegkommen als die der Bewegung. Eine so einsichtsreiche

und herrliche Schilderung, wie sie Schiller hier von seiner eigenen Kunst, der Poesie, giebt: „Mich hält kein

Band" u. s. w., dürfte der damaligen Zeit für die Bildkünste überhaupt nicht möglich gewesen sein.

Die WorpMeder.

von Paul Schulhe-llaumburg.


^s ist heut knapp anderthalb Jahr her, daß die Worps-
weder Künstlergruppe zum erstenmal als solche
öffentlich auftrat und mit einem Schlag eine Berühmtheit
erlangte, die sie in die vorderste Reihe der neueren Er-
scheinungen stellte.

Das ist ein Erfolg, den man doch nicht allein mit
dem geschickt inscenierten Auftreten und der plötzlichen

Massenvorführung von sehr gleichartigen, ausgereiften
Kunstwerken erklären darf. Daß diese beiden Faktoren
äußerlich dem Erfolge der Vereinigung günstig waren,'
ist zweifellos; das Hauptmoment dafür ist jedoch in
innern Gründen zu suchen. Das Bedürfnis nach dem,
was die Worpsweder hier in so reicher Fülle brachten,
muß, allmählich durch verschiedene Umstände großgezogen,
dagewesen sein und fand hier Befriedigung.

Will man die Ursache dieses Erfolges in wenig Worten
erklären, so wird man zuerst an den Satz erinnern, daß
jede Kunst den direkten Einfluß des vaterländischen
Bodens zeigen wird, wenn sie uns wahr von innen
heraus erscheinen soll. Nationale Kunst hat man sie
genannt — heimatliche Kunst dünkt mich bezeichnender
dafür. Nicht auf patriotische Gesinnung, auf die Ein-
drücke kommt es an; die Jugendeindrücke, sie sind die
stärksten künstlerischen Motore, die es giebt; die Stammes-
eigenart ist es, die der künstlerischen Sprache den Accent
giebt. Die Liebe zur Heimat vermag den Künstler — auch
dann, wenn er keine Kraft ersten Ranges ist — zu wahr-
haften Kunstwerken zu inspirieren, die etwas eigenes zu
sagen haben. Dies ist eine Erkenntnis, der sich unsere
gesamte Künstlerschaft, bewußt oder unbewußt, nicht ver-
schließen konnte. Die Folgen zeigten sich schon seit Jahren
in dem beständigen Abnehmen der Holländerei und der
Jtalienfahrt. Doch ein prägnanteres Beispiel dafür, was
ein Künstler erreicht, wenn er sich, fern von allen
zerstreuenden Einflüssen, auf ein Ziel konzentriert: sich
in eine ihm liebgewordene Natur zu vertiefen, liefert
niemand besser als die Worpsweder. Was sie so ernst
und imponierend macht, das ist die tiefe Wahrheit ihrer
Werke, was so Sympathie erweckt, die Abwesenheit
jeglicher Phrase, was sie so intim erscheinen läßt, die
Vertrautheit mit der heimatlichen Scholle. Das ist kein
bloßes Abmalen dessen, was einem äußerlich gefallen,
sondern ein Einswerden mit der umgebenden Natur, ein
Herauswachsen des Kunstwerkes aus dem Geist des
Landes und des Volkes, wie es seit den Tagen von
Barbizon nicht allzuoft wieder so gesehen wurde. Auch

Hrrbstsonne. von Hans ain Ende.
 
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