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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Hann, Pauline: Die 30. Jahresausstellung der American Water-Colour-Society
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0304

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2H0

Die ZO. Mhre^au^stellung der American Water-Lolour-Society.

von p. Dann.

6>Lringt es die Verwandtschaft mit den
britischen Vettern, bei welchen eine
ausgesprochene Vorliebe für Aquarell-
malerei Künstler- und Liebhaberkreise
durchdringt, mit sich, oder ist es die
dünnere Atmosphäre des amerikanischen
Kontinents und die durch sie bedingten
lichteren Farbentöne der Landschaft, die
förmlich nach der Darstellung durch
Wasserfarben zu rufen scheinen — That-
sache bleibt es, daß von allen Zweigen
der Kunst die Aquarellmalerei sich der
größten Beliebtheit erfreut, und die Aus-
stellungen der Water-Colour-Society die
besuchtesten und eigentlich auch am er-
quicklichsten wirkenden sind. Die Zeiten
sind schlecht gewesen und zeigen auch jetzt
noch wenige Spuren der Besserung.

Wie immer hatte niemand schwerer
als die Künstler unter der Ungunst der
Verhältnisse zu leiden gehabt. Aber in
der Ausstellung der Aquarellisten sieht
man die weißen Zettel mit dem magischen
Wörtchen „Lolck" an zahlreichen Rahmen
angeheftet. Allerdings mag zu diesem
günstigen Resultat beitragen, daß die Wassersarbenbilder
auch für die bescheidenen Börsen des Mittelstandes er-
schwinglich sind. Und ferner, daß die Ausstellung mit

Interieur. Nach einer Radierung von Max Licbermann.

Lus der Weide. Nach einer Radierung von Mar Liebermann.

Hilfe von Draperien, Teppichen, altertümlicyem Gerät,
einen ungemein anziehenden, originellen Eindruck macht.
Wenn ich nicht irre, war es die damalige Kronprinzessin
Friedrich in Berlin, die bei einer, von ihr veranstalteten
Ausstellung von Gemälden darauf bestand,, daß man den
Räumen durch Möbel und Objets ä'art den Eindruck des
Oeden und Einförmigen benehme, den Ausstellungen mit
ihren, durch nichts dem Auge einen Ruhepunkt gewähren-
den Wandreihen von Bildern nur zu leicht erhalten.
Dieser Eindruck würde bei den durchaus lichten und zarten
Farbentönen der Aquarelle vermutlich bis zur Langweile
verstärkt werden.

Die Ausstellung enthält über 500 Bilder, natürlich
ziemlich viel Mittelgut, aber in ihr entdeckt man, was
man in der Regel sowohl bei den Akademikern wie bei
den Artists schmerzlich vermißt, zuweilen etwas wie eine
Eigenart des amerikanischen Künstlers. So giebt Henry
Farrer in einer Reihe von Landschafts- und Wasser-
bildern die zuweilen so jähen, unvermittelten Farben-
und Lichtkontraste unserer Natur mit einer Kraft und
Kühnheit wieder, die überraschend wirken; Edwin
Abbey, der sich durch Historienbilder bei amerikanischen,
besonders Bostoner Monumentalbauten einen Namen er-
rungen hat, bringt ein großes Figurenbild „Ruhiges
Gewissen" benannt, eine stattliche Puritanerin, die mit
ruhiger Würde vom Sonntagsgottesdienst durch die Straße
der neu-englischen Kolonie heimschreitet. Es ist die Perle
der Ausstellung und hätte den einzigen Preis verdient,
der, von einem Herrn Evans gestiftet, bei der jährlichen
Aquarellisten-Ausstellung zur Verteilung kommt. Er
wurde einem flott und virtuos gemalten, aber nichts-
sagenden Bilde „Das grüne Polster", das auf einem
Divan eine Dame im Ballstaat zwischen grünen Kissen
zeigt und von Irving R. Wiles eingesendet wurde,
 
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