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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Pecht, Friedrich: Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0140

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WeihuachLBncherschau.

ii..)

ermann Vogel-Album. (München, Braun und
Schneider, gebd. 10 M.) — Unsere zweile Uebersicht über die
Erscheinungen des heurigen Weihnachtsbüchermarktes können wir
wieder mit einem reizvollen Werke beginnen, das unstreitig zu
den bedeutendsten Gaben dieses Jahres zählt. Denn Hermann
Vogel ist ein malerisches Talent, wie man dermal in dieser
humoristisch-phantastischen Gattung kaum seinesgleichen mehr
findet in Deutschland, im Auslande aber vollends gar nicht.
Dies wunderbare Märchenbuch — es enthält bloß phan-
tastische Dichtungen
dieser Art — ist darum
ein geradezu einziges
Weihnachtsgeschenk ob
seiner unvergleichlich
heiteren Anmut. Wenn
Vogel unstreitig zu den
Nachfolgern Ludwig
Richters gehört, so ist
er doch diesem an
feinem Naturstudium,
besonders inLandschast
und Tieren, entschieden
überlegen, wie auch in
der herzgewinnenden
Fröhlichkeit und Welt-
lust seiner Darstel-
lungen. Bei ihm merkt
man kaum irgend etwas
mehr von dem sächsi-
schen Philistertum, aus
dem Richter nie ganz
herauswuchs. Aller-
dings auch wenig mehr
von der tiefen Religiosi-
tät, dem innerlichen
Ernst und der Strenge
des Meisters, die ihn
so spezifisch deutsch
machen. Deutsch ist
indes unser Vogel in
seinem ganzen herr-
lichen Naturgefühl
auch, aber er ist durch-
aus heiteres Weltkind,
die Schönheit ist seine
einzige Göttin, jene
fromme Demut Rich-
ters aber, Folge einer
entsetzlichen Kümmer-
lichkeit und Hunger-
leiderei durch das ganze
Wutlerglück »ste Halbjahrhundert

„ .. feines Lebens, nt ber

von Robert Barwald. Vogel nicht zu treffen.

Seine Werke spiegeln
aber so genau den herrlichen Aufschwung Deutschlands seit 1870
wieder, als die Richters dessen ärmlichste Periode, von 1800 - 1850.
Sv gibt Richter auch den engherzigen sächsischen Spießbürger
von ehedem unübertrefflich, der bei Vogel eigentlich nur noch
als Gnom, Heinzelmännchen u. dgl. auflritt, während er mit
Engeln beiderlei Geschlechts sehr sreigebig ist, obwohl er sonst
im ganzen doch mehr Durst als Andacht zeigt. Ja, statt der
Richterschen Heiligen bringt er zuletzt gar ein Blatt zur Ver-
herrlichung von Bismarcks achtzigstem Geburtstag, zu dem die
köstlich erfundenen „Fliegenden" demütig ihre Glückwünsche dar-
bieten. Gehörten nun die meisten dieser Blätter überhaupt den
„Fliegenden" an, die unserem Vogel erst die rechte Volkstümlich-
keit verschafft haben, so läßt sich nicht leugnen, daß sie auch an
ihm eine Erwerbung gemacht, um die sie jedes andere Blatt be-
neiden kann, da er unter den jetzt lebenden spezifisch deutschen
Illustratoren durch den köstlichen Humor, wie die ganz moderne
Zierlichkeit und Eleganz seines Vortrags unbedingt den ersten Platz
einnimmt.

'1 I. siehe im vorigen Hege.

Im übrigen zeigt der Braun L Schneider'sche Verlag
in diesem Jahr ziemlich dasselbe Gesicht wie im vorigen. Nur
daß die „Münchener Bilderbogen" diesmal etwas gewöhnlicher
ausgefallen, der „Fliegende Blätter-Kalender" dagegen noch toller
geraten ist als das letztemal, was freilich nur für alte Freunde
bemerkbar. Die „Jugendblätter" aber haben durch eine noch
reichere (200 Bl.) und entschieden geistvollere Illustration an An-
ziehungskraft für Jung und Alt unleugbar sehr gewonnen unter
der Redaktion des Frl. Jsabella Hummel, Nachfolgerin der lang
jährigen Redaktrice Jsabella Braun. Daß aber alle diese sich
jährlich wiederholenden Produktionen nun schon so lang auf
gleicher Höhe der Beliebtheit beim Publikum erhalten werden
konnten, das beweist doch am beiten, wie der große Künstlerkreis,
den die Firma Braun L Schneider nach und nach um sich zu
versammeln verstand, durch immer neu auftauchende Talente be-
ständig erfrischt und verjüngt wird. Dank diesen, bei großer
Treue im Festhalten der Tradition doch unablässigen technischen
Fortschreiten hat er bereits eine Dauer erlangt, durch welche er
in der Kunstgeschichte fast einzig dasteht.

Pflugk-Har-
tung, Krieg und
Sieg 1870 — 71.

Il.T. Kulturgeschichte
(geb. g M., Berlin
Schall L Grund).

Dem mit so großem
Beifall aufgenomme-
nen ersten, die Ge-
schichte des Feldzugs
enthaltenden Teil hat
der Verfasser des
Textes jetzt einen
zweiten, ebenfalls
sehr reich illustrierten
Band folgen lassen,
der die „Kulturge-
schichte" dieser glän-
zendsten Periode un-
seres nationalen Le-
bens enthält. Also
eine Art Nachlese, die
alles, wasnicht Schil-
derung bestimmter
Schlachten und Ge-
fechte ist, sondern
mehr die Thätigkcit
aller einzelnen Teile
des gesamten unge-
heuren Organismus
eines solchen Heeres
schildert, so der
Reiterei, Jäger, Ar-
tillerie, des General-
stabs, der Feldpost,
dann Fuhrwesen,

Verpflegung, Geist-
lichkeit rc.rc, die aber
auch das Leben des
fSoldaten im Felde
überhaupt in all
seinen verschiedenen

Phasen darstelll. Hier Bismarck-Denkmal in Vrrnburg
,,nd natürlich die „ ^ >>.

Illustrationen durch- von Robert Barwald.

aus Hauptsache.Dank

dem Talent der ausführenden Künstler, unter denen wir fast
alle berühmten Namen unserer Schlachtenmaler von Bleibtreu
und L. Braun bis A. v. Werner finden, fesselt denn auch dieser
Band in ungewöhnlichem Maße, obwohl er keine bestimmten
historischen Szenen, sondern eigentlich nur Genrebilder und aller-
dings sehr zahlreiche Porträte von Teilnehmern oller Art am
Feldzuge bringt. Man erfährt da infolge der Intelligenz und
des Talentes der vielen Mitarbeiter soviel vom inneren Leben
unseres Heeres, daß man dem so fesselnden Werk mit Bestimmtheit
einen ähnlichen Erfolg Voraussagen kann, wie er dem ersten Band
 
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