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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Schmid, Max: Robert Bärwald: ein Nachruf
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0138

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(02

Kollert Bärivald. i

Lin Nachruf.

giebt Künst-
ler, die ihren
Namen langsam,
mit schweren, festen
Zügen, mit ehernem
Griffel in die Er-
innerungstafeln der
Geschichte eintragen.
Siegleichen Bäumen
mit unscheinbaren
Blüten, aber köst-
lichen, reifen Früch-
ten. Sie überdauern
jene blendenden Er-
scheinungen , jene
üppigen Treibhaus-
blüten, die schnell,
über Nacht, zum
Ruhme sich entfal-
ten, deren Pracht in
Tages-und Monats-
blättern verkündet wird, aber in den Annalen der Ge-
schichte keine Stätte findet.

Zu den Talenten, die sich in der Stille bilden, die
ohne große Worte zu machen sicher und ruhig ihres
Weges gehen, und immer reifere, immer schönere Thaten
bringen, zu ihnen gehörte Robert Bärwald. Am
11. November dieses Jahres ist er in Wilmersdorf bei
Berlin im nicht vollendeten 38. Lebensjahre verschieden,
er, der noch vor kurzem jung, kraftvoll, schaffensfreudig
unter uns stand.

Diese Kunde kam überraschend, und sie hat viele
mit aufrichtigem Schmerze erfüllt. Bärwald war von
Natur gutherzig und ganz friedfertig. An den Kämpfen
der Berliner Künstlerschaft hat er sich kaum beteiligt,
am wenigsten aber da, wo sie Persönlicher Art waren.
Er war ein durchaus ernster, tiefer und gründlicher Mensch,
einer, der cs streng nahm mit sich selber. Er wußte
nichts von göttlichem Leichtsinn, übermütigem genialen
Schaffen, von blendenden Erfolgen. Mas er erreichte,
das gewann er sich durch strenge, gediegene, fast syste-
matische Arbeit. Aber das vollendete Werk trug niemals
den Stempel handwerklichen Werkelns. Es ward um-
weht vom Hauche echten frischen Künstlertums. Merk-
würdig — ruhig, nüchtern und rastlos stand er an seiner
Arbeit, wie der Steinmetz am Werkstück. Nichts war
zu spüren von künstlerischer Ekstase, von genialen Al-
lüren. Und dennoch waren seine Bildwerke aus tiefer,
herrlicher Phantasie geboren, poetisch empfunden, künst-
lerisch effektvoll im Aufbau wie im Detail. Er
war mir stets lehrreich für die Psychologie des künst-
lerischen Schaffens.

So gehört denn Bärwald auch nicht zu denen, deren
Leben ein Roman ist. Geboren ist er 1858 zu Salwin
bei Bromberg. In einfachen Verhältnissen erwachsen,
als der Sohn eines Landwirtes, hat er zunächst praktisch
in der Bildhauerwerkstätte gearbeitet. Im Jahre 1880
bezog er dann die Berliner Kunstakademie.

Von da an war ich Zeuge, wie sein Leben sich ab-
spielte in strenger Pflichterfüllung, ruhig, gleichmäßig,

zu Anfang kaum beachtet. Wie sahen jene himmelstür-
menden Genies der Akademie, die heute zumeist so still
geworden sind, herab auf den ruhigen, bescheidenen
Jüngling, der so emsig und von allem Leid und Freud
der Akademiker kaum berührt, seiner Arbeit nachging.
Ohne sich sonderlich mit akademischen Lorbeeren bedeckt
zu haben, verließ er diese Brutstätte der Mittelmäßig-
keit schon 1884.

Tieferen Eindruck hatte auf ihn unter den zeit-
genössischen Bildhauern Berlins nur die geniale Natur
von Reinhold Begas gemacht. Entscheidend aber für
sein Kunstschaffen war Schlüters Wirken in Berlin, das
Denkmal des großen Kurfürsten, die Zeughausskulpturen.
Jener gewaltige Schwung, jene rüstige Stärke, jene bei
aller Wahrheit schöne Linie, die Bärwalds Werke schmücken,
sie fand er vorgeprägt in Schlüters Werken. Er war
kein Nachempfinder des großen Barockbildners, ja, er
ward von Jahr zu Jahr immer freier von den wenigen
bewußten Anklängen an ihn, die seine früheren Werke
ausweisen. Aber Schlüters kraftvoller Geist blieb in
seinen Werken um so mehr lebendig.

Mit kleineren Aufgaben begann er seine Thätigkeit,
bis 1886, nachdem er kaum die Akademie verlassen, ihm
der Auftrag wurde, für Posen ein Denkmal Kaiser
Wilhelms 1. zu schaffen. Hier gab er ein reifes, vollendetes
Werk. So schlicht und wahr, so ohne Theaterpose, dabei
so stark und edel hat kaum ein anderer deutscher Bild-
hauer unseren liebenswürdigen alten Kaiser geschildert.
(Abb. K. f. A. I V. I. S. 4.)

Als 1888 die Hülle vom Denkmal fiel, durfte man
an den Sockelfiguren erkennen, daß nicht nur Kraft

Sockrelfignr der „Brems" vom Kaiser Wilhelm-Denkmal
in Bremen, von Robert Bärwald.

Robert Värwald
((. November (8IS.
 
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