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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Schumann, Paul: Die Vereinigung der Kunstvereine
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0194

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«48

Die Vereinigung der Runstvereine.

Mondschein bei Neapel, von Vswald Achenbach.

welche die Kunstzustände kennen, wie sie in Deutsch-
land bis in die zwanziger Jahre fast durchgängig waren,
genötigt sein werden, ein Loblied auf diese Vereine
anzustimmen. Sie haben in weiten Kreisen ein Publi-
kum herangebildet, welches der Kunst in ihren ver-
schiedensten Richtungen lebendigen Anteil und vielfach ein
feines Verständnis entgegen bringt, während ein solches
früher gar nicht vorhanden war. Wieviele Talente sind
jämmerlich zu Grunde gegangen aus Mangel an jeg-
lichem Auftrag. Andere, die sich einigermaßen durch-
arbeiteten, kamen doch nicht zur vollen Entfaltung ihrer
Kräfte, und in Dresden konnte ein Maler ohne eine
Anstellung an der Akademie nicht Wohl existieren, wenn
er nicht eigene Mittel besaß. Wie anders ist das jetzt;
und in Städten, wo dergleichen Vereine in guten Händen
waren, ist Kunstverständnis und Kunstliebe ganz be-
deutend gefördert worden. Man denke z. B. an Frank-
furt a. M. und Leipzig. Die Kunstvereine waren den
damaligen Verhältnissen angemessen; deshalb verbreiteten
sie sich in Kürze über ganz Deutschland. Daß diese
Vereine mehr aus dem Bedürfnis der Künstler nach
Käufern ihrer Arbeiten, als aus dem Verlangen des
Publikums nach Bildern entsprungen sind, mag zum
Teil wahr sein, allein Kunstsinn entwickelt sich nur an
Kunstwerken und am meisten an solchen aus der leben-
digen Gegenwart. Förderung der Künstler durch Absatz ihrer
Arbeiten mußte daher das erste sein, um einer kunstlahmen,
nach dieser Kulturseite hin erstorbenen Zeit aufzuhelfen."

Wie gesagt, diese Aufgabe ist den Kunstvereinen
bis heute geblieben; sie sind eine Schöpfung des Bürger-

tums, als ihm die Aufgabe der Kunstpflege zufiel, nach-
dem die früheren kunstfreundlichen Mächte mit der Revo-
lution von 1789 und ihren Folgen abgedankt hatten.
Man mag diese Schöpfung im Vergleich zu dem, was
früher geleistet wurde, ärmlich finden; an sich ist sie ein
wirtschaftlicher Faktor von hoher Bedeutung, der gar
nicht mehr zu entbehren ist, nachdem man gedankenlos
so viele Kunstschulen gegründet hat, die Jahr um Jahr-
handwerksmäßig so viele Künstler ausbilden, für deren
Fortkommen zu sorgen den Gründern und Unterhaltern
jener überflüssigen Akademien nicht einfällt. So muß
man denn alles willkommen heißen, was die Leistungs-
fähigkeit der Kunstvereine steigern kann, und hiezu kann
eine Vereinigung der gesamten deutschen Kunstvereiue
viel beitragen.

Es sind im ganzen vier Punkte, auf welche sich die
Thätigkeit der Kunstvereine zu erstrecken pflegt: 1. Dauernde
Kunstausstellungen zu veranstalten und damit den Künst-
lern einen Kunstmarkt zu schaffen, wo sie unabhängig
vom Kunsthändler sind. 2. Zur Verlosung unter den Mit-
gliedern selbst Kunstwerke anzukaufen. 3. Kunstwerke
monumentaler Art Herstellen zu lassen oder Kunstwerke
für öffentliche Orte und Staatssammlungen zu stiften.
4. Sogenannte Vereinsgeschenke anzukaufen, deren Her-
stellung meist den Griffelkünstlern zukommt.

Inwiefern eine Vereinigung der deutschen Kunst-
vereine bei den beiden ersten Punkten fördernd ein-
treten kann, ist schon oben erörtert worden. Der dritte
Punkt würde für gemeinsame Thätigkeit wohl kaum ge-
eignet sein. Vielleicht aber eignet sich der vierte Punkt,
 
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