Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

DOI Artikel:
Barth, Hans: Die internationale Kunstausstellung von Florenz
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0219

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IS8

Die Internationale Kunstausstellung in Florenz. — Sinnsprüche, von A. Stier.

Holländischer Rangs. Nach einem Aquarell von F. I. du Lhattel.

Italien der populärste Porträtist zu sein. — Im Porträt
finden wir übrigens zahlreiche Ausländer: Alma Ta-
dema, Becker-Berlin, Samberger-München mit
Selbstbildnissen, wovon namentlich das des Letztgenannten
auffällt. Ein italienischer Kritiker ersten Ranges —
Vassallo — vergleicht dies seltsame Profil halb mit dem
eines Christus, halb mit dem eines Skeptikers. Da sind
ferner die vortrefflichen Franzosen Bonnat mit dem Bild
Renans, B esnard mit einer prächtigen Gesamtfamilie (die
an die „Familie" Martins de Boß in Brüssel erinnert),
Benjamin Constant mit dem Porträt seines Sohnes —
ein Werk ganz im Geiste van Dyks; der Spanier For-
tuny mit einer tizianischen Schönen, die er „Magdalena"
nennt u. s. w. Nur ein Italiener, Gordigiani, schließt
sich hier würdig an (mit einem Bild des Litterarhistorikers
Nencioni). Im Genre stoßen wir auf Liebermann
(übers Feld schreitender, alter Bauer), Uhde (kleine
Mädchen im Garten), Herterich (Träumerei in der
Abenddämmerung), Skarbina (Scenen aus Karlsbad und
Berlin), Dall Oca Bianca (meisterhafte Veroneser
Straßenbildchen), Crespi (wundervolle Abendstimmung),
Joris (römisches Volksleben), Kiene rk (Kinderstudien),
Max Fleischer (badende Jungen in der Normandie),
L'Hermitte (Spinnerin), Villegas (Marino Falieri),
Böcklin (Skizzen zu einer Diana-Jagd), Segantini
(dessen bereits in Deutschland ausgestellten symbolistischen
Sujets trotz ihrer technischen Vorzüge hier noch befremden),
Puvis de Chavannes (Enthauptung Johannes des
Täufers), Keller-München (S. Julia am Kreuze, von
bläulichem Mondschein Lbergossen — eine prächtige Akt-
studie, der man den religiösen Charakter nicht allzusehr
anmerkt). Die Engländer marschieren endlich mit ihren
präraffaelitischen Ladenhütern auf: Richmond mit einem
„Bad der Venus", Burne Jones mit einer unglaublich

hölzernen und nichtssagenden „Aurora", andere mit noch
Oederem. In der Landschaft erwähnen wir noch kurz
Sartorio-Rom (jetzt in Weimar) mit vorzüglichen Pa-
stellen, Leistikow mit einem wundersamen Waldsee,
einer wahren Symphonie von Grün aller Nüancen,
Mesdag mit Holländer Marinen, Marius de Maria
mit einer venezianischen Mondscheinlandschaft, endlich den
Spanier Enrique Serra mit einer Marmorgruppe
(Amor und Psyche inmitten eines Parkteichs). Die
Skulptur bietet mit verschwindenden Ausnahmen
(Hildebrands Marsyas und einigen Büsten Cifari-
ellos) nichts. Wenigstens heben sich aus dem Meere der
Geschmacklosigkeit höchstens die paar Bronze-Sächelchen
Barbellas, Trubetzkois u. s. w. ab — Nippes für
den Salon, Kunstindustrie, nicht Kunst. Das Gips-
modell der gleichzeitig in S. Lorenzo enthüllten, liegenden
Grabfigur Donatellos von Romanelli erinnert uns in-
dessen daran, daß es nicht immer um italienische Bild-
hauerei so übel bestellt war. vr. Hans Barth (Rom).

--s Mnufprüche. ^

Was murrt ihr über die neue Richtung,

Als bringe sie der Kunst Vernichtung,

Weil frei sie ihre Schritte lenkt,

Nicht an der Alten Schürze hängt?

Das Kind, das früh auf eig'nen Füßen
Zu gehn versucht, wird's freilich büßen
Mit manchem Fall, doch zeigt's dabei,

Daß es kcins von den schwächsten sei!

Warst einmal du Spaßmacher für die Menge,

So ist sie umzustimmen schwer.

Und ob dir auch ein ernstes Werk gelänge,

Man lacht vielleicht nur umso mehr.

A. Stier.
 
Annotationen