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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Petersen, Hans: Über die Qualitätsbestimmung des Oelfarbmaterials für Tafelmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0341

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272

lieber die Tualitätsbestimmung des Gelsarbmaterials für Tafelmalerei.

derart eine Neigung zum Aufstehen, daß naturnotwendig
in verhältnismäßig kurzer Zeit ganze Stücke der Farb-
fläche sich von der Leinwand völlig lösen müssen. Der
Schaden, soweit er heute schon besteht, ist nicht mehr
rückgängig zu machen, im besten Falle kann man die Be-
wegung, die im Bilde stattfindet, zum Stillstand bringen.

Malgrund und unzuverlässiges Farbmaterial bilden
beides zusammen die Ursachen dieses Verfalls — aber
mögen die Ursachen liegen wo sie immer wollen, es ist
bedauerlich, daß sie überhaupt gegeben sind.

Alle Versuche zur Veredelung des Malmaterials
sind unsicher, wenn uns nicht vorher eine klare Erkenntnis
des vorhandenen
Materials zur
Seite steht und
diese anzustreben
ist von bestim-
mender Notwen-
digkeit.Wir müssen
ein sicheres Wissen
haben über das,
was gut oder
schlecht, was
brauchbar oder
was unbrauchbar
ist für maltech-
nische Zwecke und
dieses Wissen muß
Allgemeingut der
Künstler werden.

Das eifrigste Be-
streben aber hier-
nach, kann uns
nur schrittweise zu
dieser Erkenntnis
führen—bestimmt
aber können wir
behaupten, daß
Beobachtungen,
über eine Reihe
von Jahren aus-
gedehnt, uns Ge-
wißheit über all
das geben, was zu
wissen für uns so
nötigist,wenndiese
Beobachtungen
systematisch und
authentisch sind.

Es handelt sich um Anlegung einer Sammlung
maltechnischer Versuchsobjekte und eines Archives hierüber
unter staatlicher Autorität. Letzteres betone ich ganz
bestimmt, denn private Beobachtungen und Sammlungen
dieser Art sind so gut wie wertlos für die Allgemein-
heit, sie zersplittern sich bald nach dem Tode des Samm-
lers und haben aus vielen Gründen nicht den Anspruch
auf absolute Zuverlässigkeit, wie solche vorausgesetzt
werden muß.

Wenn ich nicht irre, so wurde vom Lehrkörper der
Königlichen Akademie der Künste schon mehrfach die
Frage erörtert, ob es opportun sei, eine Versuchsstation,
d. h. ein Laboratorium für farbtechnische Versuche unter
Leitung eines Chemikers, einzurichten; wie mir mitgeteilt

wurde, ist man zur Verneinung dieser Frage gekommen
und nach meiner Anschauung auch völlig mit Recht.
Eine solche Versuchsstation liegt ganz außerhalb der
Grenzen einer Kunstakademie, ganz abgesehen von dem
zweifelhaften Wert eines solchen Instituts für die Kunst.

Ein gewaltsames Streben etwa nach einem rationellen
Malverfahren für handwerksmäßigen Anstrich, mag Erfolg
haben — die maltechnischen Eigenarten für die Tafel-
malerei aber sind doch von zu feiner Textur, als daß ein
Farbtechniker oder Chemiker dafür das richtige Empfinden
haben könnte, sowohl was die Farberscheinung selbst anbe-
langt, als das feine Empfinden für die Beurteilung der

Malfähigkeit. Die
entscheidendeKom-
Petenz hierfür ist
in letzter Linie
immer beim Maler.
Es ist ein anderer
Weg einzuschlagen,
der mit Sicherheit
zu guten Ergeb-
nissen führen wird.
Es soll nicht eine
Versuchs- als viel-
mehr eine Beob-
achtungsstation
sein und was der
Staat dafür zu
leisten hätte, wäre
einfach die Her-
gabe eines größe-
ren, atelierartigen
Raumes. Eine
Sammlung müßte
angelegt werden
und enthalten
Proben und Ver-
suchsstücke all der
Substanzen, die
maltechnisch Ver-
wendung finden
oder auf ihre Ver-
wendbarkeit beob-
achtet werden
sollen; Bildfunda-
mente, als Lein-
wand, Holz, Pappe
u. s. w., Oel- und
Kreidegrundan-
striche in der verschiedensten Zusammensetzung und Stärke
des Auftrags, Oelfarbenanstrich mit Glas bedeckt, offen und
in ganz dunklem Raum hängend, Farbschichten mehrfach mit
der Spachtel aufeinander getragen und Proben dünner
Lasuren, Oele und Firnisse in Fläschchen, deren Gewicht und
Volumen kontrolierbar sind, sowie das Verhalten der ganzen
Masse und deren Oberfläche in Hinsicht der Bildung von
Rissen — Stoffe bei Abschluß von Licht aufgehoben und
dem Licht ausgesetzt, — wie Kremserweiß sich hält unge-
firnißt und mit verschiedenen Gattungen von Firnis u. s. w.
Namentlich den Malgründen und den Fundamenten wäre
viel Aufmerksamkeit zuzuwenden; Holztafeln in mannig-
faltigster Grundierung wären zu sammeln, einseitig und
zugleich auch von der Rückseite gestrichen. Leinwand der

Hessische Bäuerin. Nach einer Griginal-Lithographie von Larl Bantzer.
 
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