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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Voll, Karl: Die VII. Internationale Kunstausstellung in München, [3]: das Ausland
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0471

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von vr. Uarl Voll.

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Ein Besuch Milkons bei Galilei, von Tito Lessi.

Landschaften scheinen nur Skizzen zu sein und doch
liegt so viel in ihnen. Von Raffaälli nichts zu
sehen wäre Heuer besser. Man hätte dann doch die
ungetrübte Erinnerung an all das Reizende, was er
uns schon geboten hat. Sein weißes Mädchen am Bett,
sein Straßenbild und sein Schuhputzer sind ein wenig mit
sehr ausgeschriebener Hand gemacht. Gandara brachte
wieder eines seiner schlanken Porträts einer vornehmen
Hellen Damenrobe. Zettels zarte Landschaften und
Thaulows „Nachtstück", erfreuen uns, ohne uns etwas
Neues zu bieten.

Amerika, eine Dependance der Pariser Malerei,
erschien zahlreich. Harrisons solide Tüchtigkeit bewährt
sich aufs neue und bleibt aufs neue unberücksichtigt.
Diese Aktstudien in Mondbeleuchtung am Meer oder am
stillen Weiher sind ausgezeichnet gemacht und finden doch
keine Sympathie; denn sie wirken nicht auf den ersten Blick
und werden gewöhnlich mit einem zweiten nicht bedacht.

Italien freut sich noch immer der robusten Kunst
des unermündlichen Segantini. Mehr szu leisten an
Sachlichkeit und unbedingter, dabei doch künstlerischer
Richtigkeit ist nicht möglich. Interessant ist das Bild,
wo der Maler einem Mädchen mit der Laterne sein
Werk zeigt. Die Studie ist alt und doch zeigt sie
schon den ganzen Segantini, wie wir ihn heute kennen,
nur etwas weicher, dafür aber weniger detailliert arbeitend.

Gola, Fragiacomo, Bazzaro und Bezzi zeigen, daß
Italien vielleicht doch nicht so weit davon enfernt ist,
wieder in der Kunst eine Bedeutung zu erlangen, als
man gewöhnlich glaubt.

Bei Spanien jedoch kann auch der Optimist wenig
Hoffnung haben. Verkaufsware und nichts als Ver-
kaufsware sehen wir hier. Sala, Pradilla-Ortiz,
Viniegra, I. Benlliure und wie sie alle heißen, sind
raffiniert geschickt wie immer, aber unerfreulich. Sorolla,
bemüht sich in den Segelflickern ein Pleinairbild zu geben.
Die ganze Gesellschaft steht im Freien, beschäftigt mit
einem riesigen Segel, das breit in schweren Falten auf
den Boden fällt. Das Sonnenlicht ruht in Hellen Flecken
auf dem Tuch und auf den Gesichtern und nackten Armen.
Das ist aber der Fehler, daß es ruht. Das Licht spielt
und huscht; man hat das Lichtproblem nicht gelöst, wenn
man diese Unruhe nicht dargestellt hat.

Auch in unserem Jahrhundert war es um die spanische
Kunst nicht immer so bestellt wie heute. Wir sehen in der
Ausstellung Aquarelle aus dem Orient von Fortuny, die
vielleicht der hohen für sie gezahlten Preise nicht ganz würdig
sind, die aber in ihrer unendlichen Sicherheit zeigen, daß
Menzels Einfluß sich auch auf die romanischen Völker er-
streckt hat. Von Goya, den die Deutschen nur aus seinen
Kupferdrucken kennen, sind rembrandteske, teilweise frappant
lebendige Zeichnungen ausgestellt.

Die Aunst für Alle XII.

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