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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Schultze-Naumburg, Paul: V. Die Kleinkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0473

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Von Paul Schultze-Naumburg.

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mit einer der höchsten Formen des Kunstwerkes, dem
Staffeleibild als Einzelkunstwerk abplagen, dem ihre
Kraft nicht gewachsen ist, auf Aufgaben zu weisen, die
ihnen vielleicht mehr „liegen", die dabei nicht geringer
gradieren, deren Lösung einen Zweck hat und sogar eine
Aussicht auf materiellen Gewinn gewährt?

Also ein Ende machen dieser unsinnigen Bildmalerei
nach tausend und abertausende», für die weder spezifisches
Talent noch Bedürfnis da ist.

Das alles sind Ideen, die nicht etwa der Laune
eines einzelnen entsprungen sind, sondern wie alle Zeit-
ideen, urplötzlich wie eine Erkenntnis in den Köpfen von
tausenden gleichzeitig aufgehen, und sich wie ein Lauffeuer
Mitteilen. Wie alle großen Reformationsideen tauchen
sie mit Riesengewalt auf und da der Boden schon lange
für sie vorbereitet ist, brechen sie sich unaufhaltsam Bahn.

Es ist kein bloßer Gelegenheitsversuch, wenn dem-
nächst in demselben Hause, in dem unsere „Kunst für
Alle" geschaffen wurde, ein neues Organ entsteht, das
diesen hier geäußerten Ideen zum allgemeinen Ausdruck
verhelfen will. Hier trifft einmal das Wort zu, daß
einem Bedürfnis abzuhelfen ist, denn insofern das über-
haupt Zeitschriften können, thaten das bis jetzt bei uns
ausländische. Wer in dem heutigen Kunstschaffen steht
und sieht, wie all die frischen Kräfte, all die positiven
Menschen der That, sich nach der Periode des ewigen
Bildermalens, das alle künstlerisch veranlagten oft ganz
entgegen ihrem, ihnen eigentümlichen Talent, trieben, auf
das sie nur durch eine Zeitströmung gekommen, mit einem
wahren Heißhunger auf die neuen Aufgaben wie auf eine
Erlösung stürzen und dabei eine Fülle des Gestalten-
reichtums beweisen, der weiß daß unser ganzes gesamtes

Ecke aus einem Zimmer der Kleinkunst.

Eingerichtet von Architekt Martin Dälfer.

VII. Internationale Kunstausstellung zu München.

Ecke aus einem Zimmer der Kleinkunst.

Eingerichtet von Architekt Theodor Fischer.

VII. Internationale Kunstausstellung zu München.

Kunstschaffen vor einer gewaltigen, einschneidenden Wen-
dung steht.

Dieser vorzuarbeiten und im Volke Verständnis und
Boden zu bereiten, soll die „Dekorative Kunst" dienen,
die von Oktober d. I. ab erscheinen wird (München,
Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G. Monatlich ein Heft,
Preis Pro Quartal 8^/4 M.).

Da mir hier ganz und gar der Raum fehlt, auf
Einzelwerke der Abteilung einzugehen, will ich wenigstens
die Namen derjenigen anfügen, die besonders an dem
Gelingen dieser zwei Räume Verdienst haben. Jeder
der beiden Architekten Fischer und Dülfer hatte das
Arrangement von je einem Zimmer übernommen und sich
zu dem Zweck mit dem besonders durch seine Stickereien
bekannten Bildhauer Obrist, dem Maler und Schrift-
steller v. Berlepsch, den Malern Riemerschmid,
Erler, Eck mann, verbunden, denen noch Hofrat
vr. Rolfs beitrat, dessen vielseitige Erfahrung und
organisatorisches ^Talent dem Unternehmen von hoher
Wichtigkeit war.'" Jeder der genannten Künstler beteiligte
sich aktiv an der Ausstellung; die zu gründende neue Zeit-
schrift wird Veranlassung geben, näher auf ihre Werke ein-
zugehen. Auch von auswärts kamen viele Werke, von
denen nur kurz Namen wie Koepping, Länger, Galle,
Tiffany genannt seien.

-^<x) Aphorismen.

Kunst kann man das Talent nennen, die Natur für die
Anschauung auf den faßlichsten, kürzesten Ausdruck zu bringen.

Den Blumenstrauß, den du bewunderst, wirst man morgen
weg; die Kunst, die sein Bild festhält, bleibt ewig.

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