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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 1
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Hancke, Erich: Mit Liebermann in Amsterdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0025

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MAX L1EBERMANN, STRASSE IN EMDEN. 189!. KREIDEZEICHNUNG

Bevölkerung der Amsterdamer Strassen wie ein
Rausch erregte, holte ich ihn in seinem am Haupt-
bahnhof gelegenen Hotel ab.

Als ich nach ihm fragte, war er soeben ange-
kommen, allein, ohne Familie. Ich Hess mich an-
melden und sofort kam er die Treppe herab in
grauem Sommeranzug, dunklem Paletot, mit kleinem
steifen Hut, der ihn sehr gut kleidete, schwarzer,
etwas abgenützter Krawatte, dunklen Glaces und
Regenschirm. Er war sehr gut aufgelegt, sah vor-
züglich aus, von der Sonne gebräunt, beweglich
wie Quecksilber und sehr elegant.

Wir traten auf die Strasse und nachdem er mich
an seine rechte Seite befördert hatte — auf dem
linken Ohr hört er nicht gut — fing er sogleich
an, mir von den beiden neuen Halsen in Haarlem

vorzuschwärmen. Er kam direkt
von dort her.

Diese Bilder, zwei Porträts,
die von ihrem Besitzer, dem
polnischen Grafen Zamoyski,
dessen Vorfahren sie darstellen,
dem Haarlemer Museum geliehen
waren, begeisterten Liebermann:
„Wissen Sie, das waren Juden,
die in Holland reich geworden
sind, dann nach Polen gingen
und dort Grafen wurden". Diese
Vorstellung regte ihn förmlich
auf, aber auch an sich entzückten
ihn die Bilder. „Ich habe da eben
ein Porträt gemalt, auch ganz in
Schwarz (das ausgezeichnete Bild
des Hamburger Bürgermeisters
Burchardt), da finde ich das eben
wundervoll, wie Frans Hals das
Schwarz behandelt. Und diese
wunderbare Hand und das Kleid
mit dem Gold. Und haben Sie
das Rosa an dem Ärmel gesehen?
Das ist göttlich."

Die Strasse hinaufschreitend
erzählte er dann wie viel er in
Noordwyk gemalt hatte. „Acht-
zehn Bilder in vier Wochen.
Sehen Sie, so eine Kiste voll
Bilder ist gestern nach Berlin ab-
gegangen ," sagte er, auf eine meter-
grosse quadratische Kiste deutend,
die vor einem Torweg auf dem
Trottoir stand. Besonders von
einem Tennisplatz in voller Sonne sprach er, den
jeder für unmalbar erklärt hatte, und der, wie
er glaubte, ausgezeichnet gelungen sei, das Beste
was er noch gemalt habe und vor allem ganz
anders als bisher. Dann kam er auf Israels zu
sprechen. Sein Begräbnis war infolge des taktlosen
Benehmens der Scheveninger Badegäste nicht so
würdig gewesen, wie es sich gehört hätte, was
Liebermann empörte. Von Israels kam die Rede
auf das Rembrandthaus in der Jodenbreestraat, das
auf Israels Betreiben restauriert und in ein Rem-
brandtmuseum umgeschaffen worden war. Da ich
es nie gesehen hatte, erbot Liebermann sich es mir
zu zeigen.

Erst aber gingen wir noch zu seinem Zigarren-
lieferanten, dem er eine Rechnung schuldete, um



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