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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 1
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Hellwag, Fritz: Die Werkstatt der Kunst und die A. D. K. G.: eine Erklärung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0086

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DIE WERKSTATT DER KUNST UND DIE A. D. K. G.

EINE ERKLÄRUNG

FRITZ

VON

HELLWAG

Als ich im Jahre 1907 die Redaktion des von mir
zusammen mit einigen Künstlern begründeten
wirtschaftlichen Interessenblattes der bildenden Künst-
ler „Die Werkstatt der Kunst" auf Wunsch des Ver-
legers, wieder übernahm, war inzwischen die „Allge-
meine Deutsche Kunstgenossenschaft" mit geschlosse-
nem Abonnement dem Blatte beigetreten und hatte
es damit zu ihrem „Vereinsorgan" erwählt. Da mir be-
kannt war, dass die Kunstgenossenschaft eigentlich ganz
zu Unrecht noch die Bezeichnung „allgemeine" führte,
denn es waren ja aus ihr die jetzt im Deutschen
Künstlerbunde vereinigten Künstler ausgetreten, so be-
fürchtete ich, dass die allgemeinen Künstlerinteressen,
die durch ijoo freie, direkte Abonnenten vertreten
wurden, zu kurz kommen könnten, wenn der Redakteur
etwa gezwungen wäre, für die Kunstgenossenschaft eine
partikularistische Vereinspolitik zu treiben. Der Verlag
beruhigte mich aber mit der Versicherung, dass die A. D.
K. G. sich in dem Vertrage jedes Einflusses auf die
Redaktion enthalten habe, und es sich lediglich darum
handele, dass das Blatt den Mitgliedern auf Vereins-
kosten zugestellt und dem Vorstand für die offiziellen
Nachrichten regelmässig eine Seite reserviert werde.
Eine Stellungnahme gegen die A. D. K. G. sollte
natürlich vermieden werden. Nach dieser sicher in
bester Überzeugung abgegebenen Erklärung des Verlages
setzte ich noch mit ihm zusammen ein Schreiben an den
damaligen Präsidenten der A. D. K. G. auf, in dem es
unter anderem hiess: „Das Blatt ist gegründet worden
und bestimmt, sich von jeder, insbesondere von lokaler
Parteinahme freihaltend, die Interessen aller deutscher
Künstler nach Kräften zu wahren. Redaktion und Verlag
werden, wie bisher, jedem Versuch partikularistischer
Beeinflussung entgegentreten. Wir werden bestrebt
sein, alle Äusserungen auf einen Ton zu stimmen, dem
jeder Künstler ein Interesse abgewinnen kann." Erst,
nachdem ich meine redaktionelle Freiheit so zugunsten
der gesamten Künstlerschaft gewahrt zu haben glaubte,
und kein Protest der A. D. K. G. dagegen eingelaufen
war übernahm ich die Redaktion.

Leider zeigte sich sehr bald, dass selbst die kate-
gorische Abgrenzung der redaktionellen Freiheit mich
nicht vor Übergriffen und Anfeindungen der A. D.K. G.
bewahren konnte. Das lag erstens daran, dass über die
„Interessen der A. D. K. G." überhaupt nicht die min-
deste Klarheit herrschte, zweitens daran, dass zur Ver-
tretung dieser Vereinsinteressen, auf dem Wege der
kurzsichtigsten Cliquenwirtschaft in geheimen Wahl-
vereinigungen, immer wieder Männer bestellt wurden,
denen es im höheren Sinne an der Befähigung ge-

brach, auch nur eine einzige Sache grosszügig von
einem allgemeinen Gesichtspunkt zu betrachten. Wei-
ter schauende Künstler, woran es keineswegs fehlte,
konnten mit ihren Reformideen gegen das Wahlsystem
nie aufkommen. Die Leitung der A. D. K. G. erkannte
ihre „Interessen" nur darin, alles-zu befehden und
niederzuhalten, was nicht Kunstgenossenschaft hiess.
Fortwährend war ich der ödesten Gesinnungsschnüffelei
ausgesetzt. Bei allem, was ich für die Allgemeinheit that,
und worin nicht der Vereinsstandpunkt der A. D. K. G.
herausgekehrt war, hiess es, ich sei ein „Sezessionist".
Man gab sich die erdenklichste, jahrelang fortgesetzte
Mühe, mir einen,,Modernisteneid" abzufordern. Brachte
ich zwischendurch einmal die Nachricht, dass ein Ange-
höriger der Sezession zum Professor ernannt wurde
oder ähnliches, so erhob sich ein Geschrei: das wollen
wir in unserem Blatte nicht lesen. Meldete ich zum
Beispiel die Begründung des „Deutschen Werkbundes",
dann war das ein „notorisches Eintreten" für ihre „ge-
schworenen Feinde". Die akademischen Erörterungen
der Juryfrage, die schliesslich zu der Gründung jury-
freier Ausstellungen führten, bedeuteten „naturgemäss''
eine Schwächung der A. D. K. G. Weil die A. D. K. G.
das Blatt für ihre Mitglieder abonniert hatte, sollten
eben alle Interessen der Allgemeinheit unterdrückt
werden. Wenn der jetzige bayerische Ministerpräsident,
damals noch Universitätsprofessor, im Reichstag zum
Kunstetat sprach, so waren, nach der Meinung des Präsi-
denten der A. D. K. G., seine Äusserungen „nur daraus
entsprungen, dass die-Rivalität zwischen Kunst und
Wissenschaft kleinlichen Neid erweckt. Aber je höher
eine Sache ist, desto weniger Sinn haben kleinliche
Menschen dafür." (Das sagte die A. D. K. G.!) Bei
anderer Gelegenheit wurde mir der Geheimrat L. im
Reichsamt des Innern als der Mann bezeichnet, „der
bestrebt ist, die beiden grossen Künstlerkorporationen
auseinanderzuhalten, um seinen Zweck zu erreichen:
sich an der Kunstgenossenschaft zu rächen." Als ich
gegen die „Gesellschaft für deutsche Kunst im Auslande"
vorging, — für die das Reich nicht einen Pfennig be-
willigen wollte, solange die seitherige ungeeignete Lei-
tung fortbestände, — und den Rücktritt dieser Leitung
erreichte, da begann die A. D. K. G. ein grosses Wehklagen,
ich hätte damit sie geschädigt. Zwar hatte die A. D. K.
G. vorher meinem Vorgehen zugestimmt, weil die
Gesellschaft sich „unfreundlich zu ihr" gestellt habe.
Weil ich aber nun die Künstlerschaft allgemein auf-
forderte, sich jetzt Einfluss auf die Gesellschaft zu
sichern, da hatte ich die Interessen der A. D. K. G.
„schwer verletzt". Schleunigst verbrüderte sich die

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