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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 2
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Scheffler, Karl: "Imperator": ein Offener Brief an den Generaldirektor der Hamburg-Amerika-Linie
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0107

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„IMPERATOR"

EIN OFFENER BRIEF
AN DEN GENERALDIREKTOR DER HAMBURG-AMERIKA-LINIE

von KARL SCHEFFLER

Sehr geehrter Herr Ballin,
die Herren Schriftsteller, die neulich auf dem „Im-
perator" nach England spazieren gefahren sind, haben
von Ihrem neuen Riesendampfer solche Wunderdinge
erzahlt, dass ich gern einmal einen Rundgang durch
das Schiff gemacht hatte. Ihr Bureau schrieb mir aber,
dass es nicht angehe. Doch hatte es die Liebenswürdig-
keit zwei Publikationen mit einem reichen Bildermaterial
als Rezensionsexemplare zu senden, so dass ich mich,
als ein an Architekturbetrachtung Gewöhnter über
das, was zu wissen mir am interessantesten ist, auch
so genügend orientieren kann. Was ich auf dem
„Imperator" suchte war die Widerlegung oder Be-
stätigung eines Eindrucks, der aus den Schilderungen
Ihrer literarischen Gäste hervorgegangen ist, dem aber
diese Gäste selbst, soweit ich sehen kann, nirgend Aus-
druck verliehen haben. Ich fürchte, die Geladenen sind
etwas zurückhaltend gewesen, sonst hätten sie nicht
einhellig über etwas geschwiegen, das so sehr in die
Augen springt. So ist Ihnen, Herr Direktor, der Ge-
nuss entgangen Aufrichtigkeiten zu hören. Denn, dass
dieses Ihnen ein Genuss ist, darf ich doch annehmen?
Wer selbst so kräftig seine Meinung sagt, wie Sie es

jüngst der deutschen Ausstellungskommission gegen-
über getan haben, der muss notwendig auch die Leiden-
schaft haben, kräftige Worte von andern zu hören.
Da sich nun scheinbar keiner von denen findet, die Ihr
stolzes Schiff aus unmittelbarer Anschauung kennen, um
gewisse Dinge auszusprechen, so fällt mir die Aufgabe
zu, trotzdem ich nur nach Abbildungen urteilen kann.

Es ist wirklich eine Aufgabe. Es handelt sich um
Grundsätzliches, um ein allgemeines Interesse.

Sie, verehrter Herr Ballin, gelten in ganz Deutsch-
land als das Muster eines modernen Menschen. Als
ein Self-made-man von bedeutenden Qualitäten und
als einer der sichtbarsten Vertreter unseres weltwirt-
schaftlich denkenden Kaufmannsgeistes. Mit Recht.
Der Kaiser hat Sie zudem so ausgezeichnet, dass auch
dadurch ein besonders helles Licht auf Sie fällt, dass
Sie auch dadurch der Nation als vorbildlich in Ihrem
Arbeitskreise bezeichnet werden. Ihre Pläne, Thaten
und Erfolge erscheinen infolgedessen symbolisch für
gewisse Teile der deutschen Arbeit. Ein Schiff wie
der „Imperator" ist nicht nur von der H. A. P. A. G. ge-
baut worden, sondern recht eigentlich von der ganzen
Nation. Das eben giebt jedem Selbständigen aber auch

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