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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 2
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0144

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ERICH WASKE, PARISER LANDSCHAFT
AUSGESTELLT IN DER JURYFREIEN KUNSTSCHAU, BERLIN

futuristischen Manifesten im Hintergrund klebt. Dieses
scherzhafte Verfahren wird Abkehr von der banalen
Naturnachahmung, wird eine Malerei des seelischen
Eindrucks genannt. Schade ist es in dem Milieu dieser
tollen Ausstellung vor allem um einen: um Franz
Marc. Er ist ein echtes Talent, in dem eine schöpferi-
sche Kraft jugendlich gewittert. Er wäre eine Hoffnung,
wenn es ihm gelänge, sich aus diesem proletarischen
Geistesmilieu zu befreien, wenn er sich zur rechten
Zeit reinlich scheiden könnte von missgestalteten
Schwärmern, eitlen Mitläufern und erfolgstollen Sans-
kulotten. —

In welcher Weise die neueste Kunst gut ausgestellt
werden kann, das war, im Gegensatz zu diesem Herbst-
salon, bei Fritz Gurlitt zu sehen. Dort wurden Bilder
von Willi Jäckel gezeigt, die den guten Eindruck, den
dieses neue Talent in der Jury freien Ausstellung gemacht
hat, durchaus bestätigen. Es entzündet sich an diesem
Namen, an diesen klangvollen Versuchen eine Hoffnung.
Max Pechstein trat überraschend mit einer Reihe von
Skulpturen hervor, die, etwa im Sinne von Bourdelle,
einen Ausgleich zwischen Rodin und Maillol suchen,

die stark zum Exotischen gravitieren, in
denen aber auch eine entschiedene per-
sönliche Kraft sichtbar wird. Man bewun-
dert von den Arbeiten Pechsteins vor
allem die starke Vitalität dieser Persön-
lichkeit, die unverwüstliche, sehr schnell
und reich produzierende Kraft. Und auch
den Gesamtklang seiner Formen und Far-
ben. Betrachtete man, zum Beispiel, bei
Gurlitt eine ganze Wand mit Zeichnungen
und Aquarellen, so war der Eindruck
musikalisch sehr wohlthuend; trat man
aber näher, so hielt das einzelne Blatt
nicht, was die Gesamtheit der Blätter ver-
sprach. Pechstein hat das Ganze eher wie
die Teile. Er muss darum von der Höhe
des Gesetzes herab nun unablässig und
treuen Sinnes die Erfahrung und die
Durchdringung und Behandlung der
Einzelform suchen. Einige gezeichnete
Köpfe waren von grosser Kraft und
Schönheit; andere dagegen sind ganz
archaistisch leer. Das bedeutet: Pech-
stein ist noch zu sehr vom ersten Wurf
abhängig. — Oscar Moll bleibt auf der-
selben Stufe; es ist als habe er sein Maass
erreicht. Seine Landschaften sind wieder
voll feiner farbiger und kompositioneller
Reize, voll dekorativen Esprits und zar-
ter Nuancen; doch fehlt immer das Ab-
schliessende. Wahrscheinlich hat Moll
recht, in seinen Darstellungen nicht
weiter zu gehen; aber er hat nur Recht
mit Bezug auf seine subjektive Begabung,
nicht objektiv künstlerisch. K. Seh.

DIE BERLINER JURYFREIE KUNSTSCHAU
In einer öffentlichen Künstlerversammlung wurde
im Spätsommer 1911 in sehr lebhafter Weise für und
wider eine Berliner „Juryfreie" diskutirt und schliesslich
ein Ausschuss gewählt, der für die Verwirklichung einer
solchen Veranstaltung Sorge tragen sollte. Aus diesem
Ausschuss heraus konstituierte sich die „Vereinigung
Bildender Künstler" E. V., deren Aufgabe es sein sollte,
juryfreie Kunstausstellungen zu veranstalten. Bei der
Verwirklichung zeigten sich bald Schwierigkeiten. Be-
kannte Künstler, die bereit waren zu helfen und durch
deren Namen die Veranstaltung ein gewisses Relief
bekommen hätte, wurden von Gegnern der Juryfreien
veranlasst sich zurückzuziehen, da nach Meinung der
Gegner eine solche Veranstaltung nur eine Kitsch-
ansammlung werden könnte und geeignet sei, sie zu
kompromittieren.

Die verbleibenden Herren, sahen die Sache weniger
pessimistisch an, doch mag zugegeben werden, dass die
ersten Wagenladungen Bilder beängstigend wirkten.

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