IN
etwas schlaffen herabsinkenden Formen:
in der flachen gesenkten Brust, den ab-
fallenden Schultern, die auf hohem Hals
den vorgestreckten Kopf tragen; in den
herabhängenden Händen, die, sich leise
wölbend, in das Gesamt der Formen ein-
gehen und somit sich den vorgedrängten
und zurücksinkenden Kurven verbinden.
Kopf und Hände scheinen durch einen
Impuls bewegt. Die ausgleichende Mo-
dellierung des jetzt unbemalten Körpers
suggeriert den Schimmer belichteter Haut.
Dies und die Stärke der Naturwirklich-
keit, der im Gesicht, zumal in den Nasen-
flügeln, in Mund und Kinn erreicht ist,
erhöhen das Momentane der Figur. In
diesem Betonen individueller Züge bildete
Thutmes Anregungen aus dem mittleren
Reich fort. Das Berliner Museum besitzt
ein kleines Meisterwerk dieser Zeit aus
hartem grünen Schiefer, die Halbfigur
einer Königin: in ihr hat ein Vorläufer
die Knochenkonstruktion des Kopfes
schon ebenso bündig bezeichnet, die Flä-
chen durch eingetragene Details wie Falten
und Augenringe geteilt und kompliziert.
Klug ist bei der Kalksteinfigur die
Fülle und Besonderheit der Formen bis
zum Kopf gesteigert, der über dem schlan-
ken Hals wie absichtlich isoliert steht,
während die früheren Künstler die ein-
gerem Wiederholen leicht einen Stil in eine Manier heitliche Gesamtform dadurch zu wahren suchten,
verzerren. Ahnliches kann man in der spätgotischen dass sie den Kopf durch ausgebreitete Haarmassen
Skulptur feststellen. oder ein Tuch zusammenschlössen. In dieser Arbeit
Die Statuette der Königin (Abb. 5) ist ein ist der sehr betonte, nach hinten verlängerte Kopf
Meisterstück der Teil el-Amarna-Kunst. Der auf wichtig für die allgemeine Formbewegung: Bauch
der Abbildung noch fehlende Sockel mit den und Brüste sind elliptisch gebildet und nach unten
Füssen und das Pfeilerende am Kopf wurden später gesenkt, die Aufwärtsbewegung des gleichgeformten
aufgefunden. Farbreste am Kopf, das Zitronen- Kopfes bewirkt den Ausgleich der Massen. Aus
gelb des Stirnreifs, die schwarzen Linien der Augen dem Lineament der Figur erwächst dieser aus-
und zarte Spuren von Rot auf den Lippen heben ladende Schädel ebenso notwendig wie bei den
noch jetzt die stumpfe Helligkeit ,des Kalksteins, stehenden Kindern des Reliefbildes, was die inter-
Die altägyptische Fassung der stehenden oder schrei- essante, dem Kairener Museum gehörige Granit-
tenden Figur ist in dieser Statuette aufgelockert. Statuette (Abb. 6) ebenfalls bestätigt. Auch diese
Die Komposition mit dem Rückenpfeiler stammt formale Lösung wurde schon früher gefunden. In
von den Meistern des alten Reichs, die eine Plastik der Granitstatuette eines sitzenden Mannes im
elementar, als gegliederte Raumform auf einfachen Berliner Museum, Nr. 1011 5, nach dem Stil dem
stereometrischen Grundlagen aufbauten. Der Bild- mittleren Reich angehörend, benutzte ein älterer
hauer Thutmes sucht, obwohl er das alte Schema Meister gleichfalls den verlängerten Schädel als
beibehält, die individuelle Form und den Ausdruck Mittel des Formausgleichs: die Gesamtmodulation
des bewegten Lebens auf. Er findet ihn in den endet befriedigend in diesem Kopf, dem von vorn
TORSO AUS VIOLETTEM SANDSTEIN. KAIRO. 0,33 ™ HOCH
ABB. 9
116
etwas schlaffen herabsinkenden Formen:
in der flachen gesenkten Brust, den ab-
fallenden Schultern, die auf hohem Hals
den vorgestreckten Kopf tragen; in den
herabhängenden Händen, die, sich leise
wölbend, in das Gesamt der Formen ein-
gehen und somit sich den vorgedrängten
und zurücksinkenden Kurven verbinden.
Kopf und Hände scheinen durch einen
Impuls bewegt. Die ausgleichende Mo-
dellierung des jetzt unbemalten Körpers
suggeriert den Schimmer belichteter Haut.
Dies und die Stärke der Naturwirklich-
keit, der im Gesicht, zumal in den Nasen-
flügeln, in Mund und Kinn erreicht ist,
erhöhen das Momentane der Figur. In
diesem Betonen individueller Züge bildete
Thutmes Anregungen aus dem mittleren
Reich fort. Das Berliner Museum besitzt
ein kleines Meisterwerk dieser Zeit aus
hartem grünen Schiefer, die Halbfigur
einer Königin: in ihr hat ein Vorläufer
die Knochenkonstruktion des Kopfes
schon ebenso bündig bezeichnet, die Flä-
chen durch eingetragene Details wie Falten
und Augenringe geteilt und kompliziert.
Klug ist bei der Kalksteinfigur die
Fülle und Besonderheit der Formen bis
zum Kopf gesteigert, der über dem schlan-
ken Hals wie absichtlich isoliert steht,
während die früheren Künstler die ein-
gerem Wiederholen leicht einen Stil in eine Manier heitliche Gesamtform dadurch zu wahren suchten,
verzerren. Ahnliches kann man in der spätgotischen dass sie den Kopf durch ausgebreitete Haarmassen
Skulptur feststellen. oder ein Tuch zusammenschlössen. In dieser Arbeit
Die Statuette der Königin (Abb. 5) ist ein ist der sehr betonte, nach hinten verlängerte Kopf
Meisterstück der Teil el-Amarna-Kunst. Der auf wichtig für die allgemeine Formbewegung: Bauch
der Abbildung noch fehlende Sockel mit den und Brüste sind elliptisch gebildet und nach unten
Füssen und das Pfeilerende am Kopf wurden später gesenkt, die Aufwärtsbewegung des gleichgeformten
aufgefunden. Farbreste am Kopf, das Zitronen- Kopfes bewirkt den Ausgleich der Massen. Aus
gelb des Stirnreifs, die schwarzen Linien der Augen dem Lineament der Figur erwächst dieser aus-
und zarte Spuren von Rot auf den Lippen heben ladende Schädel ebenso notwendig wie bei den
noch jetzt die stumpfe Helligkeit ,des Kalksteins, stehenden Kindern des Reliefbildes, was die inter-
Die altägyptische Fassung der stehenden oder schrei- essante, dem Kairener Museum gehörige Granit-
tenden Figur ist in dieser Statuette aufgelockert. Statuette (Abb. 6) ebenfalls bestätigt. Auch diese
Die Komposition mit dem Rückenpfeiler stammt formale Lösung wurde schon früher gefunden. In
von den Meistern des alten Reichs, die eine Plastik der Granitstatuette eines sitzenden Mannes im
elementar, als gegliederte Raumform auf einfachen Berliner Museum, Nr. 1011 5, nach dem Stil dem
stereometrischen Grundlagen aufbauten. Der Bild- mittleren Reich angehörend, benutzte ein älterer
hauer Thutmes sucht, obwohl er das alte Schema Meister gleichfalls den verlängerten Schädel als
beibehält, die individuelle Form und den Ausdruck Mittel des Formausgleichs: die Gesamtmodulation
des bewegten Lebens auf. Er findet ihn in den endet befriedigend in diesem Kopf, dem von vorn
TORSO AUS VIOLETTEM SANDSTEIN. KAIRO. 0,33 ™ HOCH
ABB. 9
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