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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 6
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0383

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LUDWIG MEIDNER, DER RAUCHER

AUSGESTELLT IM GRAPHISCHEN KABINET J. B. NEUMANN, BERLIN

und Schulden machte. Aber fast ebensoweit war
Bruegel von der Anschauung seines grossen Vorläufers
Bosch entfernt, der auch den Menschen im Lauf der
Welt verschwinden sah, dem aber all dieses Treiben
wie ein Traum von weltlicher Thorheit vorkam, den
er von der Zinne seiner strenggläubigen Überlegen-
heit verdammte und geisselte. Bruegel war kein mora-
listischer Satiriker mehr wie Bosch und noch kein
temperamentvoller Teilnehmer an Menschlichkeiten wie
Brouwer; er war ein scharfer Beobachter, der die Thor-
heiten der Welt weder mitmachte noch verdammte.
Mit Bosch gemeinsam hat er den grossen Überblick, den
Abstand. Er steht nicht auf gleichem Boden mit seinen
Objekten. Er sieht sie mehr als Beispiele und Vertreter
an und noch nicht als Einzelfälle um ihrer selbst willen.
Der Standpunkt von Bosch war noch dramatisch. Wie
Bosch die Vision über das Thema schuf, dass „alles
Fleisch wie Heu" ist, da sah er den einen grossen Heu-
wagen vor sich, der Weltliche und Geistliche, Papst und
Kaiser, alles Fleisch unter seinen Rädern in gleicher
Weise zermalmt. Sein Gemälde ist ein einziges Bühnen-
bild, eine übervolle aber abgeschlossene Szene. Brouwer
andererseits ist Novellist und Plauderer; er führt uns
in einen häuslich gegebenen Raum, setzt sich mit seinen
Objekten an einen Tisch, macht mit und führt uns vor,
wie es die paar Kumpane treiben. Will man zwischen
diesen beiden Endpunkten die Stellung angeben, die
Bruegel einnimmt, so bleibt einem nur die Definition

übrig, Bruegel einen Epiker zu nennen. Er
sieht Einzelvorgänge nacheinander und
läßt sie, da er als Maler ohne den Ablauf
der Zeit auskommen muss, sich nebenein-
ander abspielen. Er befindet sich, nicht
nur bei den „vlämischen Sprichwörtern",
in derselben Lage wie die Prosa-Erzähler
seiner Zeit, die ihre Epen aus einzelnen
Novellen zusammensetzen, wobei sie es
sich zur Aufgabe machen, die Serie von
Einzelereignissen durch eine gemeinsame
umschliessende Rahmenerzählung auf eine
einheitliche Bühne zu bringen. Bruegel
hat die Serie der „vlämischen Sprich-
wörter" auch einmal (anno 155:8) als Ein-
zelbilder behandelt und es ist aus seiner
ganzen Tendenz heraus verständlich, dass
diese unverbundene Serie (sie befindet
sich in der Sammlung Mayer van den Bergh
in Antwerpen) früher entstanden ist, als
unser 1559 (oder 15:60) datiertes Bild, das
alle Sprichwörter in einer vierteiligen, aber
kontinuierlichen Szenerie sich abspielen
lässt.

Schliesslich kann man die Zwischen-
stufe, die Bruegel zwischen Bosch und
Brouwer einnimmt, nicht nur an der Kom-
position feststellen, sondern auch an der
farbigen Gestaltung. Bosch sah seine gemalte Welt
noch unter einer Grundfarbe an, aus der alle die viel-
farbigen Figuren auftauchen, um in ihr unterzugehen.
Brouwer geht von der Farbe seiner Objekte aus; ihm,
dem in Holland geschulten, treten die Dinge bereits in
harmonisch feingestuften Nuancen vors Auge. Bosch
sah die buntscheckige Welt durch ein verbindendes
Medium an, Brouwer wendet den Blick nur dahin, wo
er auf einem begrenzten Räume leicht zusammengehende
Töne vorfindet, die er bloss zu ordnen und zu pointieren
braucht. Ganz anders Bruegel; er hat den Schleier des
Gesamttones zerrissen, der bei Bosch die bunte Welt
einhüllte; er ist aber auch nicht in das dämmernde
Halblicht eingetreten, in welchem Brouwer seine Motive
fand. Bruegel scheut vor dem Widerstand, den die
vielfältige Buntheit der Welt dem Maler entgegensetzt,
nicht zurück. Er zwingt sie einfach dadurch, dass er
eine Kraft zwischen viele andere setzt. Und wenn zwei
oder drei noch unerträglich sich gestossen hätten, so
lebt die Gesamtheit in Frieden, denn jede einzelne
Farbe reibt sich an vielen Nachbarn. Und so ist der
Gesamtklang von Bruegels Farbigkeit ein glasheller,
rein wie ein Kristall, der sich in den heitersten Farben
bricht. Bei Bosch wie bei Brouwer bleibt einem noch
ein Rest von materieller Gesamtfarbe übrig. Bruegel
enthebt die Farbe, ohne sie zu brechen, ihrer gegen-
ständlichen physischen Schwere. Und darin hat er nur
in einem seinen Meister gefunden, in Rubens. Es freut

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