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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 7
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Alten, Wilken von: Die internationale Ausstellung in der Bremer Kunsthalle
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0429

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HONORE DAUMIER, SERENADE
AUSGESTELLT IN DER BREMER KUNSTHALLE

185:9. Noch ist das Atelier Coutures nicht abgestreift,
aber wie der dunkle Fleck der Flasche gegen den hellen
Boden steht, wie der vorgesetzte Fuss des Trinkers
etwas vom blauen Strumpfe — die einzige starke Farbe
des Bildes — erscheinen lässt, darin spürt man schon die
Klaue des Löwen. „Faure als Hamlet", 1877 entstanden,
wirkt weniger eindrucksvoll. Vielleicht ist das Auftrags-
verhältnis, bei dem der Belatre gewiss spezielle Wünsche
äusserte, daran schuld. Fünf Monets geben einen guten
Eindruck namentlich von seinem späteren Schaffen, das
kaum zum Vorteil für seine Kunst, zu sehr das Fleisch
gewordene Programm des Impressionismus ist. Nament-
lich sein Dogenpalast von 1908, wo auf jede bildmässige
Gestaltung verzichtet ist, die Form vollkommen zu
einem violett-rosa Geflimmer aufgelöst wird, beweist
die Gefahr, die in jeder zu ausschliesslichen Betonung
eines an sich noch so wertvollen Programms liegt.

Welch wundervolle Resultate gerade da erzielt
werden, wo neues Sehen und alte Bildkultur sich ver-
mählen, zeigen die Werke Renoirs. Am stärksten spürt
man die Verankerung in der so unendlich logischen
Kunstentwickelung Frankreichs bei der „Badenden" der

Sammlung Reber. Nichts Bildmässigeres als
diese nackte Frau, in ihrer trotz aller Fettheit
subtilen Grazie. Das ganze Dix-hutieme wird
in ihr und der romantischen Landschaft leben-
dig. Und das alles ist gemalt mit einer Palette,
deren Süssigkeit eben nur Renoir zur Ver-
fügung gestanden hat. Ein frühes Blumenstill-
leben, in dem die roten und blauen Farbenflecke
wie Edelsteine auf dem dunklen Grunde liegen,
fixiert den Ausgangspunkt des Künstlers. Dann
folgen zwei Landschaften, von denen „Varge-
mont in der Normandie" 1879 datiert ist, einige
seiner bekannten meisterhaften Blumenstücke
der achtziger Jahre, und als besonders importante
Schöpfung „Am Piano" von 1892, aus Rosa und
Hellblau aufgebaut von unbeschreiblicher Schön-
heit des Farbmaterials. Das Problem der räum-
lichen Bildkomposition ist zudem hier mit einem
Ernste zu lösen versucht, wie bei keinem ande-
ren Impressionisten.

An diese Säulen „der Schule" schliessen sich
Pissaro, Sisley und Guillaumin mit charakte-
ristischen Stücken an. Mehrere der leuchten-
den farbenschönen Aquarelle Signacs vermitteln
einen Eindruck von den Bestrebungen des Neo-
impressionismus.

Besonders eindringlich wirkt Cezanne mit
mehreren Landschaften und einem kleinen
Fruchtstücke. Da ist der „Jas de BoufFan" —
das einzige Bild, das auf eine offizielle Aus-
stellung zu bringen dem Meister gelang — ein
wahres Juwel von Farbenschönheit, doch nicht
sehr bezeichnend für die künstlerische Bedeu-
tung seines Schöpfers, der es sich ja zum Ziel
gemacht hatte: „faire de Fimpressionisme quelque chose
de solide et de durable comme l'art des musees". Dieses
Kunstwollen zeigt dagegen besonders eindringlich, das
Bild, „die Kastanien am Jas de BoufFan" des Herrn
Reinhart in Winterthur. Ganz klar ist der Raum ge-
gliedert. Man hat überall das Gefühl, die Abstände
messen zu können. Sicher wird man in die Tiefe ge-
leitet. Die Naturelemente sind restlos zu Bildelemente
geworden. Es ist ein wahrhaft klassisches Bild, wie ein
Leonardo oder ein später Rembrandt. Höchst bedeutend
und von ganz zauberhaften Schmelz der Farben, die
doch nie nur als Farbe wirken, einen hineingeleiten in
geheimnisvolle Konfigurationen materieller und atmo-
sphärischen Raumgebilde, ist die grosse Landschaft aus
der Sammlung Wolde, wenn sie auch an Konsequenz der
Bildgestaltung nicht die „Kastanien am Jas de BoufFan"
erreicht. In einer Reihe von Aquarellen bewundert
man, wie Cezanne dass Weiss des Papieres durch spär-
liche ganz zart aufgesetzte Farben zur Wirkung bringt.

Von van Gogh sieht man die „maison des fous",
dann eine Landschaft durch japanisch anmutende Linien
des niederströmenden Regens gesehen, ein Gauguin

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