Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

DOI Heft:
Heft 7
DOI Artikel:
Neue Bücher
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0447

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
empfohlen. Wer auch die äusserst gelehrten An-
merkungen zu den Tafeln nicht lesen kann, mag aus
ihnen immerhin die Beruhigung gewinnen, dass es sich
auf wissenschaftlich durchaus solidem Boden befindet.
Ausserdem bürgt für diese Forderung ja der Name des
Verfassers, der in verschiedenen in den „Römischen
Mitteilungen" publizierten Aufsätzen Spezialunter-
suchungen zur Porträtfrage gegeben hat.

Man kann aus der nur fünf Seiten langen allge-
meinen Einleitung ungeheuer viel lernen, kunsthistorisch
sowohl wie ästhetisch. Der geschichtliche Hergang bei
der Entstehung des Porträts ist wohl noch nie so gründ-
lich und zugleich so knapp, so leicht fassbar dargestellt
worden. Wie anfangs ein nationaler Typus, durch Aus-
lese im Bewusstsein entstanden, in der bildenden Kunst
eines jeden Volkes herrscht, wie dieser Typus lehrbar
und zugleich wandelbar und den allgemeinen kunstge-
schichtlichen Entwicklungen unterworfen ist, wie lang-
sam, relativ spät die anatomische Ähnlichkeit sich ins
Bildnis einschleicht, wie die psychische Ähnlichkeit hin-
zukommt und wodurch, wie der Naturalismus der
äusseren Form und des Ausdrucks beginnt; und wie
doch immer Typik und Naturalismus nebeneinander
bestehen; und wie bei diesen Fragen relativ äusserliche
Dinge mitspielen, das Standesporträt zum Beispiel und
die Idealisierung eines Standes; und wie das Subjekt des
Künstlers zu diesen Dingen steht — diese wichtigsten
Fragen sind mit einer ganz erstaunlichen Klarheit hand-
greiflich gemacht.

In der spezielleren Einleitung steht dann das solange
vermisste Kunstgeschichtliche zum ägyptischen und
zum griechisch-römischen Bildnis — endlich ein sicherer
Führer nach künstlerischen und kunsthistorischen Ge-
sichtspunkten. Wir brauchen nun nicht mehr im Vatikan,
auf dem Kapitol und im Thermenmuseum hilflos umher
zuirren sondern können uns zurecht finden.

Und das alles steht in einem Schulbuch mit lateini-
schem Obertitel. Da wird ein Wunsch laut. Denn
unsre Zeit hat doch das Bedürfnis nach der guten antiken
Kunst und die antike Kunst ist doch nicht nur für die
Gelehrten da und für solche die es werden wollen.
Wäre es nicht möglich, dass der Verfasser uns einmal
die Geschichte des antiken Porträts schriebe, eine Ge-
schichte, in der alle Epochen zu ihrem Rechte kämen,
das Ägypten des alten Reichs so gut wie die römische
Republik, die Blüte der Kaiserzeit so gut wie jene späte
Periode, die Delbrück einmal an andrer Stelle so treffend
die Periode des „psychischen Impressionismus" genannt
hat? Auch für die künstlerische Produktion unsrer Zeit,
wäre etwas davon zu erhoffen, denn, trotz aller gegen-
teiligen Versicherungen, das moderne Porträt liegt doch
im Argen; die sogenannt nebensächlichen Dinge, wie
das Soziale und Standesmässige löst ja heute oft ein guter
Photgraph besser als ein Künstler. Warum kann uns die
aus der richtig betrachteten Antike gewonnene Einsicht
da nicht weiter helfen? Die Andeutungen, die Delbrück
seinem Schulbuch voraufgeschickt hat, machen begierig
auf eine zusammenfassende Darstellung.

LISTE EINGEGANGENER BUCHER

Leonardo da Vinci. The florentine Years of
Leonardo and Verrocchio by Jens Thiis. Mit 277 Illu-
strationen. Herbert Jenkins Limited Publishers, Lon-
don.

Emmanuel Fougerat, Holbein. Librairie Felise
Olcan, Paris 1914.

Rosa Bonheur, ein Lebensbild von Th. Stanton.
Übersetzt von E. von Kraatz. Halle a. S. 1914, Verlag
von Edgar Thamm.

Albrecht Dürer, Kupferstiche, in getreuen
Nachbildungen mit einer Einleitung. Herausgegeben
von Jaro Springer. München, Holbein-Verlag, 1914.

Alessandro Magnasco, 1914. Im Verlag bei
Paul Cassirer, Berlin.

Heinrich Natter, Leben und Schaffen eines
Künstlers von seiner Witwe. 1914. Prometheus, Ver-
lagsgesellschaft m. b. H. Berlin.

Studien zur thüringisch-sächsischen Kunstgeschichte:
2. Heft, Arnold Hildebrand: Sächsische Renais-
sanceportale. Halle a. S. 1914. Gebauer-Schwetschke
Verlag m. b. H.

Hans W Singer: Das graphische Werk des
Maler-Radierers Paul Herrmann. 1914. Kunst-
verlag Oscar Rauthe, Berlin, Friedenau,

Eduard Fuchs und Alfred Kind: Die Weiber-
herrschaft in der Geschichte der Menschheit. Zwei
Bände. Mit vielen Abbildungen. Verlag Albert Langen,
München.

ZWÖLFTER JAHRGANG. SIEBENTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM l8. MÄRZ. AUSGABE AM 1. APRIL NEUNZEHNHUNDERTVIERZEHN
REDAKTION: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER IN BERLIN. GEDRUCKT IN DER OFFIZIN

VON W. DRUGULIN ZU LEIPZIG
 
Annotationen